The Walking Dead: Roman (German Edition)
lang steht Brian ratlos da und hält noch immer Nicks Jacke fest, ehe er auf einmal eine Gänsehaut bekommt und es ihm kalt wird. Er will es nicht akzeptieren. Es muss einen Weg geben, alles wieder in geregelte Bahnen zu bringen, alles wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Nach einer scheinbar unendlich langen Zeit sieht Brian Nick an und sagt: »Zeig es mir.«
Nick führt ihn einen schmalen, überwachsenen Fußweg entlang, der sich durch das Wäldchen aus Pekannussbäumen schlängelt. Schierlingsbecher und Wolfsmilch überwuchern den beinahe unsichtbaren Pfad. Es wird nicht mehr lange dauern, ehe die Sonne untergeht und die Temperaturen fallen.
Brombeerranken und Dornensträucher reißen an ihren Jacken, als sie auf eine Lichtung zueilen.
Zu ihrer Rechten können sie durch einen Vorhang von Laub die südliche Seite der Baustelle sehen, wo der neue hölzerne Abschnitt der Barrikade errichtet wird. Das Bauholz wartet bereits in ordentlichen Stapeln darauf, verbaut zu werden. Ein Bulldozer steht in der zunehmenden Dunkelheit regungslos da, als Nick auf die Lichtung vor ihnen deutet.
»Da ist er«, flüstert er, als sie direkt vor der Rodung zum Stehen kommen. Er versteckt sich hinter einem Haufen Baumstämme und gleicht dabei beinahe einem hysterischen Jungen, der Cowboy und Indianer spielt. Brian folgt seinem Beispiel. Er kauert sich ebenfalls hinter die Stämme und späht über das Holz hinweg auf die Lichtung.
Keine zwanzig Meter von ihnen entfernt, in einer natürlichen moosbewachsenen Senke, die von einem Baldachin alter Eichen überdacht ist, steht Philip Blake. Auf dem Boden liegt ein Teppich vermoderter Tannennadeln, Pilze und Unkraut. Knapp darüber scheint eine Schicht Methan in einem unheimlichen Magenta zu leuchten. Die Atmosphäre hat beinahe etwas Mystisches an sich. Nick hebt seine Waffe. »Gütiger Herr«, murmelt er leise. »bitte erlöse uns von dem Bösen …«
»Nick, hör auf damit«, flüstert Brian.
»Ich entsage allen meinen Sünden«, fährt Nick fort und starrt auf die entsetzliche Szene, die sich vor ihren Augen abspielt. »Denn sie vergrämen dich, o Herr …«
»Halt’s Maul, halt endlich dein Maul!« Brian versucht etwas zu erkennen. Er kann kaum sehen, was sich da abspielt. Zuerst glaubt er, dass sich Philip mitten auf der Lichtung hingekniet hat und einem Schwein die Läufe festbindet. Seine Jeansjacke ist vorn schweißnass und voller Kletten, und er bindet den Strick um die Gelenke einer sich unter ihm windenden Gestalt.
Dann durchfährt es Brian eiskalt. Jetzt sieht er, dass es sich wirklich um eine junge Frau handelt. Ihre Bluse ist aufgerissen, in ihrem Mund steckt ein Knebel. »Um Gottes willen. Was zum Teufel macht er …«
Nick betet noch immer leise vor sich hin. »Vergib mir, o Herr, für das, was ich tue. Mit der Hilfe Deiner Gnade werde ich Deinen Willen vollstrecken …«
»Halt endlich die Schnauze!«, schnauft Brian von Panik ergriffen, schier außer sich vor böser Vorahnung. Philip will das arme Ding entweder vergewaltigen oder töten, um es Penny zum Fraß vorzuwerfen. Sie müssen etwas tun – und zwar schnell. Nick hat recht. Er hat die ganze Zeit über recht gehabt. Es muss einen Weg geben, dem Ganzen Einhalt zu gebieten. Es muss eine Lösung gefunden werden, ehe …
Plötzlich bewegt sich etwas neben Brian.
Nick stürzt sich über die Baumstämme und rennt geradeaus auf die Lichtung zu.
»Nick! Warte!«, brüllt Brian und schafft es bis zu den Dornensträuchern, als er die Szene, die sich in der schattigen Lichtung vor ihm abspielt, wie ein Bühnenstück surrealer Figuren wahrnimmt. Es scheint alles in Zeitlupe vor seinen Augen zu passieren.
Nick stolpert über die Rodung, das Gewehr auf Philip gerichtet. Dieser, von Nicks plötzlichem Auftauchen und Brians Warnruf überrascht, rappelt sich hoch. Unbewaffnet blinzelt er nervös von der auf dem Boden liegenden Frau zu der Tasche neben den Fliegenpilzen zu ihrer Linken. Philip hebt die Hände. »Runter mit der Waffe, Nicky.«
Nick aber hebt sie weiter, bis der Lauf auf Philips Gesicht gerichtet ist. »Der Satan steckt in dir, Philip. Du hast gegen Gott gesündigt … Seinen Namen geschändet und entweiht. Jetzt ist es in den Händen Gottes, dich zu richten.«
Brian taumelt auf die Lichtung und fummelt nach der Pistole in seinem Gürtel. Er bekommt vor Adrenalin, das durch seine Adern schießt, kaum noch Luft. »Nick, nein! NICK , TU ES NICHT !« Brians Gedanken rasen, als er drei Meter hinter
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