Thondras Kinder - Am Ende der Zeit
nicht ganz sicher«, begann er, »aber wenn Rijana und Ariac meinen, Ursann wäre zu gefährlich, dann müssen wir es wohl versuchen.«
Broderick war der Erste, der ihm zustimmend auf die Schulter schlug. »Du wirst das schon machen. Und wenn nicht, dann werden wir dich in Stücke reißen und an die Krähen verfüttern«, fügte er augenzwinkernd hinzu.
Blodwin lachte laut auf. »Rudrinn ist der verflucht beste Pirat, den ich seit Kapitän Norwinn gesehen habe.« Dann blickte er sich nach den anderen Piraten um und rief: »Und wir sind ja auch noch da.«
»Gut, dann können wir euch notfalls auch an die Krähen verfüttern«, scherzte Broderick.
»Ha!« Blodwin stieß Broderick mit seinem Haken in die
Seite. »Wenn du nicht als verdammte Landratte geboren worden wärst, hättest du einen guten Piraten abgeben können.«
Also war es beschlossene Sache: Zuerst ging es nach Westen, dann nördlich um Ursann herum auf das Gebirge zu, das Ursann und Catharga trennte. Niemandem war wirklich wohl bei der Sache, aber es blieb wohl kein anderer Ausweg.
Das Wetter verschlechterte sich von Tag zu Tag, und die Fahrt erschien ihnen länger und länger. Alle waren froh, dass die Piraten bei ihnen waren. Selbst bei schlechtestem Wetter, Sturm und Regen schafften sie es, das Schiff auf Kurs zu halten, und hin und wieder konnte jemand Rudrinn am Steuer ablösen.
Je weiter sie nach Norden kamen, desto schwieriger wurde es, sich zu orientieren. Nur die Piraten kannten jetzt noch den Weg. Für alle anderen bestanden die Tage nur aus Regen, Sturm, dem ewigen Auf und Ab des Schiffes und Rudrinns Beteuerungen, auf dem richtigen Kurs zu sein.
An einem stürmischen Tag im ersten Mond des Herbstes klarte es dann doch endlich mal wieder auf. Doch mehr als Wasser war nicht zu sehen, und am wolkenzerfetzten Himmel zeigte sich nur hin und wieder die Sonne.
»Wo liegt denn Ursann?«, fragte Ariac zu Rudrinn gewandt, der mal wieder am Steuer stand.
Er deutete vage nach rechts. »Wir umsegeln es weiträumig, damit uns niemand sieht.«
Ariac war die Seefahrt noch immer nicht geheuer, und er wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich festen Boden unter den Füßen zu haben.
Plötzlich hörte man ein lautes, schrammendes Geräusch.
Rudrinn fluchte wüst und rief Ariac zu: »Halt das Steuer fest.«
»Aber ich kann doch nicht …«, begann dieser verzweifelt, doch Rudrinn war schon davongerannt. Also nahm Ariac
rasch das Steuer in die Hände, als die »Meernixe« sich bereits leicht nach rechts drehte. Er hielt das Steuerrad, so gut es ging, gerade in der Hoffnung, nichts falsch zu machen.
Rudrinn rannte zu den Klappen und stieg in den Bauch des Schiffes, wo er die anderen Piraten schon aufgeregt rufen hörte.
»Verfluchte Scheiße«, entfuhr es ihm, als er den gut zwei Hand breiten Riss in der rechten Seite des Schiffes sah, der sich beinahe über die ganze Länge zog. Meerwasser strömte herein, sodass die Piraten schon jetzt bis zu den Knöcheln im Wasser standen.
»Wir können das ausbessern, Rudrinn, kein Problem«, schrie Blodwin.
Rudrinn holte schnell die anderen zu Hilfe, und sofort begannen sie mit den Piraten zusammen, Bretter auf den Riss zu nageln und diesen mit Pech zu verschließen.
»Komm, Rijana«, sagte Saliah und schnappte sich einen Eimer. »Wir können Wasser schöpfen.«
Die Mädchen machten sich also an die mühsame Arbeit, aber das Wasser stieg zuerst schneller, als sie es über Bord kippen konnten. Doch bald hatten die Piraten eine Kette gebildet, sodass sie die Wassereimer schneller weiterreichen konnten, die Rijana und Saliah ihnen hinaufreichten. Die Übrigen kämpften darum, das Leck zu schließen.
Als der Tag sich bereits dem Ende zuneigte, war das Leck dicht verschlossen und jeder Helfer nicht nur bis auf die Haut nass, sondern vom kalten Wasser durchgefroren und erschöpft.
Rudrinn grinste, als er die klatschnasse Saliah sah, die mühsam die Leiter nach oben kletterte. Er hielt ihr die Hand hin und half ihr an Deck.
»Du bist also doch keine eingebildete, unnütze Adlige«, sagte er frech.
Saliah wollte gerade zu einer empörten Erwiderung ansetzen,
als Rudrinn ihr beruhigend die Hand drückte. »Das war ein Kompliment. Ich bin dir sehr dankbar. Ihr habt das wirklich gut gemacht.«
Überrascht runzelte Saliah die Stirn und schloss ihren Mund wieder. Zu verwirrt, um gleich antworten zu können, fuhr sie sich durch die wirren, klatschnassen Haare.
»Gut, dann antworte ich eben auf Piratenart.« Mit
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