The Vampire Journals - Verwandelt: Band 1 (German Edition)
applaudierte.
»Wer ist das denn?«, fragte Caitlin.
Gerade erreichte der Mann das Zentrum der Bühne und verbeugte sich lächelnd mehrere Male. Selbst von hier oben konnte Caitlin erkennen, dass er umwerfend attraktiv war.
»Sergei Rakow«, antwortete Jonah. »Er ist einer der besten Opernsänger der Welt.«
»Aber er sieht so jung aus.«
»Hier geht es nicht um Alter, sondern um Talent«, antwortete Jonah. »Aber es gibt Talent, und es gibt Talent. Und mit dieser Art von Talent muss man geboren sein – und man muss sehr viel üben. Nicht vier Stunden täglich, sondern acht Stunden. Jeden Tag. Das würde ich tun, wenn ich könnte, aber mein Dad lässt mich nicht.«
»Warum nicht?«
»Er will nicht, dass sich mein ganzes Leben nur um eine Bratsche dreht.«
Sie hörte die Enttäuschung in seiner Stimme.
Schließlich ebbte der Applaus ab.
»Heute Abend spielen sie Beethovens 9. Sinfonie«, erklärte Jonah. »Sie ist wohl sein berühmtestes Werk. Hast du sie schon mal gehört?«
Caitlin schüttelte den Kopf und kam sich sehr dumm vor. Sie hatte in der neunten Klasse klassische Musik durchgenommen, aber sie hatte im Unterricht kaum zugehört. Damals hatte sie dem Ganzen nichts abgewinnen können, und außerdem waren sie gerade erst wieder umgezogen, und ihre Gedanken waren ganz woanders. Doch jetzt wünschte sie, sie hätte besser aufgepasst.
»Um diese Sinfonie zu spielen, braucht man ein großes Orchester«, führte er weiter aus, »und einen großen Chor. Wahrscheinlich sind mehr Musiker und Sänger auf der Bühne erforderlich als für jedes andere Musikstück. Das ist alles sehr aufregend. Deshalb ist das Konzerthaus auch so voll.«
Sie ließ den Blick über den Saal schweifen. Dort waren Tausende von Menschen und kein einziger freier Sitzplatz.
»Dieses Werk ist die letzte vollendete Sinfonie Beethovens. Er wusste, dass er bald sterben würde, und setzte dieses Wissen in Musik um. Was man hört, ist der Klang des bevorstehenden Todes.« Er drehte sich zu ihr und lächelte entschuldigend. »Tut mir leid, es ist etwas morbid, ich weiß.«
»Nein, das ist schon in Ordnung«, erwiderte sie, und sie meinte es auch so. Sie liebte es einfach, ihm zuzuhören. Sie liebte den Klang seiner Stimme, und es gefiel ihr, wie viel er wusste. Ihre Freunde führten immer oberflächliche Unterhaltungen, aber sie wollte mehr. Sie schätzte sich glücklich, mit Jonah zusammen zu sein.
Es gab so viel, was sie ihm sagen wollte, so viele Fragen, die sie ihm stellen wollte – aber auf einmal wurden die Lichter gedimmt, und im Zuschauerraum wurde es ganz still. Sie würde warten müssen. Erst einmal lehnte sie sich zurück und machte es sich bequem.
Als sie den Blick senkte, entdeckte sie überrascht, dass Jonah seine Hand auf die Armlehne zwischen ihnen gelegt hatte – mit der Handfläche nach oben, als ob er ihre Hand einlud. Langsam, um nicht zu eifrig zu wirken, streckte sie ihre Hand aus und legte sie in seine. Sie war weich und warm. Ihre Hände schienen miteinander zu verschmelzen.
Als das Orchester zu spielen begann und die ersten Töne erklangen – sanft, ruhig und melodiös –, wurde sie von einem ihr bisher unbekannten Glücksgefühl erfasst. Ihr wurde plötzlich bewusst, dass sie noch nie zuvor so glücklich gewesen war. Die Ereignisse des Vortags verblassten völlig. Wenn das der Klang des Todes war, wollte sie mehr davon hören.
* * *
Caitlin ging voll und ganz in der Musik auf und wunderte sich, dass sie die noch nie gehört hatte. Doch als sie gerade noch darüber nachdachte, wie sie ihr Date mit Jonah weiter ausdehnen könnte, geschah es wieder. Der Schmerz schlug ganz plötzlich zu. Er traf sie im Bauch, wie zuvor auf der Straße, und sie musste ihre ganze Willenskraft aufwenden, um nicht vor Jonahs Augen umzukippen. Schweigend biss sie die Zähne zusammen und rang nach Luft. Auf ihrer Stirn bildeten sich Schweißperlen.
Ein weiterer stechender Schmerz ergriff Besitz von ihr.
Dieses Mal schrie sie leise auf, nur ein kleines bisschen, aber laut genug, um die Musik zu übertönen, die gerade anschwoll. Jonah musste sie gehört haben, denn er drehte sich zu ihr und sah sie besorgt an. Sanft legte er ihr eine Hand auf die Schulter.
»Bist du okay?«, fragte er.
Nein, sie war nicht okay. Der Schmerz war überwältigend. Und sie spürte noch etwas anderes: Hunger. Sie hatte geradezu Heißhunger. Noch nie zuvor in ihrem Leben hatte sie ein Gefühl dermaßen überwältigt.
Sie sah kurz zu Jonah
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