Theodor: Im Zeichen des Bösen (German Edition)
Wachstropfen, aus denen er schlussfolgerte, dass Wesley bereits hinabgestiegen war. Stufe für Stufe ließ er den Lichtstrahl hinab gleiten, bis sich das Licht in der Dunkelheit verlor.
Angestrengt starrte er in die Dunkelheit vor sich, bevor er den Gang betrat, der schon Hunderte von Jahren alt sein musste.
Aufmerksam schlich er vorwärts. Auf einmal sah er weit entfernt ein flackerndes Licht, das sich hin und her bewegte.
Den Schein seiner Lampe wieder auf die Wachstropfen gerichtet, hastete er weiter. Plötzlich blieb er stehen.
Rote Tropfen!
Sein Atem kam fast zum Stillstand.
Manche hatten sich mit dem Wachs vermischt, die rosarot in dem Lichtkegel schimmerten. Henriece bückte sich, um mit dem Finger an einem der Tropfen entlang zu streichen. Das Wachs war noch nicht völlig ausgehärtet.
Blut!, fuhr ihm durch den Kopf.
Aufgeregt leuchtete er seine Umgebung ab. An dieser Stelle gab es keine spitze Ausbuchtungen, an der sich Wesley hätte aufstoßen können. Auch konnte er an den seitlichen Wänden nichts Auffälliges erkennen.
Misstrauisch setzte er seinen Weg fort, dem flackerndem Licht entgegen, das in dieser sauerstoffarmen Luft nicht viel Nahrung zum Brennen hatte.
Jederzeit rechnete er damit, von dem Landstreicher überrascht zu werden.
Er muss hier sein! Irgendwo hier... Scarliet! Wesley hat ihn bestimmt gefunden. Oder er hat Wesley gefunden. Wesley ist verletzt, es muss sein Blut sein. Was, wenn der Landstreicher mit ihm dasselbe macht, wie mit Ron? Wenn er ihn umbringt..?
Angst schnürte ihm die Kehle zu.
Ein Verschlag, wie am Anfang des Ganges beendete den Höhlenweg. Er war nur angelehnt, die Blutstropfen führten hinaus. Behutsam, ohne Geräusche zu verursachen, drückte er die Holztür auf.
Ein Kellergewölbe! Mehrere Weinfässer standen darin. Spinnweben bedeckten die Decke; es roch muffig.
Einige Schritte weiter war eine weitere Tür, an der ein schmaler Lichtstreifen den Boden entlang fiel. Demzufolge war sie nur angelehnt.
Überaus vorsichtig öffnete er sie soweit, dass er hindurch schielen konnte. Ein schwach beleuchteter Vorkeller, von dem aus in weitere Räume gelangt werden konnte. Jedoch besaßen diese Räume keine Türen. Henriece wunderte sich, dass er keine Geräusche vernahm. Es war so still, als würde er sich allein in diesem Keller befinden. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sich niemand in der Nähe befand, schlich er weiter. Aber er wusste, dass sich noch irgendjemand hier befinden musste. Vielleicht war es der Landstreicher, der in der Dunkelheit auf ihn lauerte.
Die Blutspur führte quer durch den Vorkeller in einen kleinen Raum. Dort hörte sie auf.
Sehr langsam näherte er sich der Tür, die wie die vorigen auch nur angelehnt war. Auch hier fiel ein dünner Lichtstrahl durch den Spalt. Ein leises Geräusch, als würde jemand ein Blatt Papier, oder die Seite eines Buches umlegen.
In der einen Hand hielt er sein Amulett fest umklammert, mit der anderen öffnete er die Tür.
Das, was er zu sehen bekam, verschlug ihm die Sprache. Vor ihm eröffnete sich eine Bibliothek. Wesley stand vornübergebeugt an einem Tisch und blätterte in einem Buch.
Ringsum Regale mit unzähligen Büchern darin. Der Raum war nicht sehr groß, vielleicht fünf mal fünf Meter. Direkt gegenüber der Tür stand ein antiker Schreibpult und davor ein Schemel.
Durch Henriece lief ein Schauer nach dem anderen, als er sich das Pult und den Schemel betrachtete. Beides kam ihm vertraut vor – als würde es bereits zu seinem Leben gehören.
Links und rechts auf dem Tisch standen dicke, schon halb abgebrannte Kerzen. Die Kerzenständer sahen aus wie das Gebilde eines bunten Tropfsteins.
Erschrocken wandte Wesley sich um, als er Geräusche hinter sich vernahm.
„Tut mir leid“, entschuldigte Wesley sich sofort, als er Henriece sah. „Ich konnte einfach nicht anders. Ich habe etwas sehr Interessantes entdeckt – schau mal.“ Er zeigte auf ein großes, sehr altes Buch. „Wir befinden uns im Keller des Pfarrhauses. Ich glaube, das war es, was Pater Athelwolds entdeckt hatte.“ Er deutete auf Schriftrollen, die neben dem Buch lagen. Langsam kam Henriece dem Schreibpult näher, ohne seinen Blick von dem Möbelstück zu lassen.
„Ich kenne diesen Tisch“, hauchte er. „Ich bin mir ganz sicher, diesen Tisch schon einmal gesehen zu haben.“ Als sein Blick auf die Schriftrollen fiel, zuckte er abermals zusammen.
Mein Bruder ist um einiges älter als ich, erinnerte er sich;
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