Thondras Kinder - Am Ende der Zeit
kleinem Sohn, seinem Ziehvater und über hundert Männern aus Errindale zurück. Schon unterwegs hatten sie erfahren, was passiert war.
Falkann sah Rijana, wie sie in der Höhle am Feuer saß und in die Flammen starrte. Ihre langen Haare hingen zottelig und stumpf vor ihrem Gesicht. Aber das Schlimmste waren ihre
Augen. Er glaubte, niemals einen traurigeren Menschen gesehen zu haben. Dann nahm er sie einfach in den Arm.
»Rijana, es tut mir leid, das musst du mir glauben, ja?«
Sie zuckte die Achseln und sagte mit gesenktem Blick: »Er kommt zurück, ich weiß es.«
Falkann wirkte ein wenig verwirrt, aber Nelja schüttelte nur traurig den Kopf. Niemand hatte Rijana bisher von ihrer Hoffnung auf Ariacs Rückkehr abbringen können.
Als der Sommer schon den zweiten Mond erreicht hatte, kehrten zur allgemeinen Erleichterung auch Saliah und Rudrinn zurück. Sie hatten die Piraten gefunden, die nun versuchen wollten, König Scurrs Schiffe zu entern.
»Diese Feuerkatapulte sind wirklich Teufelswerk«, schimpfte Rudrinn und nahm einen tiefen Schluck Wasser. Er und Saliah waren viele Tage beinahe ohne Pause geritten. »Selbst die Piraten haben Respekt davor, und das will etwas heißen.«
»Werden sie es schaffen?«, schnarrte Tomis.
Rudrinn grinste. »Natürlich, nicht umsonst ist mein Vater als Schrecken der Meere bekannt – der macht auch vor Scurr nicht Halt.«
Er ging zu Rijana hinüber, die zusammengekauert in einer Ecke saß. »Wie geht es dir?«
Sie zuckte die Achseln und sagte nur emotionslos: »Schön, dass du wieder hier bist.«
Saliah erzählte den anderen gerade, wie freundlich die Piraten sie aufgenommen hatten. »Sie sind wirklich herzlich, wenn auch etwas rau, na ja, ich glaube, ich könnte mich an sie gewöhnen.« Dann wurde ihr Blick nachdenklich. »Was ist denn mit Rijana? Geht es ihr schon etwas besser?«
Traurig schüttelte Tovion den Kopf. »Nein, sie wartet noch immer auf ihn. Wir wissen auch nicht mehr, was wir noch machen sollen.«
Saliah seufzte. »Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich mit Rudrinn so glücklich bin.«
»Das brauchst du nicht.« Nelja legte der Freundin einen Arm um die Schultern.
In den Höhlen in Gronsdale wurde es im Laufe des Sommers immer enger, denn mittlerweile lebten hier etwa fünfhundert Männer und Frauen.
Tovions Vater hatte Unterstützung erhalten und arbeitete nun fieberhaft an neuen Waffen und Rüstungen. Aus einer der Höhlen drang beinahe Tag und Nacht das Geklirr von Hämmern, die Stahl und Eisen bearbeiteten.
Weitere Verbündete waren in den Ländern unterwegs und hielten dort Ohren und Augen offen. Es gab Gerüchte, dass König Greedeon Männer nach Ursann schicken wollte, aber sicher war das nicht. Dass an den Küsten Segelschiffe mit den roten Segeln König Scurrs patrouillierten, war allerdings eine Tatsache. Rudrinn erhielt hin und wieder Nachrichten durch einen Falken, es sah nicht gut aus. Nur ein Schiff hatten die Piraten bisher kapern können, dafür jedoch zwei eigene verloren.
Als der Sommer am heißesten war, kam eines Tages ein Bote zum Versteck in Gronsdale.
»König Scurr fordert uns heraus«, rief er schon von weitem.
Tatsächlich hatte sich im ganzen Land die Kunde verbreitet, dass König Scurr im letzten Sommermond die Sieben und ihre Anhänger in der Steppe, nah bei Gronsdale, herausfordern wollte.
»In der Steppe? Was im Namen der Götter will er denn in der Steppe?«, fragte Brogan.
»Dazu wird er durch Balmacann reisen müssen«, knurrte Londov, »und Greedeon wird ihn nicht aufhalten.«
»Verdammt, wir müssen all unsere Männer zusammentrommeln«, rief Brogan. »Die Zeit wird knapp.«
»Wir brauchen die Unterstützung der Steppenleute«, sagte Saliah vorsichtig, und Rijana zuckte zusammen.
»Ich würde sie allein nicht finden«, erwiderte Rijana mit leiser Stimme, »aber wenn Ariac erst einmal wieder hier ist, dann gehen wir gemeinsam.«
Saliah schloss die Augen und senkte den Kopf. Es war zwecklos.
Sofort wurden hektische Vorbereitungen getroffen. König Algrim hielt seine Krieger ebenfalls bereit, aber alle hatten Angst, dass das nicht genügte.
König Scurr war mit seinen Soldaten durch Balmacann und das Donnergebirge bis an den Rand der Steppe gereist. König Greedeon hatte ihm sogar Unterkünfte und Essen zur Verfügung gestellt. Es war zwar keine große Armee, nur etwa achthundert Soldaten, aber im nördlichen Gebirge lauerte eine weitaus größere Streitmacht von Orks, Soldaten und
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