Theo
Viktor: »Ich habe viele Getränke eingekauft.«
Theo zu Anna: »Der Herr Viktor hat viele Getränke eingekauft. Hast du auch viele Getränke eingekauft?« Anna: »Nein, ich habe keine Getränke eingekauft.« Theo (mitleidig) zu Anna: »Der Herr Viktor gibt dir welche.« Theo (streng) zu Herrn Viktor: »Du gibst der Anna Getränke. Und die Anna gibt dir Milch, Brot und noch ein paar Sachen.« Oder sie tauschen ihre Einkaufswagen. Oder sie packen gleich alles in einen.
»Theeeeeooooo?« – Das klingt ganz nach einem vorzeitigen Ende des großen Billa-Kontakt-Spieles. Schade. Die beiden hätte Theo noch zusammengebracht.
Theo in Bibione
Den Sommerurlaub verbrachte Theo in Italien. Die Großeltern durften mitfahren (weil sie brav waren). Die Eltern wurden daheim gelassen – nicht weil sie schlimm waren, sondern weil in Theos Wohnwagen nicht Platz für alle war. Ja, richtig, es war ein sogenannter Campingurlaub. »Wohnen mit Lenkrad« statt »Zimmer mit Frühstück«. Für Theo also ein echter Abenteuerurlaub.
Die verwandten Pädagogen hatten diesem Naturereignis schon Monate vorher entgegengefiebert, vor allem jene, die dann gar nicht mitfuhren. »Theo in Bibione« muss für sie so etwas wie »Der erste Mensch auf dem Saturn« bedeutet haben. Dementsprechend früh (vermutlich gleich nach der Geburt) wurde damit begonnen, Theo auf den Campingurlaub vorzubereiten.
Sagen wir es hart, wie es ist: Theo durfte in Italien nicht in die Hose machen. Entweder haben die dort keine Windeln, oder es verträgt sich nicht mit dem maritimen Klima, oder es herrscht ein landesweites Wickelverbot, oder was weiß Theo. Jedenfalls musste er daheim wochenlang auf der Schüssel, die sie liebevoll »Topferl« nennen, trainieren. Da waren sie wieder einmal beinhart, die beiden Oberhäupter. Mit der Schüssel hat sich Theo also lange genug herumgeärgert.
Hier nur in aller Kürze: 1. Sie sieht nicht gut aus. 2. Sie hat kein Lenkrad. 3. Wenn man sich draufsetzt, sitztman fest und kommt nicht mehr heraus, sodass man Gefahr läuft, sie bis an sein Lebensende mit sich herumzutragen. 4. Es genügt weder neben noch über der Schüssel zu stehen, wenn man muss. 5. Man hat vielmehr eine Körperhaltung einzunehmen, die so unangenehm ist, dass man sie nur ein paar Sekunden durchhält. Wenn es dann so richtig losgeht, muss man leider aufstehen. Auf diese Weise gelangt man zu schlechten Trefferquoten. 6. Wenn man dem Papa die Schüssel mit der Beifügung »fertig« auf den Schreibtisch stellt, gebärdet er sich wie ein Wilder.
Trotz widriger Bedingungen hat Theo den Trainingskurs erfolgreich abgeschlossen und war Anfang Juni 1997 ausgebildeter Topferl-Geher ohne die leiseste Windelentzugserscheinung – und somit bereit, Italien zu erobern.
Eine Sache wäre da noch, bevor wir die Grenze passieren. Die Pädagogen nennen sie »Trennungsschmerz«. Kleine Kinder sind besonders anfällig – Eltern zu haben, die davon betroffen sind. Um mit der Abschiedssituation vor dem Campingurlaub ein bisschen besser zurechtzukommen, begannen Theos Oberhäupter schon früh, sich ihr Problem von der Seele zu reden.
Gut, sie drehten die Sache ein bisschen um. Sie meinten: Theo werde ein bisschen traurig sein, wenn sie dann plötzlich nicht mehr da wären. Aber das sei ganz normal, und drei Wochen seien im Grunde eine sehr kurze Zeit. (Lüge.) Und Italien sei ja gar nicht so weit entfernt. (Lüge.) Und Theo müsse wissen, dass sie inGedanken ohnehin immer bei ihm sein werden. (Da hat er was davon!) Außerdem könne man ja telefonieren. (Endlich eine gute Meldung.) Und Theo dürfe nicht glauben, dass sie, die Eltern, beim Abschied nicht ebenfalls traurig sein werden. (Da haben wir es – Trennungsschmerz.) Ja, und weil sie Theo eben so schrecklich liebhaben, werden sie bei der Verabschiedung sicher sehr viel weinen müssen.
Klang ja vielversprechend. Schauen wir uns die Abschiedsszene also näher an. Die Großeltern waren bereits abgefertigt und freuten sich wie kleine Kinder auf die Fahrt mit dem Wohnwagen. Theo wurde von der Mama zum Papa und wieder zur Mama und wieder zum Papa und weitere fünfmal hin und her gereicht. Und was taten die beiden (neben Abküssen) unaufhörlich? Nein, eben nicht, sondern sie lachten. Von Tränen also keine Spur.
»Bist du traurig?«, fragte Theo die Mama mit kritischem Blick. »Nein«, erwiderte die Superpädagogin tapfer. »Überhaupt nicht.« – »Bist du traurig?«, fragte Theo den Papa mit skeptischem Blick. »Nein«,
Weitere Kostenlose Bücher