Thondras Kinder - Roberts, A: Thondras Kinder
erschienen.
»Das ist keine Legende, es gibt sie wirklich«, erklärte der Zauberer gelassen, und der Pirat spuckte auf den Boden. »Ich würde Euren Sohn gerne mit in unsere Schule nach Camasann nehmen«, fuhr Brogan fort.
»Ha!« Der Pirat lachte dröhnend und schüttelte den Kopf. »Mein Sohn? Er ist ein Pirat und nicht einer von euren …«, er verzog spöttisch seinen Mund, »… edlen Kriegern, die im Sinne der Gerechtigkeit kämpfen. Nein, vergesst das gleich!«
Brogan betrachtete den Piraten eindringlich, sodass dieser die Stirn runzelte.
»Euer Sohn hat ein seltenes Kampfgeschick, das sicher bekannt werden wird. Auch König Scurr wird davon erfahren und ihn dann zu sich holen. Und, glaubt mir, Scurr fragt nicht, er nimmt. Möchtet Ihr wirklich, dass Euer Sohn nach Naravaack kommt?«
Der Pirat fuhr sich über den schwarzen Bart und runzelte angestrengt die Stirn. »Wir werden zu den Ayrenn-Inseln zurückkehren,
Scurr wird nicht von uns hören«, erwiderte er, obwohl das jetzt schon nicht mehr so selbstsicher klang.
Brogan blickte dem Piraten noch eindringlicher in die Augen. »Scurr hat seine Spitzel überall. Er wird den Jungen finden, seinen Willen brechen und ihn zu einer hirnlosen Tötungsmaschine machen, so wie er es mit allen Jungen vorher getan hat.«
Kapitän Norwinn schluckte. Selbstverständlich kannte er die Geschichten, und das eine oder andere Mal hatte er die »Blutroten Schatten« auch bereits gesehen. Sie waren gnadenlos und dienten ihrem König mit Leib und Seele. Der Pirat war hin- und hergerissen. Natürlich wollte er nicht, dass Rudrinn in König Scurrs Hände fiel, aber nach Camasann wollte er ihn genauso wenig schicken. Er dachte angestrengt nach.
»Rudrinn soll selbst entscheiden«, verkündete der Kapitän schließlich.
Brogan nickte zufrieden. Er ließ den Jungen holen und erzählte ihm alles ohne Umschweife. Am Ende sagte er: »Solltest du keiner der Sieben sein, wird dich niemand aufhalten, wenn du deinen siebzehnten Geburtstag gefeiert hast und zurück zu den Piraten möchtest. Wie alt bist du denn, mein Junge?«
Rudrinn hatte das alles fassungslos mit angehört. »Zwölf Jahre«, stammelte er.
Brogan nickte. »Gut, dann sind es nur fünf Jahre auf der Insel für dich. Du wirst ein guter Kämpfer werden, danach kannst du tun, was du willst. Findet Scurr dich, wirst du für immer sein Sklave sein.«
Der junge Pirat wusste gar nicht, was er denken sollte. Er hatte nie Zweifel daran gehegt, wie sein Vater und Generationen vor ihm Pirat zu werden. Auch er wollte Handelsschiffe ausrauben, welche die Hafenstädte von Balmacann ansteuerten, oder die großen Frachtschiffe überfallen, die Silversgaard
verließen, wo Eisen, Gold, Silber und Kupfer abgebaut wurde. Ein Krieger in Camasann zu werden, der für Gerechtigkeit kämpfte, das konnte er sich nicht vorstellen. Hilfesuchend blickte er seinen Vater an, doch der wusste selbst nicht, was er sagen sollte.
»Ich will ein Pirat sein! Das ist mein Leben!«, sagte der schwarzhaarige Junge mit den zotteligen Haaren überzeugt.
»Wie gesagt«, erwiderte Brogan ernst. »Niemand wird dir bei uns auf Camasann verbieten, dieses Leben erneut aufzunehmen, wenn du erst siebzehn Jahre alt bist und du es dann noch immer führen willst.«
Rudrinn kämpfte mit sich, was man an seinen Gesichtszügen genau sehen konnte. Schließlich blickte er seinen Vater ein wenig ängstlich an. »Vater, soll ich mit ihm gehen?«
Der Pirat fluchte leise vor sich hin und spuckte auf den Boden. Schließlich nickte er, konnte seinem Sohn aber nicht in die Augen sehen, als er sagte: »Besser Camasann als Naravaack. Und du wirst zu uns zurückkommen, du weißt ja, wo du uns findest.«
Brogan schloss für einen Augenblick dankbar die Augen. Er hatte schon befürchtet, dass der Pirat sich dagegen entscheiden würde.
Rudrinn schluckte ein paar Mal schwer, dann richtete er sich zu seiner vollen Größe auf. »Gut, ich gehe mit Euch, aber nur für fünf Jahre«, sagte er fest.
Brogan nickte freundlich. »Sehr gut, ich werde dir ein Pferd besorgen, dann brechen wir gleich auf.«
»Ich stehle ihm eins«, knurrte sein Vater, doch Brogan hielt ihn auf.
»Nein«, meinte er lächelnd, »dort, wo Euer Sohn hinkommt, ist so etwas nicht üblich. Ich werde eines kaufen.«
Kapitän Norwinn verzog angewidert den Mund und umarmte seinen Sohn fest. »Aber lass so etwas nicht einreißen, und bleib, wie du bist!«
Rudrinn nickte, dann ging er mit dem Zauberer, der die kleine
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