The Walking Dead: Roman (German Edition)
Vordach suchen lässt.
Die anderen kauern sich hinter ihn und drücken sich gegen das vernagelte Fenster einer ehemaligen Reinigung. Sie machen sich so klein wie möglich und nutzen die Gelegenheiten, kurz etwas Luft zu holen.
Brian keucht vor Anstrengung. Die kleine Penny klammert sich wie ein halb dösendes, traumatisiertes Äffchen an seinem Nacken fest. »Was ist los?«, will Brian wissen, als er bemerkt, wie Philip hinter dem Vordach hervorlugt, um genauer zu sehen, was in der Ferne vor sich geht.
»Ich spinne wohl«, erwidert Philip nach einer Weile.
»Wieso?«
»Das graue Gebäude da vorne rechts«, meint er und weist mit dem Kopf nach Norden. »Seht ihr das? Ungefähr zwei Häuserblocks entfernt. Könnt ihr den Eingang ausmachen?«
In der Ferne erhebt sich ein dreistöckiges Wohngebäude über einer Reihe verfallener zweistöckiger Häuser – ein Block aus kreideweißem Stein und mit ausladenden Balkonen aus den Nachkriegsjahren. Es ist das größte Gebäude weit und breit. Sein Dach ragt aus den Schatten der Stadt, wobei die fahle Sonne auf die Antennen und Schornsteine fällt und diese in ein seltsames Licht taucht.
»Ich sehe es«, stammelt Brian fassungslos. Er balanciert noch immer Penny auf seinem Rücken, die sich an seinen Schultern festhält.
»Das ist keine Fata Morgana, Philly«, sagt Nick mit einer Spur von Ehrfurcht in der Stimme.
Sie starren auf die menschliche Gestalt in der Ferne. Sie ist zu weit weg, um zu sagen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt, ob es ein Erwachsener oder ein Kind ist. Aber da ist jemand – jemand, der ihnen zuwinkt.
Zehn
V orsichtig nähert sich Philip auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die Ruger entsichert, aber nicht auf die winkende Gestalt gerichtet. Die anderen folgen ihm im Gänsemarsch, angespannt und mit weit aufgerissenen Augen. Sie sind auf alles vorbereitet.
Die Frau auf der anderen Straßenseite ruft ihnen mit gedämpfter Stimme zu: »Beeilt euch! Schnell!«
Sie scheint um die dreißig Jahre alt zu sein und hat lange blonde Haare, die sie in einem Pferdeschwanz straff nach hinten gekämmt hat. Sie trägt Jeans und einen übergroßen Strickpullover mit Zopfmuster, dessen ursprüngliche Farbe vor Schmutz kaum noch auszumachen ist. Selbst aus dieser Distanz kann Philip die roten Blutflecken und Spritzer darauf erkennen, während die Frau sie zu sich winkt. In einer Hand hält sie eine kleinkalibrige Pistole, vielleicht eine Polizeiwaffe Kaliber achtunddreißig. Sie schwingt sie durch die Luft, als ob sie ein Flugzeug an seinen Platz weisen würde.
Philip wischt sich den Mund ab und überlegt. Er weiß nicht, wie er die Frau einschätzen soll.
»Los!«, drängt sie die Gruppe. »Ehe sie uns riechen!« Sie will, dass die Leute ihr ins Gebäude folgen. Wahrscheinlich hat sie nicht vor, ihnen etwas anzutun. Aber so, wie sie mit der Pistole in der Luft herumfuchtelt, würde es Philip nicht wundern, wenn die Waffe überhaupt nicht geladen wäre. Da erklärt sie: »Und wehe, wenn ein Beißer euch hier hereinkommen sieht!«
Philip ist die Sache nicht ganz geheuer. Er hält inne, ehe er die Straße überquert. »Wie viele seid ihr?«, ruft er der Frau leise zu.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite seufzt die Frau genervt auf. »Heilige Scheiße! Wir bieten euch Essen und einen Zufluchtsort. Jetzt aber schnell!«
»Wie viele?«
»Verdammt! Willst du, dass wir euch helfen oder nicht?«
Philip umklammert den Griff seiner Pistole noch fester. »Erst will ich eine Antwort.«
Erneut seufzt sie auf. »Drei. Wir sind drei. Zufrieden? Jetzt ist wirklich eure letzte Chance. Ich gehe sonst allein wieder hinein, und dann wird es euch hier draußen schlecht ergehen.« Sie hat den typisch schleppenden Akzent von Georgia, doch es ist auch klar, dass sie längere Zeit in einer großen Stadt gelebt haben muss. Vielleicht sogar im Norden der Vereinigten Staaten.
Philip und Nick wechseln einen Blick. Das ferne Geräusch der Zombies wird vom Wind zu ihnen getragen und kündet den bevorstehenden Ansturm der Monster deutlich an. Nervös rückt Brian Penny auf seinem Rücken zurecht und wirft einen Blick über die Schulter die Straße hinunter. Dann fixiert er seinen Bruder. »Was bleibt uns anderes übrig?«
»Er hat recht, Philly«, flüstert Nick und schluckt seine Angst hinunter.
Erneut mustert Philip die Frau auf der anderen Straßenseite. »Wie viele Frauen, wie viele Männer?«
Ihre Antwort lautet: »Hast du einen Fragebogen zum
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