Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
sagen. „Zumindest nicht freiwillig.“
Sein Handdruck wurde fester, als das Gehörte durchsickerte. Seine andere Hand tastete behutsam nach meinem Gesicht und fand die Tränenspuren. Er gab einen gequälten Laut von sich. Ich hätte ihn gerne berührt, aber meine Hände waren klebrig von Schmutz und Blut.
„Wann …“, setzte er an und stockte, vermutlich, weil er nicht sicher war, ob es mir gut täte, mich daran zu erinnern, und ob es ihn überhaupt etwas anging.
„Bevor ich nach Themiskyra kam. Als ich hier in der Mühle übernachten wollte. Aber es ist nichts passiert. Tetra hat ihn erschossen“, sagte ich schlicht und drückte seine Hand. „Das ist lang vorbei, ich hab es schon fast vergessen“, log ich.
„Warum bist du wieder hierher zurückgekommen?“, fragte er fassungslos.
„Es hat nichts mit dem Ort hier zu tun“, sagte ich vorsichtig, aber Louis kam ohnehin zu demselben Schluss wie ich zuvor.
„Sondern mit mir.“
„Nein“, versicherte ich eilig. „Ich ertrage es nur anscheinend nicht, wenn ich zu wenig Platz habe. Wenn ich mich eingesperrt fühle, von einem Körper. Nicht speziell von deinem.“
„Das wollte ich nicht“, sagte er heiser. „Ell, es tut mir so leid …“
„Ich weiß. Mach dir keine Vorwürfe. Mir war selbst nicht klar, dass es sich so verhält.“ Da ich in seinen Berührungen immer noch ein vorsichtiges Zögern spürte und keine Lust hatte, in Zukunft wie ein rohes Ei behandelt zu werden – wenn es nach der ganzen Aktion eben eine Zukunft für uns gab – setzte ich hinzu: „Und eine Umarmung ist jetzt völlig in Ordnung, die sperrt mich ganz und gar nicht ein.“
Keine Sekunde später fühlte ich mich von seinen Armen umfangen und hörte ihn wieder und wieder flüstern: „Es tut mir leid.“ Ich wusste, dass sich das nicht mehr darauf bezog, was heute geschehen war.
Beim Versuch noch näher zu ihm zu kriechen, schrappte meine verwundete Fußsohle über den Boden und Schmerz schoss mir ins Bein.
„Argh“, entfuhr es mir, aber ich klammerte mich fest an Louis, damit er nicht auf die Idee kam, dass ich seine Umarmung ablehnte.
Trotzdem hörte ich einen leicht panischen Unterton in seiner Stimme, als er fragte: „Was ist los?“
„Mein Fuß …“, brachte ich hervor.
„So schlimm?“
„Nein, aber ich konnte nicht zu dir zurücklaufen. Und das war schlimm.“
Er tastete meinen Fuß ab. Als er in die Nähe der verletzten Stelle kam, zuckte ich zurück. Er konnte die Wunde zwar nicht sehen, aber er musste die Nässe des Bluts auf seiner Hand spüren und ihm war auch meine Reaktion nicht verborgen geblieben.
„Wir müssen zurück“, sagte er entschlossen, verlagerte mein Gewicht etwas und hob mich zum zweiten Mal an diesem Abend hoch. Ich spielte kurz mit dem Gedanken, stark zu sein und zu behaupten, dass ich auch alleine gehen könne, aber dann legte ich meinen Kopf an seinen Hals und ließ mich einfach tragen.
Der Weg war viel kürzer, als ich in meiner Verzweiflung befürchtet hatte.
Erst im Licht der Kerzen sah ich, wie schockiert Louis' Gesichtsausdruck war. Bevor er rasch wegschaute, erkannte ich Wachsamkeit in seinem Blick, vielleicht sogar Skepsis. Als ob er sich nicht sicher war, ob ich nicht gleich wieder ausrasten würde. Das versetzte mir einen Stich, aber ich konnte ihn verstehen.
Mit Sicherheit war das nicht der lauschige Abend geworden, den er sich vorgestellt hatte, als er hierher gekommen war. Und ich war nicht die unkomplizierte kleine Amazone, die er sich vorgestellt hatte, als er sich in mich verliebt hatte.
Wie zuvor ließ er mich auf mein Lager gleiten, diesmal jedoch so, dass ich mich an die Wand anlehnen und er meine rechte Fußsohle untersuchen konnte. Sein Gesicht umwölkte sich noch mehr. Dann stand er auf und nahm den Holzeimer neben dem Spülbecken mit nach draußen. Währenddessen beugte ich mich vor und nahm die tiefe, fünf Zentimeter breite Wunde in Augenschein. Kein Wunder, dass das so wehgetan hatte. Schon eher, dass ich nicht viel früher zusammengebrochen war.
„Hast du Verbandszeug dabei?“, fragte Louis, als er mit dem Eimer wieder zurückkehrte, den er mit Wasser aus dem Bach gefüllt hatte.
Ich nickte. „In meinem Rucksack, in der kleinen Außentasche.“ Zur Standardausstattung jedes Amazonen-Gepäcks gehörte ein Erste-Hilfe-Set. Für den viel zitierten Ernstfall. Oder für den Fall, dass man eben in geistiger Umnachtung in eine Obstschale stieg. „Ich kann's auch machen.“
Louis beachtete
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