The Hunter - Die komplette erste Staffel
war pechschwarz und die Augen funkelten im schönsten und tiefsten Blau, das er je gesehen hatte. Ihre Haut schimmerte wie Porzellan. Fast hatte er das Bedürfnis, sie zu streicheln. Sie schaute ihn unentwegt an, er konnte nicht deuten, welche Gefühle in ihm hochkamen. Rasch löste er den Blick von ihr und suchte sich eine andere Person, über deren Kopf er hinwegsehen konnte.
„Ich war ein kleiner Junge und feierte meinen zehnten Geburtstag mit meinen Freunden bei uns im Garten. Meine Eltern haben sich viel Mühe gegeben an dem Tag. Es war ein heißer Sommertag im August und die Party fand fast ausschließlich in dem Pool im Garten statt. Direkt an unserem Pool stand ein alter Baum, von dem sich meine Eltern einfach nicht trennen konnten, und als Dad uns rief, dass die Burger fertig seien, stürmten wir alle raus und trockneten uns unter dem Baum ab, da meine Mom die Handtücher darunter gelegt hatte. Plötzlich fielen tausende von Spinnen aus ihnen und von den Ästen auf unsere Köpfe. Anscheinend gab es dort ein Nest und einer meiner Freunde ist wohl dagegen gestoßen. Wir waren mit Spinnen übersät, die durch uns durch die Haaren krabbelten, im Gesicht und auf den Armen zappelten. Wir sprangen natürlich alle kreischend wieder ins Wasser, um die Viecher schnell loszuwerden. Niemandem ist etwas passiert. Aber in jedem von uns steckt seither diese Angst.“ Rogers Stimme kippte. Er atmete tief durch, flüsterte noch ein „Danke“, und setzte sich.
„Vielen Dank, Roger. Und herzlich willkommen bei uns. Wir beschäftigen uns mit vielen Ängsten in unserer Gruppe und…“
Roger hörte nicht zu. Krampfhaft versuchte er, das starke Herzklopfen wieder in den Griff zu bekommen und sah wieder in diese hypnotisch wirkenden Augen von Schneewittchen, wie er sie insgeheim nannte. Ihr Blick ruhte weiterhin auf ihm und nun kräuselten sich ihre Lippen zu einem mitreißenden Lächeln. Die Teilnehmer saßen in einem Kreis und sie zwei Stühle entfernt von ihm. Schließlich beugte sie sich vor – ihre schwarzen Haare wehten ihr dabei ins Gesicht – und nahm seine Hand in ihre.
„Leony Waters. Ich habe auch Angst vor Spinnen“, stellte sie sich vor. Dabei blickte sie ihm tief in die Augen und ihre Wärme kroch seinen Arm empor. Abrupt ließ sie wieder los und lauschte den Worten des Seminarleiters.
Verwirrt drückte Roger mit dem Daumen gegen den Zeigefinger, da seine Hand sich leicht betäubt anfühlte. Doch er vergaß den Vorfall schnell, da sich nun andere Teilnehmer meldeten und er interessiert lauschte. Als das Seminar beendet war, huschte Schneewittchen rasch aus der Tür.
Froh über das Ende der ersten Sitzung verließ auch Roger im Laufschritt den Seminarraum und als er Shanoa auf einer Bank im Flur sitzen sah, lächelte er erleichtert. Die Anspannung war nun völlig von ihm gewichen. In einer Frauenzeitschrift blätternd bemerkte sie ihn erst nicht, bis er laut „buh!“ rief und sie zusammenzuckte. „Muss ja ein spannender Artikel gewesen sein“, neckte er sie und grinste. Shanoa faltete die Zeitung zusammen und gab ihm lachend einen Klaps damit auf die Brust.
„Na? Scheint gut gewesen zu sein“, sagte sie und hakte sich bei ihm unter.
„Ich war ganz schön aufgeregt“, gestand er ein und steuerte auf den Ausgang zu, als er in den Augenwinkeln etwas wahrnahm. Als er schnell den Kopf drehte, erhaschte er nur noch einen kurzen Blick auf die schwarzen, langen Haare von Schneewittchen. Fast im selben Moment spürte er einen Stich in seiner Handfläche. „Was ist?“, fragte Shanoa, denn sie schien seine plötzliche Anspannung zu spüren. „Nichts.“ Mit einem schiefen Lächeln blickte er sie an.
***
Müde von der Liebe streichelte Roger Shanoas nackte Schultern. Wir passen perfekt zusammen , ging es ihm durch den Kopf, und verträumt betrachtete er ihre geschlossenen Lider, die Nase, den Mund. Liebevoll legte er die Decke über ihre Brüste und ging ins Bad, das über eine Verbindungstür mit dem Schlafzimmer erreichbar war. Leise schloss er die Tür hinter sich und betrachtete sich im Spiegel. Er sah glücklich aus, die Wangen leicht gerötet, seine Augen glänzten. Erst nahm er das leise Rascheln in der Duschkabine nicht wahr, doch es wurde immer lauter und hörte sich an, als ob irgendjemand Popcorn in der Wanne platzen ließe. Alles in ihm verkrampfte sich, sein Herz pochte schneller und die aufkeimende Panik schnürte ihm den Hals ab. Ich will mich nicht umdrehen – ich will mich nicht
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