The Hunter - Die komplette erste Staffel
auf, alles zu erzählen, was sie wüssten, damit an den derzeitigen Projekten rasch weiter gearbeitete werden könne. Medina schüttelte den Kopf. Was ist das bloß für eine Firma? Dadurch, dass sämtliche Angestellten im Flur standen, bewegte sich Medina durch das Großraumbüro wie eine Katze, ohne dass sie auffiel. Den Schreibtisch von Letizia Williams hatte sie schnell gefunden, da ein paar Karten auf ihm standen, die ihr viel Glück für die bevorstehende Geburt wünschten und einige Bücher über Schwangerschaften daneben lagen. Sie weckte den Rechner aus dem Ruhemodus und überlegte sich, wie das Kennwort lauten könnte. Auf der Schreibtischunterlage fand sie dann ein paar gekritzelte Namen, die sie wohl für ihr Kind aussuchen wollte. Einer wiederholte sich ständig: AGNETA. Versuchsweise tippte sie den Namen ein und hatte Glück. Das E-Mail-Passwort musste sie nicht eingeben, sie war mit dem Single Sign On des Authentifizierungsservers verbunden. Die meisten Informationen über Mitarbeiter und ihre Arbeitsweise bekommt man über das E-Mail-System, dachte Medina, und als sich das System geöffnet hatte, sah sie auch schon die Mail, die zuletzt geöffnet worden war. Darin wurde bestätigt, dass sie morgen schon ihren letzten Tag haben könnte, einen Bonus kriegte und ihr Arbeitsplatz nach einem Jahr wieder für sie da wäre.
Mit gerunzelter Stirn las Medina die E-Mail erneut. Es würde sie wundern, wenn das Unternehmen plötzlich so ein großes Verständnis für seine Mitarbeiter zeigte. Die weiteren E-Mails ergaben nichts Interessantes und so ging sie wieder zurück in den Besprechungsraum.
„Med! Da ist was faul. Ich habe mir die Binärcodes der E-Mail mal angesehen. Da ist eine Botschaft versteckt, die auf den Empfänger reagiert. Die integrierte Webcam scannt die Iris und kann dadurch ein Signal an den Code weiter geben, der die Botschaft aktiviert.“
„What?“ Medina blieb stehen und hob verständnislos die Hände.
„Binärcodes sind die Grundlage für die Verarbeitung von digitalen Informationen. Es gibt nur eine Informationseinheit, nämlich 0, entspricht unlogisch und 1, entspricht logisch. Durch diese Verknüpfung oder technische Verschaltung mehrerer jener Werte lassen sich komplexere, höherwertige Informationen abbilden. Das alles wird dann über den jeweiligen Code festgelegt.“
„L-E-C-K M-I-C-H A-M A-R-S-C-H”, buchstabierte Medina und lachte. „Ross, das interessiert mich einen Scheiß. Was genau willst du mir damit sagen?“
„Es wäre doch sehr freundlich, wenn du diese Fäkalsprache sein lassen könntest, Schwesterherz.“ Medina hob die Augenbraue und schlug um sich. „Ist bei dir Einstein oder so was?“
„Also schön! Diese E-Mail wurde in HTML und Java programmiert. Dahinter stehen simple Binärcodes, die nicht mehr nachzuvollziehen sind, da sich eine E-Mail beim Verlassen des Mailservers in das Standardformat anpasst. In diesem Falle arbeitet die Firma mit einer Software von IBM, die sich Lotus Notes nennt. Die E-Mails werden in ein NSG-Format gewandelt und damit verschwindet der komplette Programmiercode, da die E-Mail in die Datenbank gespeichert und dann zum Empfänger geschickt wird. Du musst dir das so vorstellen, wie wenn jemand einen Brief mit unsichtbarer Tinte schreiben würde und die Post würde diesen Brief im Original abheften und eine Kopie an den Empfänger schicken. Das Geschriebene mit der unsichtbaren Tinte ist für immer im Archiv der Post. Kapiert?“
Medina folgte den Ausführungen verwirrt. „Ja schön, dass ich jetzt auch einen Einblick in dein Wissen bekomme, Ross. Aber das interessiert mich im Moment Null. WAS IST HIER PASSIERT UND WER IST DARAN SCHULD?“
„Schon gut, schon gut. Ich baue ja nur für den kommenden Fragen vor. Der Sender ist tatsächlich Mr. Glasfish und stell dir vor. Ich habe die E-Mails des anderen Selbstmords bereits geprüft. Er hat auch eine erhalten. Kurz bevor er vom Dach gesprungen ist. Der Teufel ist erfinderisch und schreibt neuerdings E-Mails. Interessant oder?“
Wieder rollte Medina die Augen, eilte zum Besprechungsraum und platzte mitten in die Befragung. Detective Wilson drehte sich zu ihr um, da er mit dem Rücken zu ihr saß.
„Miss Thompson, an eine Tür kann man anklopfen, bevor man einfach so reinplatzt.“ Sie beugte sich zu ihm und flüsterte kaum hörbar in sein linkes Ohr. „Es ist Mr. Glasfish. Der Boss von dem Laden hier. Ich brauche dazu Alex und Sie bleiben hier. Das ist kein normaler
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