The Immortals 6: Rivalin des Schicksals (German Edition)
Jack zurück. Er nahm die Kappe ab und rieb sich die Augen. »Die Hauptsitze des Ältestenrats sind nicht mehr besetzt. Ich konnte aber einen menschlichen Conduit aufspüren, der einem alten Freund von mir gedient hat. Er sagt, der Rat sei letzten Monat angegriffen worden und die Vampire würden sich darauf vorbereiten, die Stadt zu verlassen. Überall schlechte Nachrichten.«
Einen Moment lang sah er verzweifelt aus. Die Neuigkeit, dass sich eine weitere Gemeinschaft in den Untergrund zurückziehen wollte, traf ihn hart.
»Jedenfalls habe ich ihn gefragt, ob ihm der Name Katharina von Siena etwas sagt. Es war reine Spekulation, aber manchmal überdauern Legenden eine lange Zeit.«
»Also hast du sie endlich gefunden?«, fragte Skyler hoffnungsvoll.
»Vielleicht. Er hat mir einen Namen genannt: Zani, eine heilige Frau mit riesiger Anhängerschaft. Wir treffen uns in einer Stunde mit einem Fremdenführer, der uns zu ihrem Tempel bringen kann.« Er sah Skyler in die Augen. »Da ist noch etwas.«
»Was?« Skylers Alarmglocken läuteten.
»Ich glaube, meine Schwester ist hier. Ich kann sie fühlen … Sie sucht etwas.«
Skyler eilte zu ihm. »Dann werden wir gehen.«
»Nein«, erwiderte Jack. »Irgendwie spüre ich, dass sie nicht wegen mir in Kairo ist.«
»Wir können nicht riskieren, dass …«
»Doch, das können wir«, unterbrach er sie sanft. »Ich habe keine Angst vor Mimi oder vor ihrem Zorn. Wir werden die heilige Frau treffen und du wirst deine Torhüterin finden.«
Sie machten sich zu Fuß auf den Weg durch das Menschengedränge und Verkehrschaos. Autos, Busse, Esel-und Pferdekarren verstopften die Straßen, während sich Fahrräder und Motorroller durch die wenigen freien Lücken schlängelten. Genau wie auf der Wüstenstraße drängte und schob sich jeder durch das Gewühl.
Skyler entdeckte einen Mann, der mitten auf der Fahrbahn einen Reifen wechselte. Der Typ dachte gar nicht daran, sein Auto an die Seite zu fahren, und so mussten ihm alle ausweichen.
Skyler und Jack benutzten ihre Vampirgeschwindigkeit, bewegten sich rasch durch den Verkehr und erreichten pünktlich den Khan-el-Kalili-Markt.
Der Markt war ein riesiges Labyrinth und während des Mittelalters einmal das Handelszentrum von Kairo gewesen. Heute boten die Läden im Zentrum vor allem Kitsch für Touristen an: Skarabäen, Pyramiden aus Glas, Teegeschirr mit der aufgedruckten Königin Nofretete und goldene oder silberne Zierrahmen, in die man seinen Namen in Hieroglyphenschrift schreiben lassen konnte.
Während die Geschäfte früher zu verschiedenen Bezirken gehörten, waren sie nun bunt durcheinandergewürfelt, sodass man den Teppichhändler neben einem Computershop finden konnte. Nur die Goldschmiede, die Kupferschmiede und die Gewürzhändler befanden sich noch an ihren historischen Plätzen.
Skyler nahm die Beine in die Hand, um mit Jack mithalten zu können, und ignorierte die Händler, die ihr fortwährend Waren vor die Nase hielten und sie überreden wollten, in ihre Läden zu kommen. Sie durfte Jack nicht aus den Augen verlieren. Er war davon überzeugt, dass Mimi nicht seinetwegen in Kairo war, doch Skyler war sich da nicht so sicher. Sie glaubte auch nicht daran, dass Mimi sie jemals in Ruhe lassen würde. Bei all den Menschen war es schwer zusammenzubleiben. Oft wurden Jack und Skyler von den aufdringlichen Ladenbesitzern getrennt, die sich zwischen sie drängten und irgendein »echtes« Schmuckstück anpriesen.
»Sehr hübsch, sehr hübscher Ring, ja? Mit einem echten Jadestein. Und hundertprozentig hergestellt in Ägypten!«
»Nein danke«, erwiderte Skyler. Sie versuchte, Jacks Hand festzuhalten, und spürte, wie sich seine Finger lösten, als sich ein weiterer Ladenbesitzer zwischen sie schob.
»Miss, Miss, Miss! Sieh her … eine Alabastervase aus den alten Gräbern. Sehr selten, sehr selten!«, rief ein anderer Händler und hielt eine Vase in die Höhe, eine billige Nachbildung, die wahrscheinlich aus China kam.
Doch wo war Jack? Skyler sah sich nach allen Seiten um und unterdrückte die aufsteigende Panik.
»Ein ägyptisches Kreuz? Schützt vor dem bösen Blick, Miss. Komm anschauen. Komm rein, hier ist noch mehr für dich. Sehr schön.«
Mit einem »Nein, nein, tut mir leid« wimmelte sie den Mann ab und zwängte sich an einer Gruppe russischer Touristen vorbei, die angehalten hatten, um die Kopie von Tutanchamuns goldenem Sarg zu bestaunen.
Jack? , sandte sie in Gedanken.
Ich bin hier. Hab keine Angst.
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