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The New Dead: Die Zombie-Anthologie

The New Dead: Die Zombie-Anthologie

Titel: The New Dead: Die Zombie-Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Brooks , Joe Hill , Tad Williams
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mehr runterkommen, bis es vorbei ist. Die Sturmtür ist geöffnet, haben sie gesagt.“ Der Fahrer drehte die Musik ein wenig leiser. „Hört sich irgendwie unheimlich an, nicht wahr? Klingt wie“ – er hob die Hand und krümmte die Finger zu Klauen wie in einem Monsterfilm – „ sie werden uns holen . Hu-huu! Das sind doch nur Wolken oder nicht? Das ist die Natur.“
    „Das? Ja klar, das ist die Natur“, bestätigte Nightingale. Er war mit seinen Gedanken längst wieder in dem kleinen Zimmer und bei diesem klaren, ruhigen, furchteinflößenden Blick. „Aber manchmal kann selbst die Natur unnatürlich sein.“
    „Hä? Ach ja. Stimmt wohl. Nicht schlecht.“ Am Tonfall des Fahrers erkannte Nightingale, dass der Chauffeur fürchtete, die Pointe nicht verstanden zu haben.
    „Da ist es, das große Haus da vorn.“
    Der Fahrer schaute aus dem Fenster. „Wow, das ist aber ’n unheimliches Haus, Mann. Und Sie sind sicher, dass Sie allein klarkommen? Das ist ’ne ziemlich raue Gegend hier.“
    „Ich komme klar, danke“, erwiderte Nightingale. „Ich bin hier schon mal gewesen. Das ist so etwas wie mein zweites Zuhause.“
    „Wenn Sie das sagen.“ Gerade als Nightingale die Tür zuschlug, rief der Fahrer noch: „He, denken Sie an die Sturmtür. Besorgen Sie sich lieber ’nen Regenschirm!“
    Nightingale hob die Hand, als das Taxi davonfuhr. Ein Regenschirm. Beinahe hätte er gelächelt, doch die Nässe in dieser Nacht nervte ihn zusehends. Wenn nur alle Probleme so leicht zu lösen wären.
    Als er auf den Knopf unter dem Briefkasten drückte, zuckte ein Blitz über ihm, sodass es fast so wirkte, als wäre das eine durch das andere ausgelöst worden. Einen Moment später donnerte es so nah, dass er den Türsummer nicht hörte, aber er spürte das Vibrieren des Türgriffs unter seiner Hand.
    Im Erdgeschoss brannte im Treppenhaus kein Licht, und im ersten Stock, den Onkel Edward „Ausstellungsraum“ nannte, obwohl ihn nur einige wenige alte Sammlerfreunde, denen man vertrauen konnte, je zu Gesicht bekamen, war auch keine einzige Lampe eingeschaltet. Doch von der Straße fiel so viel Licht herein, dass Nightingale die eigenartigen Umrisse der hochgeschätzten Besitztümer des alten Mannes erkennen konnte: Sexpuppen, Totenkultgegenstände und Figuren aus verschiedenen Grabanlagen – schweigende Gestalten, die mit großen Augen beobachteten, wie Nightingale die Treppe hochstieg. Es war eine herausragende Sammlung, doch wirklich erstaunlich waren die Geschichten, die mit den einzelnen Stücken zusammenhingen, düstere, nicht selten sogar furchteinflößende Geschichten. Genau genommen waren es die geheimnisvollen Erzählungen und bizarren Trophäen, die Nightingale veranlasst hatten, eine etwas seltsame berufliche Laufbahn einzuschlagen: In einem Alter, in dem die meisten Jungen davon träumten, Fußballspieler oder Feuerwehrmann zu werden, hatte der kleine Nate beschlossen, Geister zu jagen und gegen Dämonen zu kämpfen. Später, als andere ihre ersten feucht-fröhlichen Feste am College feierten, nahm Nightingale bereits an mysteriösen Zeremonien in den englischen Hochmooren und tief im thailändischen Dschungel oder den Bayous von Louisiana teil. Er hatte Sprachen vernommen, die für die menschliche Zunge nicht vorgesehen gewesen waren, hatte Menschen ohne Grund sterben sehen und andere leben, obwohl sie eigentlich längst hätten tot sein müssen. Aber im Laufe der Jahre war er immer wieder hierher zurückgekommen, um sich bei seinem Patenonkel Rat und Unterstützung zu holen, wenn ihm das Unnatürliche, das er sah, spürte und erfuhr, zu viel wurde. Jetzt war es mal wieder so weit. Streng genommen war es dieses Mal sogar besonders schlimm, denn er konnte sich nicht erinnern, den Beistand seines Patenonkels je dringender gebraucht zu haben.
    Seltsamerweise brannte auch im zweiten Stock des Hauses kein Licht.
    „Edward? Onkel Edward? Ich bin’s, Nathan. Bist du da?“ Hatte der alte Mann etwa vergessen, dass er heute kommen wollte, und war mit seinem Betreuer Jenkins irgendwohin gegangen? Gott bewahre … Hoffentlich war es kein medizinischer Notfall. Nightingale blieb stehen, um auf irgendwelche Geräusche zu lauschen. War das das leise Brummen des Beatmungsgeräts?
    Etwas rührte sich am anderen Ende des Raumes, und Nightingales Nackenhaare stellten sich auf. Seine Hand fuhr zur Innentasche seiner Jacke. Einen Augenblick später flammte die Schreibtischlampe auf und enthüllte das schmale, gefurchte

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