Thondras Kinder - Am Ende der Zeit
machte sich dann seufzend auf den Weg über eine steinige Ebene in Richtung der langsam vor ihnen ansteigenden Berge. Südlich ragten die unwirtlichen, düsteren Berggipfel Ursanns auf. Wie ein böses Versprechen hingen drohende dunkle Wolken über ihnen. Dort lebte König Scurr, der ärgste Feind der Sieben und aller
freien Völker; ihn mussten sie bezwingen, sonst wäre die Welt seiner sich ausbreitenden Gewaltherrschaft schutzlos ausgeliefert.
Heftiger Regen und ein kalter Wind erschwerte ihnen das Gehen. Die Elfenmäntel wärmten zwar, aber nur Rijanas und Ariacs hielten wirklich dicht, denn ihre waren neu. Die beiden hatten auf ihrer ersten Flucht den König vom Mondfluss, einen uralten Elfen, kennen gelernt, der ihnen geholfen und unter anderem die Mäntel geschenkt hatte. Ihr Angebot, die Mäntel an die anderen auszuleihen, lehnten diese ab.
Die hohen Berge des nördlichen Gebirges ragten nun steil vor ihnen auf, und an den wenigen klaren Tagen sah man, dass bereits Schnee auf den Gipfeln lag. Der Aufstieg war hart und beschwerlich. Die Felsen waren scharfkantig und rutschig, und nicht immer fanden sie einen Pfad, der sie weiterbrachte. Als sie nach einem ganzen Tag anstrengendem Aufstieg plötzlich vor einer senkrecht aufragenden Felsmauer standen, verließ sie kurz der Mut. Sie ließen sich im Schutze der Felsen erschöpft auf den Boden sinken und tranken aus ihren Wasserschläuchen.
»Heute können wir nicht weiter«, keuchte Tovion und blickte in den bereits dunkler werdenden Himmel.
Dem konnte niemand widersprechen, denn weiter wollte an diesem Abend keiner. Nachdem sie ein wenig Brot und zähes Räucherfleisch gegessen hatten, wickelten sie sich in ihre Umhänge und Decken.
Ariac nahm Rijana in den Arm und schmiegte sich an sie. »Ist dir sehr kalt?«, fragte er leise.
»Wenn du bei mir bist, nicht.«
Zufrieden lächelnd breitete er die Decke über sie beide, dann schloss er die Augen. Seine Wache würde erst später beginnen.
Broderick, der mit Falkann gemeinsam die erste Wache
hielt, sah, wie sein Freund die beiden beobachtete. »Du wirst schon noch ein Mädchen finden.«
Falkann seufzte nur und blickte in die Dämmerung hinaus. Dieses Gebirge hatte eine eigenartig unheimliche und finstere Ausstrahlung. Soviel er wusste, war es von Menschen unbewohnt. In früherer Zeit sollten hier Drachen gelebt haben, aber die waren schon lange ausgestorben.
In der Nacht fielen die ersten Schneeflocken leise zu Boden, sodass am Morgen, als alle steif gefroren aufwachten, der gesamte Boden mit Schnee bedeckt war. Sie konnten nur hoffen, weiter im Süden einen Weg nach oben zu finden.
Der Schnee und die bittere Kälte erschwerten den Marsch noch zusätzlich. Ariac hatte Rijanas Hand genommen, damit sie nicht zurückfiel. Die anderen achteten auf Saliah. Aber nicht nur die Mädchen waren am Ende ihrer Kräfte. Der Aufstieg forderte die Ausdauer eines jeden Einzelnen bis an seine Grenzen.
Es musste wohl etwa der Tag des Herbstfestes sein, als sie endlich einen der niedrigeren Gipfel des Gebirges erklommen hatten und unter sich in der Ferne die Ebenen von Catharga erblickten. Sie lächelten sich mit geröteten Gesichtern erschöpft zu und feierten diesen Abend im Schutze einer kleinen Höhle mit etwas Rum aus Rudrinns Vorrat.
»Den habe ich extra aufgehoben«, verkündete er. »Ich weiß zwar nicht, ob heute wirklich das Neujahrsfest ist, aber egal.« Er grinste breit in die Runde. »Das ist das beschissenste Neujahrsfest, das ich jemals erlebt habe.«
Die anderen lachten, nur Ariac wirkte nachdenklich – dieses Neujahrsfest war das angenehmste, das er seit seiner Zeit in der Steppe erlebt hatte. Rijana, die seinen Blick sah, drückte seine Hand und lächelte ihn an.
Deine nächsten Neujahrsfeste werden noch viel schöner werden, bedeutete sie ihm.
Nachdem Rudrinn die Flasche mit dem Rum durchgegeben
hatte, saßen alle hustend und mit hochroten Köpfen da. Doch dann spürten alle die angenehme Wärme von innen, die sie an Feste in Camasann erinnerte, von denen sie nun nacheinander erzählten. Und obwohl Ariac nicht mitreden konnte, musste auch er herzlich lachen, als Rudrinn davon berichtete, wie Broderick mit Zauberer Tomis getanzt hatte.
Broderick verschränkte beleidigt die Arme. »Dieses Erlebnis werde ich niemals vergessen. Du meine Güte, ich dachte, ich versinke im Boden vor lauter Scham.« Dann grinste er Rudrinn zu und erzählte seinerseits zufrieden, wie Rudrinn getobt hatte, als man ihn
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