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Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)

Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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steigt.
    Schau nicht hin. Einfach weiter.
    Mühsam beherrscht schob ich mich von dem Toten weg, krabbelte rückwärts unter das nächste Fenster – und trat dabei auf einen kleinen Ast, der mit einem deutlich vernehmbaren Knacksen unter meinem Gewicht zerbrach. Ich hielt die Luft an und presste mich so nahe an die Mauer, dass ich fast unter dem Fensterbrett verschwand.
    Erstarrt sah ich, wie sich die Fensterläden über mir öffneten, hielt die Luft an und kämpfte gleichzeitig immer noch mit Übelkeit.
    „Was ist los?“, hörte ich eine junge Männerstimme fragen.
    „Nichts“, erwiderte eine andere, tiefere Stimme nach einer Zeit, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkam. Meine Nägel splitterten, als sich meine Finger in den Putz hinter mir gruben.
    Ich kannte die Stimme des Mannes. Und ich kannte das Tattoo auf seinem Unterarm, das ich nur kurz gesehen, aber sofort wieder erkannt hatte, als er den Laden aufgestoßen hatte.
    Es war Bob, einer der drei Cheops, die ich im Wald bekämpft hatte. Dem ich versucht hatte, Interna zu entlocken. Der behauptet hatte, sie wären nur zu dritt. Der die Existenz eines Hauptquartiers geleugnet hatte. Und ich Idiotin hatte ihm geglaubt.
    Die Erkenntnis, dass die ganze Sache tatsächlich meine Schuld war, riss mich fast von den Füßen. Meine Schuld, nicht nur, weil ich Polly alleine hatte durch die Nacht reiten lassen, sondern auch, weil ich schon damals falsch gehandelt hatte, indem ich die Vatwaka hatte laufen lassen, anstatt ihnen die Kehle durchzuschneiden. Schuld glitt aus meinem Herzen über meine Brust, meine Arme, meine Beine, hüllte mich von Kopf bis Fuß ein, versuchte mich zu zerdrücken. Und ich wusste, dass ich alles tun würde, um Polly da raus zu holen, auch wenn es mich mein Leben kosten würde.
    Die Fensterläden schlossen sich wieder, aber nicht vollständig. Ich entspannte meine Glieder etwas und rang um Fassung.
    „Ist dir schon eingefallen, wo die Waffen sein könnten?“, hörte ich Bob in einem süßlichen Tonfall fragen, der seine Ungeduld kaum überdeckte. Ich spitzte meine Ohren, konnte aber keine Antwort vernehmen.
    Lautlos drehte ich mich um und hob den Kopf ein Stück, sodass es mir möglich war, zwischen den beiden Fensterläden durchzublicken. Zuerst sah ich nur Dunkelheit, aber nach und nach konnte ich Details ausmachen. Es handelte sich offenbar um einen Hauswirtschaftsraum, eine Waschmaschine und ein Trockner befanden sich an der gegenüberliegenden, weiß gekachelten Wand und nahe an der Decke waren ins Mauerwerk kleine Haken gebohrt, die früher mal Wäscheleinen zur Befestigung gedient hatten. Bob, der Bärtige, bekleidet mit einer schmutzigblauen Cargohose und einem ehemals hellen Achselshirt, stand mitten im Raum und wirkte ungehalten. Ein weiterer Mashim mit hellbraunen Locken wandte mir den Rücken zu. Er war schmaler als Bob und trug eine zerrissene Jeans und einen grauen Kapuzenpulli.
    Wo zur Hölle ist Polly? fragte ich mich und schielte in beide Richtungen, soweit mich der Sehschlitz ließ. Dann trat der Typ, der nicht Bob war, zur Seite, um sich an die Wand auf der Seite zu lehnen, und ich konnte sie sehen. Erleichterung und Grauen wechselten sich im Zehntelsekundentakt ab, als ich meine Schwester betrachtete.
    Sie saß auf einem einfachen Holzstuhl, die Handgelenke wurden hinter der Rückenlehne von Handschellen zusammengehalten, die Fußgelenke waren unter dem Stuhl mit einer Wäscheleine aneinander gebunden. Nichts, was Polly davon würde abhalten können, sich in einem unbemerkten Moment aus dem Fenster zu werfen und zu fliehen. Doch dann sah ich, dass zwischen den beiden Handschellen eine schwere Eisenkette hindurchführte, die mit einem Metallrohr auf der linken Seite des Raums verbunden war.
    Ihr Kopf war nach vorne geneigt und offenbarte blaue Flecken an ihrem Nacken. Einige weitere Blutergüsse, Schrammen und Schnitte bedeckten ihre Arme und die Finger ihrer rechten Hand sahen aus, als klebte getrocknetes Blut an ihnen. Ihr Blut? Aber sie atmete. Ich sandte ein stilles Dankgebet an Artemis.
    „Nichts?“, erkundigte sich Bob. „Komm schon. Tu uns allen einen Gefallen und spuck's aus.“
    Er ging einen Schritt auf Polly zu, zog ihren Kopf an den Haaren hoch, um ihr ins Gesicht blicken zu können. Im Augenwinkel sah ich, wie der andere Mann seine Haltung straffte. Polly reagierte nicht. Vielleicht war sie nicht mal bei Bewusstsein. Mehr Mitleid mit ihr wallte in mir auf. Plötzlich ertönte ein unerwartetes Geräusch und

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