Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Theo

Titel: Theo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
bietet sich hier stets die beste Gelegenheit, etwas für die Stimmung zu tun. Denn unter uns: Besonders gut aufgelegt sind die Leute hier nicht. Und, auch wenn es unglaublich klingt: Gerade jene, deren Einkaufsfahrzeuge am schönsten gefüllt sind, die sich also am meisten freuen müssten, machen oft den zerstörtesten Eindruck. Wahrscheinlich unterhält sich keiner mit ihnen – aber das ändert sich schlagartig, wenn Theo ihr Nachbar in der Warteschlange ist.
    Ein Kassendialog mit Theo spielt sich in etwa folgendermaßen ab. Der Pädagoge am Einkaufswagen ist mit dem Auspacken der Waren beschäftigt, also abgelenkt. Theo kann sich ungestört einer ernsten (und somit aufheiterungsbedürftigen) Dame mit weißem Haar zuwenden und eröffnet mit seinem altbewährten Smalltalk-Leckerbissen: »Wer bist du?« Nehmen wir einmal an, sie antwortet. Und nehmen wir weiters an, sie antwortet: »Ich bin die Tante Maria.« So outet sich Theo traditionsgemäß: »Und ich bin der Theo.« – Habe die Ehre!
    Theo: »Was machst du da?« (Man muss es fragen, auch wenn man es weiß.) Maria: »Ich stelle mich an und warte, bis ich an die Reihe komme.« Theo (solidarisch): »Müss ma warten.« Pause. Theo (zeigt auf Marias vollen Einkaufswagen) und fragt: »Was hast du da?« Maria: »Ich habe eingekauft.« – Sie ist also ehrlich. Pause.
    Theo: »Tante Maria?« Maria: »Ja, Theo?« (Sofern sie sich den Namen gemerkt hat.) Theo: »Was hast du eingekauft?«Geschätzte 95 Prozent aller einkaufenden Marias greifen in dieser Situation auf ausweichende Allgemeinplätze wie »verschiedene Sachen«, »diverse Dinge« oder »ein paar Lebensmittel« zurück. Theo wertet dies als sympathisch hintergründige Aufforderung zum großen Billa-Waren-Quiz und beginnt in Marias Einkaufswagen von oben nach unten: »Was ist das?« – »Und was ist das?« – »Und was ist das?«
    Geschätzte 99 Prozent aller einkaufenden Marias haben aber offenbar ein Problem damit, alle ihre eingekauften Gegenstände beim Namen nennen zu müssen – und warten ungeduldig, bis Theos Pädagoge mit dem Auspacken fertig ist, um dem Spiel ein Ende zu bereiten.
    Bleibt Theo noch ein bisschen Zeit, kramt er ein letztes Mal seine Einkaufsliste hervor und führt mit Maria einen abschließenden Routine-Check durch: »Hast du Bananen?« (Fruchtzwerge, Kalbsleberstreichwurst, Mandarinen …) – Beide der möglichen Antworten sind ungünstig. Sagt Maria »Ja«, fragt Theo logischerweise: »Wo?« Hierbei könnte Maria vor den Augen und Ohren der vielen wartenden Kunden als Hochstaplerin entlarvt werden.
    Sagt Maria »Nein«, fragt Theo logischerweise: »Warum nicht?« – Und wie erklärt Maria einem kaufwütigen Dreijährigen, warum sie keine Bananen eingepackt hat? Weil sie ihr nicht schmecken?
    Wenn Theo seinen missionarischen Tag hat, kann sich Tante Maria dann Mahnungen wie »Bananen sindaber gesund!« oder »Bananen haben aber viele Vitamine, hat die Mama gesagt!« anhören.
    Überlassen wir die bananenlose Tante Maria ihrem Schicksal und wenden wir uns noch einer zweiten Kommunikationsform des im Einkaufswagen an der Billa-Kasse thronenden Theo zu. Sie tritt in Kraft, wenn er mehr an den Menschen interessiert und von den Gütern eher übersättigt ist (etwa weil er sich mit seinem Extrawurstblatt übernommen hat). Sein Bestreben ist es, die Leute, weil sie bei der Ausübung ein und desselben Hobbys nun schon einmal alle so nett beisammenstehen, miteinander bekanntzumachen. (Auch davon sollte der Einkaufspädagoge nichts mitbekommen, er mag solche Gesellschaftsspiele nicht besonders.)
    Zum Beispiel: Theo lernt einen Herrn Viktor kennen, dreht sich kurz von ihm weg und fragt eine andere Kundin: »Wer bist du?« Sie sagt: »Ich bin die Anna. Und wer bist du?« – Theo: »Ich bin der Theo.« Kurze Pause, dann beginnt das Spiel: »Und das ist der Herr Viktor!« (Zeigt auf ihn oder zupft an seinem Ärmel.)
    Herr Viktor nickt Anna schüchtern zu, bringt aber offenbar kein Wort heraus. Also muss Theo einspringen: »Der Herr Viktor war Billa einkaufen!«, erfährt Anna. »Die Anna war auch Billa einkaufen«, erfährt Herr Viktor. – Beide lächeln einander verlegen zu.
    Es funkt offenbar noch immer nicht. Also muss Theo weitermachen. »Was hast du eingekauft?«, fragt er die Kundin. Anna: »Milch, Brot und noch ein paar Sachen.«Theo zu Herrn Viktor: »Die Anna hat Milch, Brot und noch ein paar Sachen eingekauft. Hast du auch Milch, Brot und noch ein paar Sachen eingekauft?« Herr

Weitere Kostenlose Bücher