Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
„Niemals.“
Eine Welle von Erleichterung raubte mir erneut fast die Sinne. „Gut. Ich auch nicht.“
„Mach dir keine Sorgen.“
Ich musste wider meinen Willen lachen, aber es steckte eine Menge Verzweiflung darin. „Das sagen neuerdings alle zu mir. Wie sollte ich mir keine Sorgen machen!? Ich dachte, du seist tot! Ich wäre fast wahnsinnig geworden. Ich hätte mich fast …“
„Ich weiß“, unterbrach er mich mit heiserer Stimme und bedeckte mein Gesicht mit Küssen. Das wenige Licht, das in den Raum driftete, genügte, um mir sein Entsetzen zu offenbaren. „Deine Schwester hat mir alles erzählt. Mach das nie wieder.“
„Ich habe dir ja gesagt, dass ich ohne dich nicht mehr leben kann.“ Das sollte lässig klingen, aber meine Stimme zitterte dabei.
„Dann überzeug dich das nächste Mal davon, ob ich's wirklich bin“, meinte er scherzhaft.
Darüber konnte ich nicht lachen. „Louis, das war der schrecklichste Moment in meinem Leben. Ich möchte nie wieder ein nächstes Mal erleben.“
„Was war denn genau los, nachdem …“ Er machte eine vage Kopfbewegung. „… deine Mutter dich abgeholt hat?“
Die Erinnerung an das Streitgespräch mit Atalante und die damit einhergehende Verzweiflung und Wut stand mir mit einem Mal wieder ganz deutlich vor Augen. „Sie ist verrückt. Sie hat mir offenbart, dass ich später Anführerin werden soll und nicht Polly und dass ich dich nie wieder sehen darf und … Louis, lass uns abhauen.“ Kurzentschlossen riss ich mir mit einem Ruck die Infusionsnadel aus dem Handrücken und kämpfte meine schweren Beine unter der Bettdecke hervor.
„Ell …“
„Jetzt rechnen sie nicht damit. Es ist der perfekte Zeitpunkt. Bis morgen früh sind wir schon lange über alle Berge.“ Mit plötzlicher Energie erfüllt sprang ich aus dem Bett. Ich versuchte es zumindest. Doch meine Knie machten mir einen Strich durch die Rechnung und gaben unter meinem Körpergewicht nach. Louis reagierte sofort. Er hielt mich fest und half mir, mich wieder hinzusetzen. Mein Herz raste vor Anstrengung und Tränen der Frustration stachen mir in den Augen, aber ich schluckte sie hinunter.
„Ich würde sofort mit dir fliehen. Nach allem, was geschehen ist, lieber heute als morgen“, flüsterte er und strich mit dem Finger über die Kontur meines Gesichts. „Aber du bist noch zu schwach und bald kommt der erste Schnee.“
„Drecksschnee“, murmelte ich trotzig.
„Wir haben nichts, wo wir unterkommen können, und nicht genug Vorräte, um den Winter zu überstehen.“
Doch, es gibt einen Ort …
„ Louis …“, begann ich – und verstummte. Wenn ich ihm sagte, wo er seine Vatersfamilie finden würde, würde er sich womöglich sofort aufmachen. Dann würde er mich verlassen. Ich wusste, es war selbstsüchtig von mir, aber ich brachte es nicht über mich, ihm davon zu erzählen. Ich brauchte ihn.
Ein leises, einmaliges Klopfen an der Tür unterbrach meinen inneren Konflikt. Ich hielt vor Schreck die Luft an.
„Ich muss los“, informierte mich Louis.
„Was war das?“
„Victoria. Sie schiebt Wache.“
„Sie passt auf, damit sie dich warnen kann, falls jemand kommt?“, fragte ich ungläubig.
„Polly, Corazon und sie bewachen dich die ganze Zeit“, berichtigte er. „Sie wechseln sich ab. Immer ist eine von ihnen vor deiner Tür.“
„Aber vor Atalante können sie mich nicht beschützen.“
Er wiegte den Kopf. „Sie wirken ziemlich entschlossen. Ich hatte Glück, dass Victoria da war. Corazon hätte mich wahrscheinlich nicht zu dir gelassen. Sie scheint nicht besonders gut auf mich zu sprechen zu sein.“
Es war ein Wunder, dass sie überhaupt zu mir hielt, nachdem sie erfahren hatte, dass ich mich so daneben benommen hatte. Wärme und Dankbarkeit für die Loyalität meiner Freundinnen machten sich in meinem Herzen breit.
Ein erneutes, lauteres Klopfen ertönte. Louis half mir zurück ins Bett und deckte mich zu.
„Geh nicht weg“, flehte ich in plötzlicher Panik und klammerte mich an seinem Hemd fest. Ich fürchtete die Einsamkeit meines Zimmers und die Albtraumgestalten, die mich heimsuchen würden, sobald er den Raum verlassen hätte.
Er sah mich gequält an. „Ich muss. Wenn ich bleibe, erwischt mich Sevishta und dann wird mir auch Philippas Einfluss nicht helfen können.“
Das wollte ich natürlich nicht, aber ich konnte meine Faust nicht dazu bewegen, den Stoff loszulassen.
„Schlaf dich gesund, meine Ell.“ Er gab mir einen Kuss, löste sanft
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