Theodor: Im Zeichen des Bösen (German Edition)
Landstreichers überzeugen willst“, sagte Henriece ohne mit der Wimper zu zucken.
Erneut sog Wesley die Luft tief in sich ein. „Auch das“, entgegnete er nur.
„Vielleicht weiß er, dass wir kommen“, meinte Henriece darauf, ohne ihn auch nur eine Sekunde lang aus dem Auge zu lassen.
Nun legte sich Wesleys Stirn in Falten. „Hat dir Charles Dean damals etwas von unterirdischen Gängen erzählt?“
Henriece schüttelte seinen Kopf. „Gibt es unterirdische Gänge?“
„Pater Athelwolds sagte mir einmal, dass es unter der Kirche geheime Gänge geben würde. Ich halte das aber für sehr unwahrscheinlich.“
„Warum?“ Henriece wusste sehr genau, dass Wesley nur ablenken wollte.
„Der Pater erzählte mir davon, als wir zusammen in der Stadt waren.“
Wieder ein Grollen. Diesmal hallte es von allen Seiten und der Wind nahm an Heftigkeit zu.
„Was hat Pater Athelwolds in der Stadt gewollt?“ Henriece schaute über sich. Der Himmel wurde dunkel.
„Genau weiß ich das nicht“, antwortete Wesley nachdenklich. „Vor der Bank of Melbourn habe ich ihn abgesetzt.“
Nun folgte ein ohrenbetäubender Donnerschlag, der seine letzten Worte teilweise übertönte. Der Wind wurde zum Sturm, in Sekundenschnelle war es finster um sie herum.
„Gehen wir zur Kirche“, sagte Henriece schnell. „Ein geheimer Gang – ich kann mir das sehr gut vorstellen.“
„Sollen wir nicht lieber zurück?“
„Nein, Joseph“, verneinte Henriece energisch. „Bill und Helen können sehr gut aufpassen. Lass uns jetzt in die Kirche gehen. Vielleicht finden wir dort den Landstreicher.“
Ich muss ihn finden, ging es ihm wieder und wieder durch den Kopf. Harry Bansly – ich muss ihn finden, bevor er Chrissie findet...
Wieder ein schnellend lauter Donner, daraufhin ein greller Blitz und schlagartig regnete es in Strömen. Das Gewitter war nun direkt über Harbourn.
Mit ausgreifenden Schritten rannten sie über den Parkplatz, an Bills Wagen vorbei in Richtung Park und dann zur Kirche.
Der Regen klatschte ihnen nur so ins Gesicht, es war schwer, etwas zu erkennen und Henriece rechnete jeden Augenblick damit, auf Rons Leiche zu stoßen. Der Leichnam war aber weg!
Auf einmal geschah Wesley ein Missgeschick. Er stolperte und fiel zu Boden.
Henriece half ihm auf. In diesem Moment zuckte ein heller Blitz durch den schwarzen Himmel. Für den Bruchteil einer Sekunde wurde eine Gestalt auf dem Parkplatz erhellt –
March …
Der Turm erschien in dem Blitzgewirr gespenstisch. Unheimlich – und unnahbar.
Hätten sie sich nochmals umgedreht, wäre ihnen March aufgefallen, die mit gehässiger Miene verfolgte, wie sie nacheinander in dem Gotteshaus verschwanden.
Henriece zog eine kleine Taschenlampe aus seiner Innentasche heraus.
„Gott sei Dank, sie geht noch“, atmete er auf, als der Lichtkegel auf den Boden fiel. „Habe schon befürchtet, sie wäre hinüber.“
Wesley griff nach seinem Revolver – er war weg.
„Verdammt“, entfuhr es ihm. „Der Revolver, er muss mir herausgefallen sein, als ich vorhin gestolpert bin.“
Henriece richtete den Schein seiner Lampe auf ihn. Wesleys Antlitz war aschfahl. Angst konnte er in seinen Augen lesen.
Aus seinem Hosenbund zog er dann das Athamé heraus und streckte es Wesley entgegen.
„Nimm es“, forderte er ihn auf, als Wesley nur zögernd danach griff.
„Und du?“
„Ich habe das hier.“ Er zeigte auf die drei kleinen Anhänger, mit denen Wesley jedoch nichts anzufangen wusste. Verwirrt umklammerte er den Schaft des Dolches. Henriece beobachtete jede seiner Bewegungen und ließ dann den Lichtkegel durch den kleinen Vorraum schweifen; bis hin zu der Tür in den Messesaal, die verschlossen war.
Die lauten Donnerschläge verschlangen jegliche Geräusche.
In flackerndem Kerzenlicht offenbarte sich am Ende des Messesaales der Altarbereich. Über dem Steintisch war ein riesiges schwarzes Tuch gelegt worden, das an allen vier Seiten bis zum Boden hinab reichte. Auf dem Tuch zeichnete sich in weißer Farbe ein Kreuz ab, das auf dem Kopf stand.
Das mächtige Kreuz Christi wurde ebenfalls von einem schwarzen Tuch verborgen.
„Was hat das zu bedeuten?“ Wesley wirkte angespannt. Henriece zog langsam die Tür hinter sich wieder zu.
„Das Böse lässt grüßen“, erwiderte er trocken und es war ihm verdammt ernst dabei. Schweigend musterte er die zeremonielle Darbietung einer antichristlichen Messe.
„Was jetzt?“, fragte Wesley, nachdem Henriece eine geraume Zeit nur
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