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Thekenwelt - Apéritif pour trois (German Edition)

Thekenwelt - Apéritif pour trois (German Edition)

Titel: Thekenwelt - Apéritif pour trois (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Violet Mascarpone
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hatte und wippte mit seinen Knien. Kai und Biscuit waren weg und er wusste nichts mit sich anzufangen. Selbst nach Wichsen war ihm nicht, was er als schlechtes Zeichen bezüglich seines Gesamtzustandes wertete. Vielleicht suchte er heute seine alte Wohnung auf, um seine Bücher abzuholen, sofern sie nicht alle entweiht worden waren. Er kramte seinen Armeerucksack aus dem Schrank und warf einen letzten Blick auf das Wohnzimmer. Konnte so bleiben.
     
    Er ließ Biscuits aufgeräumte Wohngegend hinter sich und ihn überkam ein heimatliches Gefühl, als er die Hochhäuser und das Unkraut sah, dass die Betonplatten unbezwingbar durchbrach. Der Kiosk, der Supermarkt, die Spielhalle, in der die Hoffnungslosen schon um halb zehn erwartungsvoll Chance-Buzzer drückten, den Junkie, der schwankend auf der Bank saß. Hier gehörte er hin, irgendwie. Er begrüßte die Frau aus der Wohnung nebenan. „Mann, Tornado, ich dachte schon du wärst tot!“
    „ Nee, ich bin ganz lebendig, wie du siehst!“
    Sie unterhielten sich kurz, bevor sie ihre schweren Einkaufstaschen sechzehn Stockwerke hinauf wuchtete. Er wollte ihr folgen, aber sein Unbehagen auf seine Mutter zu treffen hielt ihn zurück, in seine alte Wohnung zu gehen. Stattdessen wanderte er durch die schäbige Anlage und lachte über das Schild „Jugendclub“, das über einem der flachen Bungalows montiert war. Hier hatte niemals ein einziger Jugendlicher irgendetwas getan, außer seinen Hass mit Steinen gegen die Scheiben zu feuern, trotz des Tischkickers mit dem Pflaster-reparierten Torwart.
    Als er sich vor dem vierteleigenen Kindergarten wiederfand, fluchte er resigniert. Na klar, es war ja klar gewesen! Er würde tatsächlich hineingehen und fragen, ob er sich die Sache ein wenig anschauen könnte. Das durfte nur niemals irgendwer erfahren. Niemals. Irgendwer. Entschlossen klingelte Tornado und ein seltsam vertrauter Geruch von feuchten Gummistiefeln, altem Pinselwasser und schalem Essen schlug ihm entgegen.
    „ Hi“ Die junge Frau trug kurze schwarzgefärbte Haare und auf ihren Oberarmen war eine Reihe bunter Sternchen tätowiert „Kann ich was für dich tun?“
    „ Ja, also ...“ Tornado zog die Nase hoch und steckte die Hände verlegen in die Taschen. „Ich wollte fragen, ob ich hier was helfen kann. Also, hmm … ich würde mich für so was wie ein Praktikum interessieren.“
    „ Möchtest du Erzieher werden?“
    Tornado wollte abwehren, bis er begriff, dass Erzieher wohl dasselbe bedeutete wie Kindergärtner. „Ding ist, das weiß ich nicht. Deshalb würde ich gerne ein Praktikum machen. Um es herauszufinden.“
    Sie ließ ihn hinein und schob ihn an einer Gruppe Rotznasen vorbei, die auf dem Flur ein Skateboard umherschoben.
    „ Das musst du mit Frau Bellevue besprechen, sie ist hier die Leiterin.“
    „ Klingt wie ne Puffmutter“, knurrte Tornado und die stachelhaarige Frau schenkte ihm einen tadelnden Blick.
    „ Arbeiten nur Frauen hier?“
    „ Das ist ein Kindergarten!“ Sie sah ihn an, als habe er den Verstand verloren. „Aber keine Panik, so schlimm sind Frauen nicht.“
    „ Nee klar. So hab ichs nicht gemeint.“
    Sie klopfte an eine Tür, auf dem ein Tonpapier-Baum hing, an dessen Ästen Kindergesichter, wie Früchte klebten. Am liebsten wäre er einfach wieder gegangen.
    Die Frau hinter dem Schreibtisch sah unscheinbar aus. Ihr Haar war zu einem braunen Zopf geflochten, ihr Gesicht ungeschminkt und die Füße steckten in ein paar Slippern. Sie sah so vertrauenerweckend auf, dass sie bestimmt ein paar hammermäßige Laster haben musste, überlegte Tornado.
    „ Und warum möchtest du gerne Erzieher werden?“, fragte Frau Bellevue und obwohl er ihr am liebsten erklärt hätte, was für eine Scheißidee das eigentlich war und er einfach nur aus Langeweile hier saß, hörte er sich sagen: „Na ja, ich bin selbst hier groß geworden. Ich denke, das hier ist … wichtig irgendwie. Also für viele hier was Gutes, weil wenn sie nach Hause kommen ist da oft nur Scheiße.“ Er dachte an seine Mutter. „Außerdem find ich Kinder ganz lustig und man muss nicht besonders klug hierfür sein … oh sorry, das heißt nicht, sie sind dumm. Aber man muss halt nichts können. Außer nicht böse sein.“ Na klar. Er musste es mal wieder schlimmer machen. Bellevue sah ihn irritiert an, aber schien die die Grundaussage zu verstehen.
    Warum nicht? Es fehlten ohnehin immer männliche Vorbilder in Tagesstätten und Kindergärten. Der Junge kannte die sozialen

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