Throne of Glass – Die Erwählte
hatte. »Ihr habt getan, was jeder getan hätte – und hätte tun sollen. Hättet Ihr Euch eingemischt, wäre ich disqualifiziert worden.«
»Ich hätte Cain abstechen sollen, sobald er auf Euch losgegangen ist. Stattdessen stand ich herum, während Chaol an der weißen Linie kniete. Ich hätte Cain töten sollen.«
Die Dämonen verblassten und Celaena musste grinsen. »Ihr klingt schon wie ein Assassine, mein Lieber.«
»Vielleicht verbringe ich zu viel Zeit mit Euch.«
Celaena hob den Kopf vom Kissen und schmiegte ihn in die weiche Kuhle zwischen Dorians Schulter und seiner Brust. Hitze durchströmte sie. Obwohl jede Faser ihres Körpers wehtat, rollte sie sich auf die Seite und legte ihm die verletzte Hand auf den Bauch. Siefühlte seinen Atem warm an ihrem Kopf und lächelte, als er den Arm um sie legte und ihre Schulter hielt. Eine Weile lagen sie schweigend da.
»Dorian«, begann sie. Er stupste sie an die Nase. »Au«, sagte sie und zog die Nase kraus. Ihr Gesicht war zwar mit Wunden übersät, aber wundersamerweise hatte Cain ihr keine bleibenden Schäden zugefügt. Nur von der Verletzung am Bein würde sie eine weitere Narbe zurückbehalten.
»Ja?«, fragte er und lehnte das Kinn an ihren Kopf.
Sie lauschte dem Geräusch seines Herzschlags. Er war so regelmäßig. »Als Ihr mich aus Endovier geholt habt, habt Ihr da wirklich geglaubt, dass ich gewinnen würde?«
»Natürlich. Warum sonst hätte ich die weite Reise auf mich nehmen sollen?«
Sie schnaubte in seine Brust, aber er hob sanft ihr Kinn. Seine Augen waren vertraut – wie etwas, das sie einfach nur vergessen hatte.
»Ich wusste von der ersten Sekunde an, dass Ihr gewinnen würdet«, flüsterte er, und ihr Herz krampfte sich zusammen, als sie begriff, was jetzt kommen würde. »Das hier habe ich allerdings nicht vorausgesehen. Aber … egal wie unredlich und geschmacklos der Wettkampf war, ich bin froh, dass er Euch in mein Leben gebracht hat. Dafür werde ich dankbar sein, solange ich lebe.«
»Wollt Ihr mich zum Heulen bringen oder macht Ihr nur Spaß?«
Dorian beugte sich zu ihr und küsste sie. Dabei tat ihr furchtbar der Kiefer weh.
~
Der König saß auf seinem Thron aus Glas und strich über Nothungs Griff. Perrington kniete wartend vor ihm. Sollte er ruhig warten.
Die Assassinin war sein Champion, aber er musste erst noch den Vertrag aufsetzen lassen. Sie hatte sowohl zu seinem Sohn als auch zu Prinzessin Nehemia ein enges Verhältnis. Würde ihre Ernennung ein Risiko bedeuten?
Aber der Captain der Leibgarde hielt so viel von ihr, dass er ihr das Leben gerettet hatte. Das Gesicht des Königs erstarrte zu Stein. Er würde Chaol Westfall nicht bestrafen – allein schon, damit Dorian keinen Aufstand veranstaltete. Dorian. Würde er sich doch mehr für Waffen als für Bücher interessieren.
Aber irgendwo in Dorian steckte ein richtiger Mann – ein Mann, den man zu einem Krieger heranziehen konnte. Vielleicht würden ihm ein paar Monate auf dem Schlachtfeld guttun. Ein Helm und ein Schwert wirkten bei jungen Männern manchmal Wunder. Und nachdem er bei ihrer letzten Unterredung so viel Willensstärke gezeigt hatte … Wenn man ein wenig nachhalf, konnte aus Dorian ein fähiger General werden.
Und was die Assassinin anging … Wer könnte ihm besser dienen als sie, wenn ihre Verletzungen erst einmal verheilt waren? Außerdem gab es sonst niemanden mehr, dem er sein Vertrauen schenken konnte. Nun, da Cain tot war, war Celaena Sardothien seine beste und einzige Wahl.
Der König malte ein Zeichen auf die gläserne Armlehne seines Throns. Er verstand einiges von den Wyrdzeichen, das Zeichen der Assassinin hatte er jedoch nie zuvor gesehen. Aber das ließ sich herausfinden. Und falls es ein Hinweis auf irgendein Vergehen oder eine Prophezeiung war, würde das Mädchen bei Einbruch der Nacht am Galgen hängen. Als er gesehen hatte, wie sie unter Einfluss des Gifts herumzappelte, hatte er beinahe ihre Hinrichtung angeordnet. Aber dann hatte er sie gespürt – die zornigen, bösen Augen der Toten … Jemand hatte sich eingemischt und sie gerettet. Und wenn diese Kreaturen sie gleichzeitig angriffen und beschützten …
Vielleicht sollte er sie lieber am Leben lassen, zumindest bis er die Bedeutung ihres Zeichens herausgefunden hatte. Im Moment hatte er allerdings ganz andere Sorgen.
»Es war interessant, wie Ihr Kaltain manipuliert habt«, sagte der König schließlich. Perrington kniete noch immer vor ihm. »Habt Ihr dazu die
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