The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Schatten des Schicksals: Band 5 (German Edition)
niemals verzeihen.«
» Ich denke nicht, dass ich Violet hassen würde, wenn sie mich verwandelte«, überlegte Cora laut. » Wenn ich ihre Gründe kennen würde, könnte ich versuchen, alles zu verstehen und ihr zu verzeihen. Zumindest wären wir dann zusammen.«
» So einfach ist das nicht«, erwiderte ich.
Dann schwiegen wir für eine ganze Weile. Durch die schmutzigen Ladenfenster konnte ich schwach das erste Licht des Tages erkennen. Der schlimmste Teil der Nacht lag hinter uns.
» Nichts von Wert ist jemals einfach«, setzte Cora unser Gespräch unvermittelt fort.
» Hmm?«, machte ich verblüfft.
» Nichts, das irgendetwas wert ist, ist jemals einfach. Deshalb ist es ja etwas wert. Das hat Violet in schweren Zeiten immer gesagt. Sie war diejenige, die unbedingt nach London wollte. Ich wäre wohl auch zufrieden gewesen, in Donegal zu bleiben…« Cora seufzte. » Violet hat unsere Eltern dazu überredet, uns ziehen zu lassen. Und unmittelbar bevor wir an Bord des Dampfers gegangen sind, hat mein Vater mir aufgetragen, auf sein kleines Mädchen aufzupassen.«
» Sie haben Ihr Bestes getan.«
Cora schüttelte den Kopf. » Das habe ich nicht! Ich war von Samuel verzaubert von der Sekunde an, als er ins Ten Bells kam. Er setzte sich an die Theke und sagte mir, ich sei schön. Ich habe keinen weiteren Gedanken daran verschwendet, was mit Violet geschehen würde, wenn ich mit ihm ging. Und dann… ich war so dumm!«, explodierte sie zornig. » Warum konnte ich mich ihm nicht widersetzen? Ich wusste ganz genau, dass ein Gentleman wie er kein Mädchen wie mich wollte, warum also konnte ich den Bann nicht ignorieren?«
Ich zog sie an mich und wiegte sie in den Armen. » Ohne Eisenkraut konnten Sie unmöglich gegen den Bann ankämpfen. Es war nicht Ihre Schuld«, besänftigte ich sie. Sie entspannte sich an meiner Brust. Ich bemerkte eine Falte zwischen ihren Augen, die vor ein paar Tagen noch nicht da gewesen war. Sie wirkte erschöpft, und ich wollte alles in meiner Macht Stehende tun, damit der Schmerz, die Kränkung und die Verwirrung von ihr abfielen. Aber ich konnte nichts tun.
» Dort draußen suchen unzählige Männer nach einem Mädchen, das genauso ist wie Sie. Sie sind etwas ganz Besonderes«, sagte ich und strich ihr das Haar aus der Stirn. Ich liebte sie nicht, zumindest nicht auf jene Weise, die ein menschliches Herz erwartungsvoll flattern lässt. Aber was ich für sie empfand, war tief und aufrichtig. Als seien wir im wahrsten Sinne des Wortes Seelengefährten, miteinander verbunden durch das Pflichtgefühl, das wir gegenüber unseren Verwandten verspürten, und durch die Bereitschaft, im Angesicht des Bösen alles zu riskieren. Sie war eine wahre Freundin. Und ich hoffte, dass sie erkennen konnte, wie sehr ich sie schätzte.
» Danke«, sagte sie und hob das Kinn. Ein Streifen frühmorgendlichen Lichtes fiel durch das trübe Fenster und erhellte ihr kantiges Gesicht. » Wie kann ich verzagen, wenn ich von einem Vampir bestärkt werde?«, fügte sie trocken hinzu.
Ich kicherte. Unsere Situation war alles andere als zum Lachen, doch da kam auch über Coras Lippen ein Kichern.
» Pst!«, rief ich aus und presste ihr die Hand auf den Mund.
» Ich kann nicht anders!«, stieß sie immer noch lachend hervor, bis ihr die Tränen kamen und über ihre Wangen rannen. Ich wusste, dass nicht der Scherz der Grund dafür war. Ich drückte sie fester an mich und sie ließ ihren Tränen freien Lauf. Die Welt war hart, aber hier und jetzt waren wir wenigstens nicht allein. Wir hatten einander.
Kapitel Vierzehn
Während ich Coras Herzschlag lauschte, schlief ich ein. Der gleichmäßige Rhythmus beruhigte mich und ließ mich hoffen, dass nicht alles verloren war.
Ich erwachte, als das fahle Tageslicht durch die schmutzig trüben Fenster fiel. Erschrocken blinzelte ich in meine Umgebung. Der Staub auf dem Holzboden zeigte deutliche Spuren von Rattenpfoten. Kakerlaken huschten über die Dielenbretter.
» Wachen Sie auf«, flüsterte ich und berührte Cora an der Schulter. Ihre Hände waren wie zum Gebet gefaltet.
Sie blinzelte mich an. Die Schatten unter ihren Augen waren so dunkel, als hätte sie sie mit Kohlestift gezeichnet. Ihr grauer Kittel war im Schlaf verrutscht und entblößte ihr zerbrechlich wirkendes Schlüsselbein. Ich holte sie nicht gern in diese schreckliche Realität zurück.
» Guten Morgen«, wisperte ich. » Wie haben Sie geschlafen?«
» Besser als erwartet, wenn man die Umstände
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