Thondras Kinder - Am Ende der Zeit
bunten Tuch zurückgebunden.
Ein Pirat mit Augenklappe kam auf ihn zu und schlug ihm auf die Schulter. »Hättest wohl auch nicht gedacht, in deinem Alter schon Kapitän zu sein, hä?«
Stolz grinsend steuerte er aufs offene Meer hinaus. Dann seufzte er. »Ich befürchte nur, meine weitere Aufgabe liegt nicht auf dem Wasser, sondern an Land.«
»Ach was«, rief der Pirat. »Du bist Norwinns Sohn, du gehörst auf die See.«
»Aber ich gehöre auch zu den Sieben.«
»Davon verstehe ich nix«, murmelte der Pirat und schwankte zurück zu den Segeln.
Sie hatten die Ayrenn-Inseln erst seit zwei Tagen hinter sich gelassen, als plötzlich Lucad, ein kleiner, magerer Pirat, der kaum das Mannesalter erreicht hatte, vom Aussichtskorb herunterschrie: »Wenden! Wenden! Scurrs Männer scharf steuerbord!«
Ohne lange zu überlegen, riss Rudrinn das Steuer herum, und die Piraten beeilten sich unter großem Geschrei, die Segel in die richtige Position zu bringen. Falkann und die anderen rannten ans Heck des Schiffes, verzweifelt bemüht, in dem diesigen Licht des beginnenden Morgens etwas zu erkennen.
»Wo soll denn da ein Schiff sein?«, fragte Broderick und kniff die Augen zusammen.
Rudrinn steuerte das Schiff geschickt in Richtung Westen zurück. Zum Glück war der Wind auf ihrer Seite, sodass sie rasch vorankamen. Nach einiger Zeit verließ Rudrinn das Steuer, um den aufgeregten Lucad zu befragen, der immer wieder bei seiner Piratenehre beteuerte, ein Schiff mit roten Segeln gesehen zu haben.
Rudrinn glaubte ihm. »Dann können wir nicht in Richtung Teufelskralle segeln.«
»Was will Scurr denn dort?«, fragte Tovion.
Rudrinn zuckte die Achseln. »Vielleicht will er nach Silversgaard, dann wäre das für ihn der einfachste und direkteste Weg.«
Blodwin kam zu ihnen und fluchte lauthals über König Scurr. Dann sagte er: »Ich befürchte, wir müssen euch an der Küste von Ursann absetzen.«
Rijana erschrak, und auch Ariac wurde auf einmal ganz bleich im Gesicht.
»Nicht nach Ursann, ich will nie wieder dorthin zurück«, stieß Rijana mit Panik im Blick hervor.
»Aber durch die Teufelskralle können wir nicht. Wer weiß, wie viele von Scurrs Schiffen davor kreuzen. Und Silversgaard können wir auch nicht umsegeln, um in Balmacann an Land zu gehen, denn dort lauern Greedeons Leute«, wandte Rudrinn ein.
»Rijana hat Recht«, bestätigte Ariac. »Wir können nicht nach Ursann. Die Küste wird streng bewacht. Überall lauern Orks, die jeden Eindringling gleich bemerken und erledigen. Das ist viel zu gefährlich.«
»Aber was bleibt uns anderes übrig?« Rudrinn war gereizt.
»Vielleicht können wir ganz nach Süden segeln, Camasann umfahren und im Land der Elfen anlegen«, schlug Saliah vor.
»Das würde viel zu lang dauern«, seufzte Broderick und erhielt Zustimmung von den anderen.
Blodwin kaute auf etwas Tabak herum und spuckte anschließend direkt vor Saliahs Füße, die mit einem angeekelten Quietschen zurücksprang.
»Ihr könntet nördlich von Ursann an Land gehen«, er hob seine eine Hand, als Rudrinn den Mund aufmachte. »Ich weiß, dass es verdammt gefährlich ist, aber im Norden wird Scurr nicht so sehr aufpassen, und ihr wärt bald in Catharga.«
»Schon, nur das Meer nordwestlich von Ursann wird nicht umsonst als ›Die See der Verdammten‹ bezeichnet«, wandte Rudrinn mit gerunzelter Stirn ein und erklärte weiter:
»Scharfe Riffe, Untiefen und die raueste See, die ihr euch vorstellen könnt. Außerdem ist es schon Spätsommer, da beginnen bald die Herbststürme.«
Außer Rudrinn kannte sich niemand wirklich gut in der Seefahrt aus, daher waren sie unsicher. Auch die Piraten begannen zu diskutieren. Die meisten versuchten, Rudrinn zu überzeugen. Der machte jedoch ein skeptisches Gesicht und wirkte besorgter, als es normalerweise für ihn typisch war.
»Jetzt komm schon, Junge, du bist mit zehn Jahren durch die Teufelskralle gefahren, da wirst du doch die See der Verdammten bezwingen können«, schloss Blodwin. Die meisten der anderen Piraten brummten zustimmend.
Rudrinn fuhr sich durch die Haare. Er traute es sich schon zu, dieses Meer zu befahren, aber es ging hier schließlich nicht nur um ihn. Seine Freunde, und vor allem die Mädchen, wollte er nicht in Gefahr bringen.
»Wir sollten Rudrinn entscheiden lassen«, sagte Saliah plötzlich und lächelte ihm aufmunternd zu. »Er kann es am besten einschätzen, und ich vertraue ihm.«
Rudrinn lächelte zögernd zurück. »Ich bin mir
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