The Walking Dead 2: Roman
verursachen. Bob wendet sich erneut ab. Er will gar nicht mit ansehen, wie die Zombies abgeknallt werden. Beim Governor jedoch ist das anders.
Er klettert den Kran bis zur Hälfte hinauf, damit er auch ja alles genau verfolgen kann.
Es dauert nicht lange, bis die panzerbrechende Munition auch den letzten Untoten vernichtet hat. Schädel explodieren, Gehirnmasse fliegt hoch in die nächtliche Luft, Zähne, Haare, Knorpelmasse und Knochen werden zerfetzt. Einige der Zombies bleiben noch eine Weile stehen, während sie im Kugelhagel mit erhobenen Armen einen makabren Totentanz im Schein der Bühnenlampen veranstalten. Bäuche platzen, und glitzerndes Gewebe schießt durch die erhellte Luft.
Die Salve hört genauso schnell wieder auf, wie sie angefangen hat. Die Stille dröhnt in Bobs Ohren.
Für einen Augenblick genießt der Governor das Nachspiel. Die fernen Echos der Schüsse verebben langsam im Wald. Die letzten noch stehenden Untoten sacken in elendigen Haufen blutiger Masse und toten Fleisches zusammen. Bei manchen kann man kaum noch erkennen, dass es sich hier einmal um menschliches Gewebe gehandelt hat. Aus anderen Überresten steigen dampfende Gase von den heißen Kugeln in die kalte Luft auf. Der Governor klettert die Leiter wieder hinunter.
Während der ehemalige Schweinetransport mit seiner Ladung untoter Kadaver den Gang einlegt, muss Bob sich konzentrieren, um nicht zu kotzen. Die grässlichen Geräusche, die aus dem Anhänger kamen, sind jetzt etwas leiser geworden, da Stinson mittlerweile zu einem ausgehöhlten Trog aus Fleisch und Knochen reduziert worden ist. Jetzt verschwindet das Klappern von Zähnen und Kiefern der sich den Bauch vollstopfenden Zombies, und der Truck rumpelt langsam in Richtung Stadion.
Der Governor gesellt sich zu Bob. »Sieht so aus, als ob du einen Schluck vertragen könntest.«
Bob schafft es nicht einmal, den Mund aufzumachen.
»Komm, auf geht’s.« Der Governor klopft dem alten Mann auf den Rücken. »Ich spendier dir ein Bier.«
Am nächsten Morgen schon ist der gesamte nördliche Bereich bereits wieder sauber gemacht, und jegliche Anzeichen des nächtlichen Massakers sind verschwunden. Die Leute gehen ihrem Alltag nach, als ob nie etwas passiert sei, und das soll auch für den Rest der Woche so bleiben.
Während der nächsten fünf Tage streunt der eine oder andere Zombie, angezogen vom allgemeinen Tumult, in die Reichweite der .50er Kaliber, aber ansonsten passiert nicht viel. Weihnachten kommt und geht, ohne dass viel Aufhebens drum gemacht wird. Die meisten Einwohner Woodburys haben sich abgewöhnt, auf den Kalender zu schauen, geschweige denn sich nach ihm zu richten.
Die wenigen Versuche, Weihnachten zu feiern, lassen die nackte, grausame Wahrheit nur noch schlimmer erscheinen. Martinez und seine Männer schmücken einen Baum im Foyer des Verwaltungsgebäudes und hängen Lametta an die Pagode auf dem Marktplatz, aber das war es auch schon. Der Governor benutzt die Stadionlautsprecher, um Woodbury mit Weihnachtsmusik zu beschallen, aber es geht eher auf die Nerven als alles andere. Das Wetter bleibt weiterhin einigermaßen mild – kaum Schnee, zumindest nicht erwähnenswert, und die Temperaturen fallen so gut wie nie unter null Grad.
Heiligabend geht Lilly endlich zu Dr. Stevens, um ihre Wunden vernünftig untersuchen zu lassen, und der Arzt erkundigt sich, ob sie nicht noch etwas bleiben möchte, damit sie zumindest privat ein wenig feiern können. Alice ist mit dabei, und sie öffnen Dosen mit Fleisch und süßen Kartoffeln – sie brechen sogar eine Kiste Cabernet an, die Stevens die ganze Zeit versteckt gehalten hat. Zusammen trinken sie auf die Vergangenheit, auf bessere Zeiten und auf Josh Lee Hamilton.
Lilly kann das Gefühl nicht abschütteln, dass der Arzt sie genau beobachtet, nach Anzeichen posttraumatischer Belastungsstörungen oder sonstiger mentaler Entgleisung sucht. Aber komischerweise ist Lilly noch nie fokussierter, verankerter in ihrem Leben gewesen. Sie weiß genau, was sie zu tun hat. Sie weiß, dass sie dieses Leben nicht mehr lange durchhält, und sie wartet einfach darauf, bis sich ihr eine Möglichkeit bietet, etwas zu ändern. Vielleicht ist es auf einer tieferen Ebene aber auch Lilly selbst, die alles analysiert.
Vielleicht sucht sie im Unterbewusstsein nach Verbündeten, Komplizen, Kollaborateuren.
Nach einer Weile gesellt Martinez sich zu ihnen, Stevens hat ihn auf einen Drink oder zwei eingeladen gehabt, und Lilly lernt,
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