The Lost
Problem.«
»Nein, danke. Ich bin Polizist, Ray, schon vergessen? Ich verdiene mein Geld damit, Informationen zu sammeln. Ich suche Dinge und Menschen. Manchmal dauert es eine Weile, denn ich arbeite sehr langsam. Aber irgendwann finde ich alles heraus. Noch einen schönen Tag, Ray.«
Sally war im allerletzten Zimmer. Ed Anderson hatte ihm gesagt, dass sie bildhübsch sei, und er hatte nicht übertrieben. Sie erinnerte Schilling an ein Reh, das man auf einer Lichtung überrascht. Alles an ihr wirkte weich und feminin und sanft, doch darunter spürte man das Pulsieren roher natürlicher Kraft. Man wusste instinktiv, dass sie kein Gramm Fett am Körper hatte.
»Sally Richmond?«
Er zeigte ihr seine Marke. Sie legte zwei Rollen Toilettenpapier und mehrere Seifenstückchen aus der Hand und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Ja?«
»Ich bin Detective Charlie Schilling. Ein Freund von Ed.«
Er bemerkte, wie sie errötete. Und wie sie sich schnell wieder unter Kontrolle brachte.
»Er hat mir schon öfter von ihnen erzählt. Mein Gott! Sie sind doch nicht seinetwegen hier, oder?«
Die Sorge in ihrer Stimme klang absolut aufrichtig. Sie war ihm auf Anhieb sympathisch.
»Nein, Ed geht’s gut. Aber er macht sich Ihretwegen große Sorgen.«
Im ersten Moment wirkte sie verwirrt, aber sie begriff schnell.
»Sie sprechen von meinem Job. Von Ray.«
»Genau, von Ray. Hat er Sie schon angebaggert?«
Sie lachte und nickte. »Ja, gestern. Gleich am ersten Tag. Kaum zu glauben, was?«
»Wenn es um Ray Pye geht, glaube ich praktisch alles. Was genau hat Ed Ihnen über ihn erzählt?«
»Dass er bei diesem Mord vor einigen Jahren ein Verdächtiger war. Ihr Hauptverdächtiger.«
»Zwei Korrekturen, Sally. Erstens, es war nicht ein Mord, sondern zwei. Elise Hanlon ist vor wenigen Tagen gestorben. Zweitens war Ray nicht unser Hauptverdächtiger, sondern der einzige Verdächtige. Wir beide hielten ihn von Anfang an für schuldig. Beim Verhör war der Blick des Jungen so leer wie der blaue Sommerhimmel. Und gerade habe ich gesehen, dass er diesen Blick immer noch draufhat. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass er unser Mann ist, Sally. Und Ed denkt das Gleiche. Wir konnten es nur nicht beweisen. Und jetzt erzählen Sie mir, er hätte Sie angebaggert, und da frage ich mich natürlich, ob er damals nicht auch eine der jungen Frauen angegraben hat und abgewiesen wurde, und ob das der Grund war, warum die beiden heute tot sind. Verstehen Sie, worauf ich hinauswill?«
Sie verstand. Ihm war klar, dass er ihr ganz schön Angst eingejagt hatte.
Aber darum ging es ja.
»Ich brauche diesen Job, Mr. Schilling.«
»Nein, tun Sie nicht. Es gibt andere Jobs. Wie wär’s, wenn ich Ihnen eine andere Arbeit besorge?«
»Eine, bei der man genauso viel verdient? Ich verstehe, was Sie mir sagen wollen, ich bin ja nicht blöd. Wahrscheinlich würde ich die Stelle auch sofort annehmen.«
»Gut. Und bis ich etwas für Sie gefunden habe, denken Sie daran: Wer auch immer Lisa Steiner ermordet hat, er hat ihr in die Schulter, in den Mund und aus kürzester Entfernung ins Auge geschossen. Elise Hanlon erlitt einen Kopfschuss, und eine Kugel durchbohrte sie unterhalb der Brust. Kaltblütiger kann man nicht sein, Sally. Und nach allem, was ich weiß, waren das zwei nette junge Frauen. Keine bösen Menschen. Es gab keinen Grund für diese Tat. Irgendjemand hatte einfach Lust dazu. Ich will Ihnen wirklich keine Angst einjagen, aber halten Sie sich, so gut es geht, von Ray fern, bis wir Sie hier rausgeholt haben.«
»Okay. Danke, Mr. Schilling.«
»Detective Schilling. Aber für Sie bin ich natürlich Charlie.«
Er zog das Foto aus der Tasche und zeigte es ihr.
»Haben Sie diesen Mann mal hier in der Gegend gesehen?«
»Nein, tut mir leid.«
»Hätte mich auch gewundert.«
»Aber er sieht ein bisschen aus wie Ray.«
Er grinste und steckte das Foto ein.
»Ja«, sagte er, »stimmt.«
Danach befragte er das andere Zimmermädchen, Ginny. Nur um den Anschein zu wahren, für den Fall, dass Ray ihn beobachtete, und um den Umstand zu verschleiern, dass Sally der wahre Grund für seinen Besuch war. Und nicht zuletzt, um Ray zu verunsichern.
Obwohl er ihn am liebsten plattgemacht hätte.
Als er fertig war, ging er zum Auto, schob das Foto in die Akte und fuhr zum Büro zurück. Er fragte sich wirklich, wie es Billy Shade im Gefängnis wohl erging. Denn was immer er dort durchmachte, einem Drecksack wie Pye würde es dort nicht
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