Thorn - Die letzte Rose
kostete sie voll aus. „Deine kleine ROSE weiß nicht einmal, wer wir Ersten sind.“
„Meinst du?“ Skeptisch hob Thorn die Brauen.
„Ihr denkt, wir sind irgendein Abschaum, der ...“
„Ihr seid Diener!“ Thorns Stimme war ein Knurren geworden. „Nicht mehr und nicht weniger. Diener der sogenannten ALLmächtigen, der bösen Kräfte des Kosmos’, die nach dem Großen Chaos das junge Universum beherrschten.“
Der Erste schien darüber verblüfft zu sein; konsterniert sah er die Weißhaarige an, die sich unversehens aufgerichtet zu haben schien.
„Fast jeder nennt sie anders. Namen sind ohne Bedeutung, nur Schall und Rauch, wie man so sagt. Für die einen sind es die ‚Alten Götter‘ mit Cthulhu an der Spitze, für andere die Dämonen der Dämmerung. Ich nenne sie die ALLmächtigen. Obwohl … so allmächtig scheinen sie nicht zu sein. Da scheint vor allem der Wunsch Vater des Gedankens zu sein. Als sie von den Mächten des Lichts einst gebannt wurden, seid ihr als ihre Diener zurückgeblieben.“
Lange schwieg Adamus sie an; in seinem Auge blitzte Zweifel.
„Wir wissen von so manchem, das du nicht ahnst, mein Lieber.“ Nun war es an der Weißhaarigen zu grinsen. „Ihr Erste mögt mächtig gewesen sein, kein Zweifel. Angefüllt mit dunkler, magischer Kraft aus dem Energiesmaragd. Ihr habt die primitiven Völker der Erde unterworfen, einige hielten euch sogar für Götter und Engel. Doch ihr habt die Urmenschen nicht zu euch ins Paradies geholt und auf magische Weise genetisch aufgewertet, damit sie vom Baum der Weisheit kosten sollten. Nicht aus Nächstenliebe. Ihr brauchtet Arbeiter. Sklaven! Früher ward ihr die Sklaven, nun wolltet ihr die Sklavenhalter sein!“
Auch jetzt schwieg der Erste, während Thorn ungerührt fortfuhr:
„Die meisten von euch wurden sogar zu faul, sich unter euresgleichen fortzupflanzen. Es war viel einfacher, sich einen der menschlichen Sklaven zu holen und eure Bedürfnisse zu stillen. Mehr noch, ihr habt euch sogar von deren Blut ernährt. Sie waren eurem Willen unterworfen, denn ihr ward ihre Herrn.“
„Ja, wir waren mächtig.“ Melancholie schlich sich in die Stimme des Albinos, er schien wie in Gedanken versunken zu sein. „Jedenfalls meine Väter.“
„Ich weiß, du bist erst nach der Rebellion geboren worden, mein Lieber“, zischte sie mit einem Hauch von Wölfigkeit. „Nachdem sich eure Sklaven gegen euch aufgelehnt und den Energiesmaragd zerstört haben. Ihr Ersten könnt die Fragmente weiter benutzen, wenn auch nur in sehr bescheidenem Maße. Und einige von euch suchen nach den Puzzleteilen, weil sie absurderweise hoffen, den ALLmächtigen ein Portal zurück in unser Universum zu öffnen. Mag sein, dass es funktionieren würde, die guten Mächte sind schwach geworden. Aber es wird euch niemals gelingen, das Juwel wieder zusammenzufügen. Dafür sorgen unter anderem Leute wie ich.“
Noch immer saß Adamus wie erstarrt in seinem Sessel. Thorns Worte hatten nicht nur einen Nerv bei ihm getroffen, sondern vermutlich auch sein größtes Geheimnis gelüftet. Wie eine Schaufensterpuppe mit gläsernem Blick sah er sie frontal an.
„Woher weißt du das?“
„Ich weiß vieles, wovon du keine Ahnung ...“
Die Rosenritterin kam nicht dazu, ihren Satz zu Ende zu sprechen.
Wie ein Blitz war der Erste plötzlich aufgesprungen. Aus seinen Händen waren abermals Klauen geworden, die sich schneller, als ein menschliches Auge der Bewegung hätte folgen können, sich um ihren Hals legten.
Ein rascher Ruck brach Thorn das Genick, begleitet von einem hässlich unspektakulären Knacken.
„Du magst vieles wissen“, knurrte der Albino, ohne den Blick von dem grotesk verdrehten Kopf und den erschrocken weit aufgerissenen Augen zu nehmen. „Aber du wirst nicht dazu kommen, es jemandem zu verraten.“
*
Natürlich hatte er den Ghoul nicht verschont. Das hieß: Was tot war, konnte bekanntlich nicht noch einmal sterben, weshalb Cesaro auch kein schlechtes Gewissen hatte, dem Leichenfresser das Herz herauszuschneiden. Das machte aus dem Toten einen endgültig Toten.
Er packte den Kadaver in den großen Sack, in dem sich angeblich die ‚Vorräte’ befanden: die geflügelte Bestie, die Thorn überwältigt hatte. Jemand hatte ihr den Kehlkopf herausgerissen, und der Knappe brauchte nicht viel Phantasie, zu ahnen, wer das gewesen war. Unter dem dunklen Fledermausmonster fiel der schmächtige Ghoul kaum auf.
Immerhin: Jetzt wusste er, wo man seine Mutter
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