Thekenwelt - Apéritif pour trois (German Edition)
verschiedene Anzüge heraus, die professionell die Größen der beiden ein.schätzte Ihr geschultes Auge konnte Kragenweiten und Hosenlängen mittlerweile feststellen, ohne ihren Kunden mit aufdringlichen Fragen zur Last zu fallen. „Das ist ein klassisches Modell, achtzig Prozent Cool Wool und zwanzig Prozent Kaschmir“, klärte sie Tornado auf, der ihr den Anzug wortlos abnahm. „Wenn ich bitten dürfte, die Umkleidekabinen sind hier.
„Danke wir brauchen keine Kabinen.“ Biscuit ließ sich auf einem der kleinen Leder-Würfel nieder, die als Hocker dienten.
Lucie Getz schluckte und lächelte, als sei das völlig normal. „Sehr gerne. Darf ich ihnen und ihren Begleitern einen Sekt anbieten?“
„ Pah, du glaubst doch nicht, dass du mich damit schocken kannst, alter Mann“, sagte Tornado herausfordernd, als die Verkäuferin im Nur-Für-Mitarbeiter-Raum verschwand. Tornado strampelte sich aus seiner Jeans und bemerkte, wie Biscuit sein rasiertes Geschlecht begutachtete.
„ Hübsch. Kai hat seine Sache gewohnt gut gemacht.“
Tornado zerrte sich den zwanzig Prozent was-weiß-ich-Stoff über die Hüften und legte sich das blassrosafarbene Hemd an, das der Koch für ihn ausgesucht hatte. Dann zog er das Jackett über und sah sich erstaunt im Spiegel an. Wenn er immer so herumliefe, könnte er bestimmt jede Menge Menschen übers Ohr hauen. „Diese Anlage mit integriertem Mischfond ist so gut wie risikolos“, hörte er sich vor seinem geistigen Auge lügen.
„ Wow! Du siehst voll alt aus!“, quietschte Kai begeistert und Biscuit lachte.
„ Okay, den nehmen wir“, entschied Tornado, der absolut keine Lust hatte noch weitere Anproben durchzuexerzieren. Er hielt sich für seinen Geschmack ohnehin schon viel zu lange in einer Boutique auf.
„ Wenn er dir gefällt.“
Lucie kehrte mit einem kleinen Tablett zurück und reichte ihren drei Kunden die verkaufsfördernden Gläser. „Und, sind Sie zufrieden?“
„Ja.“
Lucie lächelte befriedigt und reichte ihm ein paar dunkle Anzugschuhe. „Wären Sie so freundlich, die überzuziehen, damit ich die Beine abstecken kann?“
„Wie abstecken?“
„ Oh, der Saum ist ein wenig zu lang. Ich muss sehen, wie er über den Schuhen sitzt und was geändert werden muss.“
„ Haben Sie nichts hier, was mir von Anfang an passt?“
„ Nein, es ist völlig normal, ein paar kleine Änderung bei Konfektionsanzügen vornehmen zu müssen.“
Er schlüpfte in die Schuhe und sah argwöhnisch zu, wie die weißblonde Frau bunte Nadeln in die Hosenbeine und die Ärmel steckte.
Als Kai an die Reihe kam senkte Lucie Getz beschämt den Blick, als der Junge sich entkleidete. Nicht dass er hässlich war, aber wozu gab es Umkleidekabinen? Wieso mussten reiche Menschen nur immer einen Dachschaden haben?
Der abwertungsgewohnte Kai nahm die Reaktion der Verkäuferin überdeutlich wahr und versuchte so geschickt wie möglich die Hosen zu wechseln, ohne Ausblick auf seinen Schwanz zu bieten. Wenn er doch nur ein wenig über Tornados Selbstbewusstsein hätte, dem es kaum interessierte, ob man ihn nackt sah!
„Lass mich dich anziehen.“
Biscuit zog den Reißverschluss der Hose langsam zu und drückte seine Hand kurz gegen Kais Schritt, dann nahm er das cremefarbene Hemd um es zuzuknöpfen, ihm in den Hosenbund zu schieben und führte die Arme in die Jacke. Kai trug einen eng geschnittenen Anzug mit schmalem Revers, einer sehr hüftig sitzenden Hose.
„Hervorragend, du siehst toll aus. Ich freue mich, mit euch auf diese Party zu gehen.“
Pädagogische-Maßnahmen-Welt
Biscuit schüttelte Kai leicht am Arm: „Du musst aufstehen, sonst kommst du zu spät!“
„ Ich habe erst zur zweiten Stunde“, nuschelte Kai, zog sich die Decke über den Kopf und grub sich tiefer in die Matratze. Ratlos stand Biscuit vor dem Bett. Schon das dritte Mal?
Tornado hingegen wuselte hellwach durch die Küche und drückte seine dritte, morgendliche Zigarette aus. Er rauchte auf Vorrat. Im Kindergarten galt alleine der Gedanke an Tabak schon als ahndungswürdiges Delikt.
„ Sag mal, ist das normal, dass bei Kai so viel ausfällt?“, fragte Biscuit beiläufig und Tornado, der Kai besser als jeder andere kannte, log ohne mit der Wimper zu zucken: „Klar. Lehrer sind doch ständig krank.“
Tornado kannte das Phänomen: Kaum ging Kai eine Weile regelmäßig zum Unterricht, verlor er von heute auf morgen jede Motivation und fehlte mitunter tagelang.
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