The Stand. Das letze Gefecht
wollte er eine Weile schlafen. Das machte nichts, oder? Kid würde wahrscheinlich die ganze Nacht wie ein Toter schlafen, vielleicht sogar den halben Vormittag. Zeit genug, daß er selbst ein Nickerchen machen konnte.
Also ging er ins Nebenzimmer (auf Zehenspitzen, obwohl Kid fast im Koma lag) und machte die Verbindungstür, so gut es ging, zu. Es ging nicht sehr gut. Die Wucht der Kugeln hatte sie irgendwie verzogen. Auf dem Nachttisch stand ein Wecker zum Aufziehen. Müll zog ihn auf, stellte ihn auf Mitternacht, weil er nicht wußte, wie spät es tatsächlich war (und es ihn auch nicht interessierte), und den Weckton auf fünf. Er legte sich auf eine Seite des Doppelbetts, ohne auch nur die Turnschuhe auszuziehen. Innerhalb von fünf Minuten war er eingeschlafen.
Irgendwann später wachte er im dunklen Grab des Morgens auf, und der Geruch von Bier und Kotze wehte ihm in kurzen, schalen Böen übers Gesicht. Etwas war bei ihm im Bett, etwas Heißes, Glattes und Wendiges. Sein erster panischer Gedanke war, daß ein Wiesel aus dem Traum von Nebraska in die Wirklichkeit herübergekommen war. Er gab ein leises, wimmerndes Stöhnen von sich, als ihm klar wurde, daß das Tier in seinem Bett zwar nicht groß war, aber zu groß für ein Wiesel. Er hatte Kopfschmerzen vom Bier; sie bohrten sich gnadenlos in seine Schläfen.
»Faß mich an«, flüsterte Kid im Dunkeln. Mülleimers Hand wurde gepackt und zu etwas Hartem, Zylinderförmigen geführt, das wie ein Kolben pulsierte. »Wichs mir einen. Los doch, wichs mir einen, du weißt, wie das geht, das war mir klar, als ich dich gesehen hab'. Los doch, Wichser, hol mir einen runter.«
Mülleimermann wußte, wie das ging. Es war in vieler Hinsicht eine Erleichterung. Er kannte es von den langen Nächten im Knast. Sie sagten, es sei schlimm, es sei schwul, aber was die Schwulen machten, war besser als das, was viele andere trieben, die die ganze Nacht damit verbrachten, Löffelspitzen zu Dolchen zu schleifen, oder einfach auf den Pritschen lagen, die Knöchel knacken ließen, einen ansahen und grinsten.
Kid hatte Mülleimers Hand auf die Art Knarre gelegt, mit der er umgehen konnte. Er schloß die Hand fest darum und fing an. Wenn es vorbei war, würde Kid wieder einschlafen. Dann würde sich Müll davonschleichen.
Kids Atem wurde keuchend. Er bewegte die Hüften im Rhythmus von Mülleimers Handbewegungen. Müll merkte zuerst gar nicht, daß Kid auch Mülls Gürtel aufmachte und Jeans und Unterhose zu den Knien runterschob. Müll ließ ihn gewähren. Es war unwichtig, ob ihm Kid einen reinschieben wollte. Müll hatte schon welche reingeschoben bekommen. Man starb nicht. Es war nicht giftig.
Dann erstarrte seine Hand. Etwas drückte plötzlich gegen seinen After, aber es war kein Fleisch. Es war kalter Stahl.
Und plötzlich wußte er, was es war.
»Nein«, flüsterte er. Seine Augen waren im Dunkeln weit aufgerissen und entsetzt. Jetzt konnte er das mörderische Puppengesicht im Spiegel sehen, es sah über seine Schulter, Haarsträhnen hingen ihm in die roten Augen.
»Doch«, flüsterte Kid zurück. »Und du solltest nicht einmal aus dem Rhythmus kommen, Mülli. Nicht ein einziges verdammtes Mal. Sonst könnte ich einfach abdrücken. Deine Scheißfabrik in die Hölle pusten. Dumdums, Mülli. Glaubste die Heißescheiße?«
Wimmernd fing Mülleimer wieder an, ihn zu streicheln. Aus seinem Wimmern wurden leise Schmerzenslaute, als sich der Lauf des 45ers in ihn bohrte, sich drehte, stieß und riß. Konnte es sein, dass ihm das Spaß machte? Ja.
Schließlich merkte auch Kid seine Erregung.
»Gefällt dir, was?« keuchte Kid. »Hab' ich's doch gewußt, Schleimbeutel. Magst es im Arsch, was? Sag ja, Schleimbeutel. Sag ja, oder du gehst zum Teufel.«
»Ja«, winselte der Mülleimermann.
»Soll ich's dir besorgen?«
Das wollte er nicht. Erregt oder nicht, das wollte er nicht. Aber er hatte Verstand genug, es nicht zu sagen. »Ja.«
»Ich würde deinen Pimmel nicht anrühren, wenn er aus Diamanten wäre. Mach's dir doch selber. Was meinst du, warum Gott dir zwei Hände gegeben hat?«
Wie lange dauerte es? Gott mochte es wissen; der Mülleimermann jedenfalls nicht. Eine Minute, eine Stunde, eine Ewigkeit -wo lag der Unterschied? Er kam zur Überzeugung, daß er, wenn Kid seinen Orgasmus hatte, zweierlei gleichzeitig spüren würde; den heißen Strahl des Samens dieses kleinen Ungeheuers auf dem Bauch und den explodierenden Schmerz des Dumdumgeschosses, das sich durch
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