Thondras Kinder - Roberts, A: Thondras Kinder
standen in Reih und Glied. Worran verteilte Holzschwerter. Die älteren Jungen sollten die Neuen angreifen.
»Du bist zu spät, deswegen bekommst du keines«, sagte Worran verächtlich zu Ariac. Offensichtlich freute er sich schon darauf, dass einer der Sechzehnjährigen ihn gehörig verprügeln würde.
Doch Ariac gönnte ihm das Vergnügen nicht. Er hatte gelernt, auch ohne Waffen zu kämpfen. Nach kurzer Zeit hatte er, obwohl er wesentlich kleiner war, den anderen Jungen zu Boden geworfen und ihm sein Schwert abgenommen. Er konnte sich einen triumphierenden Blick zu Worran hin nicht verkneifen, der knallrot vor Wut war und nun dem Besiegten ein hölzernes Trainingsschwert zuwarf.
König Scurr trat groß und unheimlich aus dem Schatten heraus. Er stellte sich neben Worran, der vor Wut schnaubte.
»Der Steppenjunge ist gut«, sagte Scurr mit seiner kalten Stimme.
»Ein arroganter, wilder Bastard«, spie Worran aus.
»Das mag sein, aber er hat Talent. Breche seinen Willen, aber bring ihn nicht um! Am Ende ist er einer der Sieben«, befahl der König.
Worran spuckte auf den Boden. »Das hoffe ich nicht!« Scurr packte den grobschlächtigen Mann am Arm. »Das wissen wir aber erst in einigen Jahren. Du weißt, du darfst keinen töten, bevor er nicht siebzehn ist, sonst wirst du es bereuen!«, drohte der König.
Worran nickte rasch. König Scurr war einer der wenigen Menschen, vor denen er Angst hatte. Sosehr es ihm missfiel, er würde diesen unverschämten Jungen am Leben lassen müssen.
Bis die Sonne unterging, dauerte das Training, und Worran war mehr als streng mit seinen Untergebenen. Endlich gab er das Kommando aufzuhören, und die Jungen ließen sich erleichtert auf den staubigen Hof fallen.
»Es gibt gleich Abendessen«, blaffte der Ausbilder, »danach müssen die Ställe ausgemistet, das Vieh gefüttert und getränkt werden.«
Hier und da hörte man unterdrücktes Stöhnen, woraufhin Worran mit zusammengekniffenen Augenbrauen herumfuhr.
Nun wagte es niemand mehr, auch nur zu atmen. Die Jungen schlichen müde in den großen Speisesaal. Nur Ariac blieb allein im Hof zurück. Er wusste, dass er nichts bekommen würde, und schöpfte mit der Hand nur etwas Wasser aus dem Brunnen. Dann blickte er in den blutroten Abendhimmel und wünschte sich nichts sehnlicher, als zu Hause auf der Steppe zu sein.
Irgendwann erschienen die Jungen wieder und gingen hinaus vor das Burgtor. In ärmlichen Baracken waren Pferde, einige Kühe und Schafe untergebracht. Schweigend machten sich die Jungen daran, die Ställe auszumisten, Wasser zu holen und die Tiere zu füttern. Allen taten die Knochen weh, doch als sich ein kleiner Junge beschwerte, wurde er sofort dazu verdonnert, allein Wasser in die Burg hinaufzubringen. Ariac wusste, dass für ihn noch lange nicht das Ende des harten Tages erreicht war. Nachdem die Tiere versorgt waren, kehrte Worran mit einem erwachsenen Krieger zurück. Der Mann hatte eine lange Narbe über der Stirn und sah so finster und kalt aus wie alle anderen von König Scurrs Männern.
»Hier, Tovan wird dich zu den Türmen begleiten, und schlaf ja nicht ein, sonst wirst du ausgepeitscht«, drohte Worran. Ariac nickte, es blieb ihm wohl ohnehin nichts anderes übrig.
Der schweigsame junge Mann führte Ariac einen halb verfallenen Turm hinauf. Die meisten Stufen der Wendeltreppe fehlten bereits. Es dauerte ewig, bis sie oben angekommen waren. Ein leichter Wind wehte hier, und man konnte im letzten Abendlicht über das karge und felsige Land blicken. Im Gegensatz zu der stickigen Wärme in den Räumen und auf dem Hof fand es Ariac fast angenehm, hier zu stehen.
»Auf was müssen wir denn aufpassen?«, fragte Ariac.
Tovan musterte ihn abfällig. »Dass uns niemand angreift.«
»Aber in der Dunkelheit sieht man doch ohnehin nichts«, erwiderte der Steppenjunge verwirrt. Es machte vielleicht
Sinn, vor den Toren und in den Bergen Wache zu halten, aber doch nicht hier oben auf dem Turm!
»Sei ruhig und tu das, was man dir befiehlt«, knurrte der Mann und blickte angestrengt über den Rand der Zinnen in die Tiefe.
Ariac seufzte und lehnte sich an die Mauer. Er wusste nicht, was das alles sollte.
Als es wohl schon nach Mitternacht war, wurde Tovan von einem kleinen untersetzten Mann abgelöst, und Ariac, der kaum noch die Augen offen halten konnte, wollte ebenfalls die Treppen hinabgehen.
»Du nicht«, knurrte der andere Krieger. »Worran hat gesagt, du musst bleiben.«
Ariac schloss kurz die Augen
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