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The Lost

Titel: The Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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Brieftasche heraus und gab ihr einen Zwanziger. Sie steckte den Schein ein.
    Dann öffnete sie die Tür und schaute über die Schulter zu Ray zurück. Er war zum Kühlschrank gegangen und nahm ein weiteres Bier heraus. Wenn sie nachher zurückkam, war er vielleicht vor dem Fernseher eingeschlafen. Und Alkohol und Dope hätten ihn vielleicht ein bisschen besänftigt.
    Andererseits musst du auch gar nicht mehr zurückkommen, dachte sie.
    Klar. Sicher.
    Du brauchst ihn, und er braucht dich.
    Außerdem war da noch diese andere Sache. Damals nachts im Wald.
    Sie konnte ihn nicht verlassen, selbst wenn sie es gewollt hätte. Er musste sie verlassen.
    Schuld an allem war nur dieses neue Mädchen. Wäre diese Sally Richmond – genau, so hieß sie –, wäre sie mit ihm ein-, zweimal ausgegangen, wäre das hier alles nicht passiert. Dann wären sie heute Abend ins Kino gegangen und hätten ihren Spaß gehabt. Sie konnte es verschmerzen, ihn mit anderen Mädchen zu teilen. Genau betrachtet, machte sie nicht allzu viel her, und sie hatte ihn schon immer mit anderen Mädchen geteilt, aber es war etwas ganz anderes, wenn er diese Gefühlsausbrüche hatte. Das war unerträglich. Es schien in letzter Zeit häufiger vorzukommen. Sie könnte wetten, dass diese Sally bald aufs College ging, dass die Stelle im Motel nur eine Zwischenstation für sie war, ein Ferienjob. Während sie selbst hier feststeckten, sie und Ray.
    Ihre Schwester war ihr dabei keine Hilfe. Sie war mit einem jungen Typen verheiratet und würde wahrscheinlich demnächst sterben. Jennifer hatte keinen Bock auf sie. Die Griffiths, ihre Pflegeeltern, waren zwar nett, aber auch keine echte Stütze.
    Sie beide hatten nur einander, sie und Ray.
    Irgendwie würde sie es schon schaffen, sich mit ihm zu arrangieren.
    Keine Kratzer, dachte sie. Keinen Unfall bauen. Du musst höllisch aufpassen.

    Er legte sich auf das Wasserbett. Die Platte war zu Ende, aber jetzt, wo Jennifer fort war, hatte er gegen die Stille nichts einzuwenden. Er dachte an Sally, an ihr kurzes Gespräch am Treppenabsatz im ersten Stock.
    Er hatte bis vier Uhr gewartet, bevor er den ersten Schritt machte. Sie sollte erst mal Zeit haben, sich einzufinden, an die neue Umgebung zu gewöhnen. Er stieg die Stufen zu Zimmer 208 hinauf, wo sie gerade die Bettwäsche wechselte, und wartete draußen neben dem Wäschewagen. Als sie herauskam, hatte er sie angelächelt. Mit einem großen breiten Grinsen.
    »Hey, Sally, wie läuft’s?«
    »Ganz gut.«
    Genau genommen sah sie ein bisschen abgekämpft aus. Am ersten Arbeitstag muteten sich die Zimmermädchen immer ein bisschen zu viel zu. Taten sie das nicht, dann wusste man, dass sie nicht lange durchhalten würden und der Job nichts für sie war. Seine Mutter verlangte von den Mädchen vollen Einsatz.
    »Nicht gerade interessant, der Job, oder?«
    »Die interessanten Jobs waren alle schon vergeben.«
    Sie schloss die Tür, schob den Wäschewagen zu 209 hinüber und sperrte das Zimmer auf. Er folgte ihr mit zwei Schritten Abstand.
    »Du hast völlig Recht. Stellvertretender Geschäftsführer zu sein ist auch nicht gerade aufregend. Aber man kann davon leben. Und ab und zu kann man um die Häuser ziehen. Gehst du aufs College?«
    Sie nickte. »Ab Herbst.«
    »Ich wette, in New York.«
    »In Boston.«
    »Echt? Tolle Stadt.«
    »Oh, du kennst Boston?«
    »Nee. Hat man mir nur erzählt. Mein Vater war dort stationiert, als er bei der Marine war. Er meinte, es wäre ziemlich cool. Kumpels von mir sagen das Gleiche.«
    Es lief nicht besonders gut. Sie interessierte sich nicht für ihn, hatte bisher kein einziges Mal gelächelt. Das ärgerte ihn, egal ob sie überarbeitet war oder nicht. Er wartete im Gang, während sie das Zimmer betrat, die Bettwäsche abzog, die benutzten Handtücher einsammelte und die Sachen dann draußen in den Wagen legte.
    »Ich möchte ein bisschen Geld zusammensparen für die erste Zeit in Boston. Später will ich auf die New York University.«
    »Mhm.«
    »Oder auf die Kunstfakultät der Columbia.«
    »Was genau willst du denn studieren?«
    »Fotografie. Zumindest fürs Erste.«
    »Wirklich? Du bist Fotografin? Ist ja toll.«
    Sie brachte die frische Wäsche ins Zimmer, legte sie auf den Stuhl und begann, das Bett zu beziehen. Er blieb in der Tür stehen. Er wollte nicht hineingehen, nicht zu viel Interesse zeigen.
    »Hey, vielleicht kannst du mich ja irgendwann mal fotografieren. Ich hab eine kleine Band, für die wir ein paar Fotos gebrauchen

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