The New Dead: Die Zombie-Anthologie
einfach nicht.
Der Strahl seiner Taucherlampe war auf das Gesicht des Toten gerichtet, und er sah dem Ertrunkenen unverwandt in die Augen.
Sie bewegten sich.
Spastisch zuckten sie von einer Seite zur anderen und hatten einen kalten, glasigen Ausdruck. Jäh richteten sie sich plötzlich auf Wes’ Hinterkopf.
„Pass auf!“, brüllte Jeff, doch es war nur ein Schwall Luftblasen, der aus seinem Atemgerät drang. Als sich die Hände der Leiche nach Wes ausstreckten und ihn von hinten am Hals packten, bohrten sichdie gekrümmten Finger wie die Klauen eines Greifvogels in Wes’ Taucheranzug. Ein, zwei Sekunden lang hielt das Material ihnen stand, dann drangen sie mühelos hindurch.
Wes reagierte sofort, doch Jeff wusste, dass es bereits zu spät war. Die gelblichen Fingernägel fuhren über Wes’ Rücken und zerfetzten den Trockenanzug, bis er in schwarzen Streifen herabhing. Hellrotes Blut quoll wie eine Wolke hervor. Wes schlug wild um sich und drehte sich herum in dem Versuch, den Angriff abzuwehren. Seine rechte Hand fuhr an die Rückseite seines Halses, als wollte er herausfinden, wie schwer er verletzt war, mit der anderen fuchtelte er vor seinem Gesicht herum, um sich seinen Angreifer vom Leib zu halten.
Doch er konnte sich nicht vor den Händen des Toten schützen. Die gelb verfärbten Fingernägel fuhren durch sein Gesicht, rissen ihm die Maske und das Atemgerät herunter. Millionen Luftblasen schossen aus Wes’ Mund, und Jeff konnte ganz schwach seine entsetzten Schreie hören. Ein erneuter Streich der Hände des Toten, und Wes’ Gesicht bestand nur noch aus zerfetztem rosa Fleisch und freigelegten Knochen. Blut quoll in dicken roten, sich windenden Fäden aus den Wunden und trieb in der Strömung langsam davon.
Endlich fasste Jeff Mut und schoss mit einem Satz vorwärts. Er achtete darauf, einen sicheren Abstand zu dem Toten einzuhalten, als er Wes um die Taille packte und zurückriss. Die Luftbläschen, der aufgewirbelte Sand und die Blutschwaden behinderten die Sicht, aber Jeff wusste, wo es nach oben ging. Da Wes keinen Sauerstoff mehr hatte, musste er ihn so schnell wie möglich an die Wasseroberfläche bringen.
Andernfalls würde er sterben.
Sie beide würden sterben.
Während er versuchte, seine Panik in den Griff zu bekommen, umfasste Jeff die Brust seines Tauchpartners und begann zu schwimmen. Er bemerkte es kaum, als etwas nach seinem linken Bein griff und es ein, zwei Sekunden lang festhielt. Als er sich losriss, verspürte er ein leichtes Brennen in der linken Wade, als wäre er voneiner Biene gestochen worden. Er beachtete den Schmerz nicht und schwamm in Richtung Wasseroberfläche.
Er musste sich sehr anstrengen, um nicht zu rasch aufzusteigen. Es hatte keinen Sinn, das Risiko einzugehen, dass er oder Wes die Taucherkrankheit bekamen. Jeff nahm sein Atemgerät aus dem Mund und zwängte es zwischen Wes’ Lippen, doch entweder war er bewusstlos oder bereits tot. Seine Lippen waren bleich wie Schnee und sein Blick trüb.
Der Aufstieg zur Wasseroberfläche schien ewig zu dauern, doch schließlich wurde es allmählich heller. Es dauerte nicht mehr lange, bis Jeff den blau schimmernden Himmel und das grell funkelnde Sonnenlicht erkennen konnte. Auch den dunklen Kiel des Bootes der Küstenwache konnte er sehen und schwamm darauf zu. Als er mit dem Kopf durch die Wasseroberfläche stieß, schrie er kurz, während er seine Lunge mit Luft füllte. Er musste schier übermenschliche Kräfte aufbieten, um zu der Seite des Bootes zu schwimmen, an der sich die Taucherplattform befand. Mehrere Mannschaftsmitglieder packten Wes und hievten ihn an Bord.
„Was zum Teufel ist passiert?“, brüllte der Kapitän, während Jeff sich aus dem Wasser stemmte und über das Dollbord auf das Deck kletterte. Einige Männer kümmerten sich um Wes, aber Jeff befürchtete das Schlimmste.
„Seid ihr beiden da unten etwa einem Hai in die Arme geschwommen?“, fragte eines der Besatzungsmitglieder.
„O mein Gott!“, sagte ein anderes Crewmitglied. „Er sieht aus, als wäre jemand mit einer Kettensäge auf ihn losgegangen.“
Auf dem Deck kniend drehten Jeff und die Männer Wes auf den Rücken. Blut strömte aus den Wunden an Hals und Gesicht und rann auf die Deckplanken.
Der Kapitän ging in die Kajüte zurück, ließ den Motor an und jagte das Schiff mit voller Kraft in Richtung Hafen. Jeff zitterte, als er in Wes’ bleiches, regungsloses Gesicht sah, und schüttelte den Kopf.
„Kein Grund zur
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