Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
offenbar etwas, das ihr nicht zusagte, und ihr Lächeln zerfiel. Mit einem Ruck wandte sie sich von mir ab, ging zum Fenster und blickte in die Ferne. Ich erlaubte mir einen Moment der Schwäche und hielt mich tief durchatmend an der Rückenlehne der Couch fest.
„Und Zeit wirst du genug haben. Da ich mich nun, wie du zweifelsohne mitbekommen haben dürftest, gezwungen sehe, diesen Arbeiter hier zu behalten, wirst du sie im Dienst der Göttin verbringen, bis du wieder bei Sinnen bist.“
Hausarrest. Ich schluckte. Nichts anderes bedeutete das, das war mir klar, auch wenn ich nicht genau wusste, was mich erwarten würde. Zwar hatte ich gelernt, dass sich manche, die sich dazu berufen fühlten, für religiöse Dienste meldeten. Seit ich hier war, war dieser Posten jedoch unbesetzt gewesen. Der durchschnittlichen Wald- und Wiesenamazone war es viel zu langweilig, als Hiery mehrere Monate in einsamer Kontemplation fernab der Natur zu verbringen. Allein der Gedanke daran verursachte mir klaustrophobisches Unbehagen.
Ich muss weg!
Du kannst nicht weg. Nicht jetzt. Noch nicht.
Aber … Louis! Ich vermisste ihn jetzt schon höllisch.
Stell dich nicht so an. Du schaffst es. Wenn du fügsam und artig bist, kommst du bald wieder raus … bei guter Führung quasi. Und dann machst du dich vom Acker, sobald ein bisschen Gras über die Sache gewachsen ist und Atalante nicht mehr damit rechnet.
Atalante schien mein Schweigen als Zustimmung zu deuten. Sie drehte sich zu mir um, ich nahm eilig die Hand von der Couch und verschränkte sie in der anderen.
„Die Ruhe wird dir gut tun, glaub mir. Es war alles ein bisschen viel für dich in letzter Zeit. Auch die Sache mit Hippolyta.“ Misstrauen machte sich in ihrem Gesicht breit. „Ich nehme an, ihr desolater Zustand hat auch mit deiner leichtfertigen Liebschaft zu tun? Du solltest dich schämen, sie damit zu belasten.“
Obwohl ich nicht an allem, was Polly erleiden hatte müssen, die Schuld trug, stieg schlechtes Gewissen in mir auf und ich schlug die Augen nieder. „Das tut mir leid“, sagte ich leise.
Meine Reue besänftigte sie offensichtlich. Sie trat wieder auf mich zu und ich konnte die Erschöpfung der letzten Tage in ihrem blassen Gesicht erkennen. Ich empfand kein Mitleid, aber ich merkte, wie mein Hass auf sie um ein µ nachließ.
Atalante hatte Louis umbringen lassen wollen, daran bestand kein Zweifel, auch, wenn sie behauptete, dass das nie ihre Intention gewesen sei. Doch ich wusste auch, dass es eine kopflose Kurzschlussreaktion gewesen war und dass sie in ihrer Panik nicht bedacht hatte, was sein Tod für mich bedeuten würde. Und sie konnte vor niemandem, auch nicht vor sich selbst, zugeben, wie nah sie dran gewesen war, durchzudrehen, denn das würde sie als Anführerin disqualifizieren – auch in ihren eigenen Augen.
Ich würde es ihr nie verzeihen, vor allem, da sie mich ignoriert hatte, obwohl sie mich in meiner Verzweiflung toben gehört haben musste. Womöglich konnte ich sie irgendwann wieder als Paiti akzeptieren, aber niemals wieder als Mutter. Als sie meine Hand in ihre nahm, entriss ich sie ihr wieder.
„Lass die Mädels in Ruhe“, forderte ich. „Sie haben nichts getan, außer mir das Leben zu retten, und ich habe ihnen nichts erzählt, was unsere Vergangenheit anbelangt. Sie machen sich einfach Sorgen um mich.“
„Das ehrt sie. Und nur deswegen habe ich von einer Bestrafung dafür abgesehen, dass sie sich Zutritt zu meinen Räumen verschafft und mich bestohlen haben.“ Erst dachte ich tatsächlich, sie meine mich, doch dann begriff ich, dass sie vom Schlüssel sprach. „Dennoch sollten sie sich zu benehmen wissen. Corazon ist wirklich dreist.“
Ich zuckte mit den Schultern. Mangel an Respekt fand ich super, wenn er mich nur rettete.
„Dann bringe ich dich jetzt in dein neues Zimmer.“
„Was? Jetzt?“ Erschrocken riss ich die Augen auf. Ich musste doch Louis noch einmal sehen!
„Unverzüglich.“ Sie war nicht dumm. Und ich selbst hatte ihr gezeigt, wozu ich fähig war, wenn es um Louis ging.
„Nein, ich muss noch Sachen aus meinem Zimmer holen und …“
„Hippolyta wird dir alles bringen, was du brauchst.“ Sie ergriff meinen Arm und machte eine Kopfbewegung auf die Tür zu. „Los jetzt.“
Ich starrte sie an. Aufsässig. Sie starrte mich an. Unbeugsam.
Ich hatte es so satt, dauernd nur herumgeschubst zu werden. Seit Tagen durfte ich keinen Schritt alleine machen. Allerdings war ich auch so erschöpft, dass ich
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