The Hunter - Die komplette erste Staffel
wollte sich ihr in den Weg stellen. Doch Letizia schob sie hart beiseite, öffnete die Toilettentür und betrat den weißgekachelten Raum. Mit unsicheren Schritten trat sie an die Waschbecken, suchte sich eines aus und verband den Stecker des Bleistiftanspitzers mit der Steckdose. Mit einem mitgebrachten Bleistift prüfte sie, ob das Gerät funktionstüchtig war und ließ Wasser in das Becken einlaufen. Dabei murmelte sie weiterhin unverständliche Worte vor sich hin.
Marcy hatte sie von der Tür aus beobachtet und legte die Stirn in Falten. Dann drehte sie sich zum Großraumbüro um und schrie panisch. „Leute! Schnell. Mit Letti stimmt irgendwas nicht.“ Durch den ängstlichen Ton aufgeschreckt, kamen einige Kolleginnen zur Badezimmertür und beobachteten Letizias Tun. Der dicke Bauch war an den Waschbeckenrand gepresst und sie starrte mit kaltem Blick in den Spiegel. So als wäre sie eine Schlafwandlerin, die genau wüsste, was sie tat, aber es nicht bewusst mitbekam.
Eine Kollegin lief auf sie zu und berührte sie an der Schulter, sprach mit ruhigen Worten auf sie ein. Aber Letizia schüttelte sie ab, machte eine halbe Drehung und legte die Hand auf deren Brust. Wie von Geisterhand flog die Kollegin durch eine Toilettentür gegen die Porzellanschüssel. Benommen blieb sie dort liegen. Die Umstehenden schrien kurz auf und richteten ihre Augen erstarrt auf die Person, die nun verrenkt auf den Fliesen lag.
Das Geräusch ging zunächst in der Aufregung unter. Es hörte sich an, wie wenn jemand Bananen mit einem Stabmixer bearbeitet. Immer und immer wieder surrte es, schien zu verstopfen, dann klackte es kurz und surrte wieder.
Letizia steckte einen Finger nach dem anderen in den elektronischen Bleistiftanspitzer. Wenn die kleine Öffnung verstopft war, drehte sie das Gerät um, klopfte die Fleischfetzen auf dem Waschbeckenrand aus, stellte es wieder hin und fing mit dem nächsten Finger an. Schmerzen schien sie dabei nicht zu spüren. Ihr Gesichtsausdruck war konzentriert, so als würde sie mehrere Bleistifte anspitzen. Mittlerweile war der Spiegel voller Blutspritzer und Fleischfetzen, die durch den Motor nach oben geflogen waren. Die linke Hand war nur noch ein einziger Klumpen, der kraftlos an ihrer Hüfte herunter hing. Marcy rannte auf sie zu und wollte ihr das Gerät aus der Hand reißen. Doch Letizia schien ihr Kommen zu spüren und rammte es ihr mit voller Wucht gegen die Stirn. Marcy fiel sofort um. Blut sickerte aus der Platzwunde. Alle schrien hysterisch durcheinander und plötzlich drehte sich Letizia zu ihnen, warf den Spitzer in das volle Waschbecken, während sie ihren letzten Finger im Gerät stecken hatte. Strom durchflutete den Körper, der zuckend reagierte. Ihre verstümmelten Hände krallten sich in das Gerät und den Waschbeckenrand, die Augen waren weit aufgerissen und kleine Äderchen in ihnen fingen an zu platzen. Nach weniger als einer Minute qualmte das Gerät und schaltete sich aus. Letizia fiel augenblicklich um, die Hände verkrampft und schwarz durch die Verbrennung. Es herrschte Totenstille.
11.
Medina holte die Plastikschalen und Pappbecher aus der Tüte, nahm sich eine Cola aus dem Kühlschrank und setzte sich damit auf die Couch. Sie platzierte die Schälchen neben sich, stellte das größte auf ihren Bauch und begann zu essen und zu dippen, denn weil Alex nicht da war, hatte sie genug Frühlingsröllchen. Und die werde ich auch alle aufessen, dachte sie.
Beim Essen grübelte sie über ihre beiden Männer nach. Da war auf der einen Seite Alex, der sie ängstigte. Nicht, weil er seit einigen Tagen das Gift der Vampire in sich trug, sondern weil sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Nicht nur sexuell gesehen, da war sie nur auf seine Vampirseite scharf, denn er sah verdammt gut aus, seit seiner Verwandlung. Nein, viel schlimmer war, dass sie sich zu seinem kompletten Wesen hingezogen fühlte. Für sie fühlte sich das erschreckender an als die sexuelle Erregung, die sie spürte, wenn sie mit Matt zusammen war. Ihn wollte sie einfach nur vögeln, um Abstand von ihren Gefühlen zu Alex zu bekommen.
Medina hatte Angst. Angst vor den Gefühlen, die sie übermannten, wenn sie Alex ansah und er mal wieder einen auf Weichei machte. Er wirkte dann wie ein schutzloser Welpe, aus dem sie sich auch nie etwas gemacht hatte. Sie spürte, dass etwas in ihr bröckelte und davor hatte sie panische Angst, denn nichts ist für ewig.
Mit einem großen Schluck Cola spülte sie den Reis runter
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