Thondras Kinder - Am Ende der Zeit
auch hierbleiben. Sie werden sicher alle wohlbehalten zurückkehren.«
Rijana hob den Kopf und presste mit dünner Stimme hervor: »Das hat Ariac damals auch gesagt.«
Kalina schloss die Augen und lehnte sich gegen die Wand. Auch sie hatte Angst, Broderick nie mehr wiederzusehen. Aber sie bemühte sich zu lächeln, als der kleine Norick sie mit großen Augen ansah.
»Dein Vater kommt bald zurück, und jetzt geh spielen.«
Der Kleine nickte und lief mit seinen kurzen, kräftigen Beinen davon.
Für eine so große Gruppe von über achthundert Mann war es nicht einfach, unentdeckt zu reisen, daher hatten sie beschlossen, sich aufzuteilen. Überraschenderweise trafen sie weder in Northfort noch in Gronsdale auf Widerstand, was für Nervosität sorgte. König Algrim hatte sich ebenfalls mit seinen Kriegern angeschlossen. Der König von Errindale, König Reenor, hielt sich noch im Hintergrund. Er würde an der Grenze zwischen Northfort und Errindale warten, denn er sollte noch unerkannt bleiben und nur im Notfall eingreifen. König Reenor befehligte noch einmal etwa vierhundert Krieger.
Die Reise an den Rand der Steppe war eine quälende Angelegenheit. Alle schwitzten furchtbar in ihren Kettenhemden und Rüstungen. Jeder hoffte sehnlichst auf Regen.
Rijana war nicht wie verabredet in den Höhlen geblieben. Eines Nachts hatte sie sich fortgeschlichen und war mit Lenya und Nawárr den anderen hinterhergeritten. Seitdem Ariac fort war, war der Hengst immer in Lenyas Nähe geblieben. Rijana musste sehr aufpassen, um nicht entdeckt zu werden, denn die anderen hätten sie nur fortgeschickt. Sie wusste selbst nicht,
was mit ihr los war. Ihr Verstand sagte ihr, dass Ariac nicht mehr lebte, aber ihr Herz sagte etwas anderes.
Es war brütend heiß, selbst in den dichten Wäldern. Wenn Rijana richtig gerechnet hatte, konnten es höchstens noch ein bis zwei Tagesritte bis zum Treffpunkt am Rande der Steppe sein. Rijana machte mit den beiden Pferden an einem kleinen, beinahe ausgetrockneten Bachlauf Rast und wusch sich den Schweiß von der Stirn. Alles war ruhig in der flirrenden Hitze, und sie wurde schläfrig. Plötzlich sah sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung und fuhr auf. Auch die Pferde wurden nervös und schnaubten. Rijana schlich vorsichtig durchs Unterholz und packte ihr Schwert fester. Als sie einen kleinen Abhang hinuntersah, erkannte sie eine große Gruppe von Orks unter der Leitung eines Soldaten in rotem Umhang. Sie bewegten sich von Norden her auf das Buschland zu.
Verdammt, sie wollen uns von hinten angreifen, dachte Rijana und fasste einen Entschluss.
Sie musste die anderen warnen, sonst würden sie am Ende hinterrücks erschlagen werden. Rijana schlich zu den Pferden zurück, schwang sich in Lenyas Sattel und galoppierte, gefolgt von Nawárr, weiter in Richtung Osten. Am Abend hatte sie die etwa zweihundert Mann, die von Brogan angeführt wurden, erreicht. Erschrockene Rufe tönten ihr entgegen, als sie in das kleine Lager gestürmt kam, aber dann erkannte man sie.
Brogan stapfte zornig auf sie zu, doch Rijana rief gleich atemlos: »Bitte, Brogan, sei nicht wütend, von Norden her nähern sich Orks. Ich glaube, sie wollen euch von hinten angreifen.«
»Ich werde sofort einige Männer schicken, die sollen König Reenor und seine Leute verständigen, damit die sie unschädlich machen können«, rief Brogan und eilte mit wehendem Umhang davon.
»Was machst du denn hier?«, fragte Falkann vorwurfsvoll
und führte Rijana zum Lagerfeuer, wo gerade Essen ausgeteilt wurde.
»Ich wollte eben bei euch sein.« Erleichtert trank Rijana etwas frisches Wasser. Obwohl es nun Abend war, war es immer noch sehr warm.
»Wir können sie nicht mehr zurückschicken«, stellte Broderick mit gerunzelter Stirn fest, »das wäre zu gefährlich.«
Die anderen stimmten ihm zu, aber Rijana entgegnete entschieden: »Ich hätte mich sowieso nicht zurückschicken lassen. Ich gehöre doch zu euch.«
»Aber du hältst dich zurück und machst nicht irgendwelche dummen Sachen«, verlangte Rudrinn ernst. »Ariac hätte das auch nicht gewollt.«
Rijana senkte den Kopf und nickte.
»Ich halte mich von König Scurr fern, versprochen.«
Die anderen zweifelten daran jedoch immer noch etwas, sodass jeder sich insgeheim versprach, gut auf Rijana zu achten.
Als Brogan zurückkehrte, ermahnte er sie ebenfalls noch einmal, nichts zu riskieren. Ihm gefiel es zwar auch nicht, dass Rijana sie nun begleiten würde, aber jetzt war daran nichts
Weitere Kostenlose Bücher