The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Schatten des Schicksals: Band 5 (German Edition)
harten Boden nieder. Schweigen war wahrscheinlich das Beste. Wann immer ich Menschen zu nah kam, geschah etwas Schreckliches. So war es mir mit Callie ergangen. So war es mir mit Violet ergangen. Und sogar mit dem kleinen Oliver. So konnte es nicht weitergehen. Und doch wünschte ich, ich könnte Cora trösten. Schließlich musste sie furchtbare Angst haben. Wahrscheinlich verdrängte sie all ihre Gefühle, die sie am Ende schließlich doch überwältigen würden. Ich wusste das nur allzu gut.
Ich schloss die Augen. Wenn Lexi hier wäre, hätte sie eine Tasse Ziegenbluttee empfohlen, damit ich mich besser fühlte. Wenn Lexi da wäre, wäre ich wohl gar nicht erst in diese Situation gekommen.
Hör auf damit, ermahnte ich mich. Selbstmitleid half mir nicht weiter. Ich musste schlafen. Aber wann immer ich in letzter Zeit die Augen schloss, kreisten meine Gedanken um die Wurzel all meiner Probleme. Um die Person, die mich zu dem gemacht hatte, was ich jetzt war. Wann immer ich die Augen schloss, damit sich das komplizierte Netz von Gedanken und Gefühlen entwirrte, tauchte das Bild ihres Porzellangesichts auf. Katherine. Ihre großen Rehaugen. Ihr Mund, der sich öffnete, um…
Kratz, kratz. Ich riss die Augen wieder auf. Eine Ratte scharrte neben mir und ihre Knopfaugen schienen in der Dunkelheit regelrecht zu glühen. Instinktiv streckte ich die Hand aus, brach ihr knackend das Genick und trank gierig ihr Blut.
Es schmeckte abscheulich, wie abgestandenes Wasser, aber es nährte mich immerhin. Egal welche Art von Blut– es würde seine berauschende Wirkung auf mich nie verlieren, es sprach einen ursprünglichen Kern in mir an, den ich erfolglos zu unterdrücken versucht hatte.
Erst als das Blut meine Kehle hinunterfloss, erinnerte ich mich wieder daran, wo ich war und dass Cora sich ganz in der Nähe befand. Ich nahm das tote Tier von meinen Lippen, richtete mich auf und blickte mich um. Coras Atmung ging ganz regelmäßig. Offenbar schlief sie. Erleichtert, dass sie meine Nahrungsaufnahme nicht mitbekommen hatte, legte ich mich wieder hin und versuchte, eine bequeme Position auf dem Boden zu finden.
Doch dann ertönte eine Stimme in der Dunkelheit.
» Ich hoffe, Sie haben Ihren Imbiss genossen.« Cora. Aber sie klang alles andere als verängstigt, vielmehr neugierig und zugleich besorgt.
Bittere Scham überkam mich und vermischte sich mit dem galligen Geschmack des Rattenbluts. Ich wollte ihr sagen, dass es mir leidtue, dass ich nicht gewollt hätte, dass sie das mit ansah. Aber Cora kam mir zuvor. » Schlafen Sie gut«, sagte sie einfach, als sei mein Imbiss nichts weiter als ein Glas warmer Milch gewesen.
Ich lauschte auf das Echo ihrer Stimme in dem leeren Tunnel. » Gute Nacht«, flüsterte ich schließlich zurück.
Aber sie antwortete nicht mehr.
Kapitel Drei
Im Laufe der Nacht hörte ich immer wieder das Scharren von Nagetieren und das endlose Tropfen von Wasser. London schien meilenweit entfernt zu sein, obwohl die Stadt in Wirklichkeit nur ein paar Meter über mir lag. Trotz dieser Geräusche versank ich irgendwann in einen tiefen, dunklen Schlaf…
…bis ich wieder diese vertraute Anspannung verspürte– irgendjemand beobachtete mich. Ich öffnete die Augen und blickte direkt in eine hellblaue Iris. Mit einem Schlag hellwach, registrierte ich, dass mich nur wenige Zentimeter von Cora trennten.
» Was tun Sie da?«, fragte ich grob und fuhr mir rasch mit der Zunge über die Zähne; erleichtert stellte ich fest, dass sie kurz und gerade waren. Als ich aufstand, knackten meine Gelenke scheußlich. Zwar war ich in den beiden vergangenen Jahrzehnten nicht gealtert, aber das Jahr auf dem Gut der Abbotts hatte mich verweichlicht– ich war es nicht mehr gewöhnt, auf hartem Boden zu schlafen.
» Es tut mir leid«, murmelte Cora mit starrer Miene, richtete sich auf und zog die Knie an die Brust, während sie ihren Rock um ihre Knöchel straffte. » Ich habe Angst bekommen.« Ihr rötliches Haar war verfilzt und sie hatte dunkle Ringe unter den Augen. Ihre Haut war blass, die Lippen rissig. Es war eigenartig, sie so verletzlich zu sehen, nachdem sie in der vergangenen Nacht unglaublich stark gewesen war. Ganz offensichtlich brauchte sie einen Freund. Und ehrlich gesagt, ging es mir genauso.
» Ist schon in Ordnung«, murmelte ich und schlug einen sanfteren Tonfall an. » Manchmal traue ich mir selbst einfach nicht.«
» Wenn Sie sich selbst nicht trauen können, wem denn dann?«, fragte Cora. »
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