Thondras Kinder - Roberts, A: Thondras Kinder
uns«, sagte er, noch immer etwas fassungslos. »Was hattest du denn für eine Vision?«
Sie erzählte ihm alles bis auf die Sache mit den Runen, die Warga ihr geworfen hatte.
Ariac staunte und bewunderte das kunstvolle Gemälde. »Leá hat keinen Ton gesagt«, murmelte er missbilligend.
»Deine Schwester ist in Ordnung«, sagte Rijana bestimmt. »Sie weiß, wann sie schweigen muss.«
Ariac nickte vorsichtig und streichelte ihr sanft über das Gesicht, dann gab er ihr einen etwas unsicheren Kuss, der immer leidenschaftlicher wurde, als er merkte, dass sie ihn erwiderte.
Er hielt inne und sagte ernst: »Aber wir können noch nicht gleich heiraten, du bist noch zu jung. Erst mit neunzehn Jahren bist du erwachsen, und wir müssen ohnehin das eine ›Jahr der Bewährung‹ hinter uns bringen.«
»Was ist denn das?«, fragte sie überrascht.
Er lehnte sich an einen Stein und zog sie zu sich herüber.
»Wir leben einige Monde zusammen, dann müssen wir uns für einige Zeit trennen, und wenn wir dann noch immer heiraten wollen, dann können wir das tun.«
Rijana zog die Augenbrauen zusammen. »Das mit dem Trennen gefällt mir nicht.«
Er lächelte und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Es müssen mindestens zwei Monde sein, oder auch mehr, das kann jeder selbst entscheiden.«
Seufzend lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter. »Na gut, von mir aus.« Dann grinste sie jedoch. »Aber die Gesetze der Arrowann sind trotzdem besser als die der anderenVölker. Dort hätte ich mindestens warten müssen, bis ich zwanzig bin.«
Ariac lächelte zufrieden und gab ihr einen Kuss. »Dann können wir aber froh sein, dass wir in der Steppe sind.«
»Ich bin glücklich«, sagte sie seufzend. »Ich wünschte, wir könnten immer hierbleiben.«
Ariac nickte, das wünschte er sich ebenfalls, aber er wollte jetzt nicht über traurige oder beunruhigende Dinge nachdenken.
»Jetzt habe ich einen Bärenhunger«, sagte er bestimmt und verzog anschließend das Gesicht. »Vorhin hatte ich einen dicken Kloß im Hals.«
Rijana lachte leise, und sie machten sich über ihren Proviant her, während die Pferde ganz in der Nähe grasten und leiser Wind durch das Steppengras strich.
Es war ein wunderschöner, friedlicher Tag in dem kleinen Tal. Ariac und Rijana lagen Arm in Arm in der Sonne und beobachteten die Wolken, die am Himmel vorbeizogen.
Als die Schatten länger wurden, sagte Ariac seufzend: »Wir müssen wohl langsam zurückreiten.«
»Schade«, sagte Rijana, »ich wäre gerne hiergeblieben.«
»Wirklich?«, fragte er überrascht.
Sie nickte und sah ihm tief in die Augen.
»Wir könnten schon …«, begann er unsicher, »ich meine, wenn du allein mit mir hierbleiben willst?«
Rijana grinste. »Ich war den ganzen Weg von Balmacann her mit dir allein.«
»Das war etwas anderes«, erwiderte er ernst.
Rijana hob nun frech die Augenbrauen. »Wirklich?«
Er schluckte. »Rijana, ich werde nichts tun, was du nicht willst. Und ich weiß nicht, was dir in Grintal oder auf Camasann beigebracht wurde …«
Sie unterbrach ihn und legte ihm einen schlanken Finger auf die Lippen. »Ich bin jetzt eine Arrowann. Es ist gleichgültig, was mir früher beigebracht wurde. Erzähle mir, wie es bei euch Sitte ist.«
Zu seinem Ärger wurde Ariac ein wenig rot, was man in der einsetzenden Dämmerung aber zum Glück nicht sah.
»Na ja, wenn man sich entschieden hat, das Jahr der Bewährung zu beginnen, dann, ähm, na ja, also, es ist uns erlaubt, wie Mann und Frau zu leben.« Er blickte sie erschrocken an. »Aber wir können auch warten, bis wir verheiratet sind, wenn dir das lieber ist.«
Sie blickte ihn kurz an und schüttelte dann den Kopf. »Nein, das ist es mir nicht.«
Sie umarmte ihn fest. »Wir gehören doch zusammen.«
Ein leiser, milder Wind strich durch das Gras, und dies war eine der friedlichsten Nächte, welche die Länder in den letzten Jahren gesehen hatten.
Als der Morgen dämmerte, streichelte Ariac Rijana vorsichtig über das Gesicht. Sie drehte sich um und lächelte ihn glücklich an.
»Siehst du«, sagte er lächelnd. »Ich habe immer gesagt, dein Haar hat die Farbe vom Steppengras im Herbst.«
Rijana runzelte die Stirn und blickte von ihren Haaren auf das hellbraune Gras, das im leisen Wind wogte.
»Hmm, aber ich hätte lieber Haare wie deine Schwester.«
Ariac schüttelte missbilligend den Kopf und zwickte sie in die Nase. »Du bist wunderschön, und zwar genau so, wie du bist. Und lass dir nie wieder von
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