Throne of Glass – Die Erwählte
vor ihr war, stürzte er sich mit einem Sprung auf ihre Beine.
Aber Celaena rannte schon, sie rannte direkt auf die schwarzen, fauligen Reißzähne zu und sprang in letzter Sekunde über das knurrende Ungeheuer hinweg. Mit Bersten und Splittern krachte der Ridderak durch die Holztür. Sie stellte sich lieber nicht vor, was er mit ihren Beinen gemacht hätte. Aber zum Nachdenken war ohnehin keine Zeit. Sie landete auf dem Boden und wirbelte herum, stürmte zurück zu der Stelle, wo die Kreatur durch die Tür gebrochen war und nun das zersplitterte Holz abzuschütteln versuchte.
Sie warf sich durch die Türöffnung und raste dann links die Treppe herunter. In ihre Gemächer würde sie es niemals lebendig schaffen, aber wenn sie ein bisschen Tempo zulegte, käme sie vielleicht bis zur Gruft.
Der Ridderak brüllte wieder, die Treppe bebte. Celaena wagte nicht, sich umzudrehen. Sie konzentrierte sich auf ihre Füße, um nicht zu stolpern, als sie zum nächsten Treppenabsatz hinunterhastete, der vom Mondlicht aus der Gruft erhellt wurde.
Die letzten Stufen nahm sie im Sprung und schoss auf die Tür zu. Celaena betete zu Göttern, deren Namen sie längst vergessen hatte, die sie aber hoffentlich noch nicht vergessen hatten.
Jemand hat mich an Samhain hierher geführt. Jemand wusste, dass das hier geschehen würde. Elena wollte, dass ich es sehe – damit ich überlebe.
Inzwischen war auch der Ridderak auf dem untersten Treppenabsatz und raste hinter ihr her. Er war so nah, dass sie seinen stinkenden Atem riechen konnte. Die Tür zur Gruft stand weit offen. Als hätte jemand sie erwartet.
Bitte – bitte …
Celaena packte den Türpfosten und schwang sich hindurch. Der Ridderak schlitterte zuerst am Eingang zur Gruft vorbei und so gewann sie kostbare Zeit. Er brauchte jedoch nicht lange, um kehrtzumachen und wieder loszustürmen, und auf seinem Weg riss er ein Stück der Tür mit.
Laut hallten ihre Schritte durch die Gruft, als sie zwischen den Sarkophagen hindurch auf Damaris zurannte, das Schwert des alten Königs.
Es hing vor der goldenen Rüstung, die Klinge schimmerte im Mondlicht – noch nach tausend Jahren glänzte das Metall wie am ersten Tag.
Knurrend holte der Ridderak Luft. Celaena hörte den Steinboden unter seinen Klauen splittern, als er zum Sprung ansetzte. Sie packte das Schwert, schloss die linke Hand fest um den kühlen Griff, wirbelte herum und stieß zu.
Sie sah nur noch seine Augen und das Grau seiner Haut, bevor sie ihm Damaris mitten ins Gesicht jagte.
Schmerz fuhr ihr in die Hand, als sie und der Ridderak gegen die Wand knallten, zu Boden gingen und die dort aufgehäuften Schätze in alle Richtungen verstreuten. Schwarzes, nach Verwesung stinkendes Blut spritzte auf sie.
Sie rührte sich nicht, weder als sie in die schwarzen Augen wenige Zentimeter vor ihr starrte, noch als sie entdeckte, dass ihre rechte Hand zwischen den schwarzen Reißzähnen des Ungeheuers steckteund ihr eigenes rotes Blut an seinem Kinn heruntertropfte. Sie keuchte nur und umklammerte zitternd das Schwert; sie ließ es nicht los, selbst als die hungrigen Augen trüb wurden und der dazugehörige Körper schlaff auf ihren sank.
Erst als das Amulett wieder pulsierte, erwachte sie aus ihrer Erstarrung. Danach war alles wie eine Art Tanz, eine Abfolge von Schritten, die sie einen nach dem anderen ausführen musste, um nicht hier in dieser Gruft zusammenzubrechen und nie wieder aufzustehen.
Als Erstes wand sie ihre Hand aus dem Maul der Kreatur. Sie brannte gnadenlos und ihr Daumen war von einem Halbkreis aus blutenden Bisswunden umgeben. Danach schob sie den Ridderak von sich. Er war überraschend leicht, als wären seine Knochen oder sein ganzer Körper hohl. Obwohl sie nur verschwommen sah, rappelte sie sich auf und zog Damaris aus dem Schädel des Ungeheuers.
Sie wischte Gavins Klinge an ihrem Hemd ab und brachte sie wieder an ihren Platz. Wer hatte sie an Samhain in die Gruft gelotst? Wer hatte gewollt, dass sie Damaris sah und sich retten konnte?
Sie ließ die Kreatur zurück, ein blutiger zusammengerollter Haufen auf all den Juwelen. Wer auch immer sie hatte retten wollen, konnte das wegräumen. Ihr reichte es.
Trotzdem blieb sie kurz neben Elenas Sarkophag stehen und sah in das wunderschöne in Marmor gemeißelte Gesicht. »Danke«, sagte sie heiser. Mit verschwommenem Blick verließ sie die Gruft und taumelte die Treppe hinauf, die blutende Hand an die Brust gedrückt.
Als sie endlich in ihren
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