Thors Valhall
wagte kaum zu fragen, als in ihm der quälende Durst nach einem Drink immer stärker wurde.
„Hast du auch … was zu Trinken?“
Er rechnete mit einer forschen Antwort, mit dem Hinweis darauf, dass er sich Wasser oder Cola aus dem Haus holen könne, doch zu seinem Erstaunen nickte Thor ganz gelassen und reichte ihm aus einem Korb, der neben ihm stand, eine Flasche.
Dylan stutzte. Verblüfft sah er auf das Etikett „Øl“, las er und staunte.
„Du gibst mir Bier, freiwillig?“
„Warum nicht?“, antwortete Thor. „Ich nehme auch eins.“
Demonstrativ stellte er eine Flasche vor sich hin, bevor er fortfuhr, seinen Fisch zu essen.
„Na, dann …“
In Windeseile hatte Dylan den Verschluss entfernt und trank. Er leerte die Flasche zur Hälfte, mit großen Schlucken, bis er sie erleichtert absetzte.
„Schmeckt gar nicht mal so schlecht, das norwegische Bier“, stellte er zufrieden fest. Deutlich merkte er, wie seine Anspannung nachließ.
„Wenn Tony mich so sehen würde“, er schüttelte den Kopf. „Der wollte mich heute Morgen gar nicht gehen lassen. Hat den Teufel wieder an die Wand gemalt … Meinte, es wäre besser, wenn ich nicht fahren würde.“
„Ach, dein Tony, der redet viel. Wenn man ihm Glauben schenken würde, dann bin ich ein Mörder, dann will ich ihm Erik ausspannen und dich mit Sado-Maso fertigmachen … Der spinnt doch!“
Verbissen stocherte Thor in seinem Essen. In Dylan keimte jedoch erneute Bewunderung auf, für den Mann, der so stark und bodenständig schien, ganz anders, als er selbst.
„Weißt du, was ich besonders an dir schätze? Egal, was andere über dich sagen, ob wahr oder nicht, das kümmert dich nicht … Du lässt sie reden, lässt sie im Glauben, dass sie recht haben. Du bist stark genug, ihre Lügen stehen zu lassen, ohne Worte ohne Gegenargumente, weil du weißt, dass nur du allein die Wahrheit kennst. Und das ist manchmal wohl das Einzige, was zählt. Das ist kostbar.“
Thor kniff die Augen leicht zusammen, runzelte die Stirn.
„Was war das? Das Wort zum Sonntag?“
„Nein.“ Dylan lachte bescheiden, senkte dazu den Kopf. Wie sollte er noch eindeutiger klarmachen, was er empfand? Was ihn an Thor faszinierte und immer wieder zu ihm trieb? Warum er hergekommen war, war für ihn inzwischen so klar, es begreiflich zu machen und Thor zu einer deutlichen Aussage zu bringen, dagegen schwerer denn je.
„Sitzt du oft abends am Lagerfeuer?“, fragte er geistesabwesend, dabei starrte er in die rote Glut, die flackernden Flammen. Es erinnerte ihn an fast vergessene Szenen, an den Unfall, damals am Kamin. Vielleicht war es gar kein Unfall gewesen, vielleicht hatte die pure Verzweiflung Dylan dazu getrieben, sich selbst schwer zu verletzen? Wer wusste das schon? Er selbst hatte wenig Erinnerungen an diesen schrecklichen Abend. Er verdrängte, was geschehen war und ebenso wollte er nicht erneut spüren, dass sich zwischen ihm und Fahlstrøm kaum etwas geändert hatte.
„Ziemlich oft“, antwortete der, dabei war sein Blick ebenfalls zum Feuer gerichtet. „Meistens leistet Erik mir Gesellschaft, aber das ist auch seltener geworden, seitdem er für Tony schwärmt.“
„Und damals?“, fragte Dylan weiter. „Hast du hier mit Magnus gesessen?“
„Ja …“
„Wer hat die Fotos gemacht, von Magnus und dir?“
Thor dachte kurz nach. „Das muss Henrik gewesen sein, ist lange her …“
Das Feuer spiegelte sich auf seinen glänzenden, hohlen Wangen. Es war, als würde sein Gesichtsausdruck bei dieser Frage noch ernster werden.
„Magnus hat dir sehr viel bedeutet, nicht wahr?“ Dylan konnte es nicht lassen. Zum wiederholten Male stellten sich ihm diese Fragen, und nun sprach er sie aus, direkt und davon getrieben, genaue Antworten zu erhalten.
Thor atmete geräuschvoll aus. „Wieso fängst du wieder damit an, Perk? Für mich ist das Thema erledigt.“
„Wer’s glaubt!“, entgegnete Dylan sofort. „Wenn es erledigt wäre, dann würdest du wohl kaum diese schrecklichen Bilder aufbewahren, dann würdest du wohl kaum Magnus‘ Zimmer bestehen lassen, als würde er jeden Moment zurückkommen.“
„Meine Güte, was soll das Perk?“ Thor drehte seinen Kopf. Seine blauen Augen blitzten bedrohlich. „War es nicht ein schöner Tag gewesen?“, erinnerte er. „Hatten wir nicht Spaß zusammen? Warum musst du jetzt alles wieder zerstören mit deiner miesen Laune, deinen unnützen Fragen? Wieso musst du ständig Unruhe verbreiten?“
„Das ist eben meine
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