Throne of Glass – Die Erwählte
die Kerze etwas näher heran, um die Beschreibungen verschiedener Ungeheuer zu lesen.
Plötzlich war da ein scharrendes Geräusch unter ihren Füßen – ganz nah, als ob jemand mit einem Fingernagel an der Decke im Raum unter ihnen kratzte. Celaena klappte das Buch mit einem Schlag zu und wich vom Tisch zurück. Die Härchen an ihren Armenstellten sich auf und sie wäre beinahe über den Nachbartisch gestolpert, als sie sich darauf gefasst machte, dass irgendetwas – eine Hand, ein Flügel, ein aufgerissenes Maul mit Reißzähnen – auftauchen und nach ihr schnappen würde.
»Merkt Ihr das?«, fragte sie Chaol, der boshaft zu grinsen begann. Er hatte seinen Dolch in der Hand und zog ihn über den Marmorfußboden, was genau das gleiche Geräusch und Gefühl erzeugte.
»Verdammter Idiot«, fauchte sie, schnappte sich zwei schwere Bücher vom Tisch und stapfte rasch aus der Bibliothek. Die lebenden Toten wollte sie weit hinter sich lassen.
28
M it zusammengekniffenen Augenbrauen zielte Celaena mit dem Queue auf die weiße Kugel. Sie hatte die Hand auf dem Billardtisch abgestützt und der Stock bewegte sich leicht zwischen ihren Fingern hin und her. Mit einem unbeholfenen Ruck stieß sie das Queue nach vorn. Und traf vollkommen daneben.
Fluchend versuchte Celaena es noch einmal. Sie traf die Kugel, diese machte jedoch eine alberne Seitwärtsbewegung und tippte mit einem schwachen Klicken an eine farbige Kugel. Nun, zumindest hatte sie irgendetwas getroffen und war erfolgreicher als bei ihrer Recherche in Sachen Wyrdzeichen.
Es war nach zehn Uhr und sie war ins Spielzimmer gekommen, weil sie nach dem stundenlangen Trainieren und Recherchieren und der Grübelei über Cain und Elena eine Pause brauchte. Zum Musizieren war sie zu müde, Karten konnte sie allein nicht spielen und, tja, Billard war wohl die einzige vernünftige Beschäftigung. Sie hatte sich ein Queue geschnappt in der großen Hoffnung, dass das Spiel nicht allzu schwer zu erlernen wäre.
Die Assassinin ging um den Tisch herum und zielte wieder. Sie traf nicht. Zähneknirschend erwog sie, das Queue über dem Knie zu zerbrechen. Aber sie versuchte ihr Glück erst seit einer Stunde. Um Mitternacht wäre sie sicher schon eine überragende Spielerin.Entweder würde sie dieses lächerliche Spiel beherrschen oder Brennholz aus dem Tisch machen. Und damit einen Scheiterhaufen für Cain errichten.
Wieder stieß Celaena das Queue vorwärts und diesmal rollte die weiße Kugel geradewegs zur gegenüberliegenden Seite des Tisches, berührte drei farbige Kugeln und stieß gegen die Kugel mit der Drei, die sofort auf ein Loch zukullerte.
Und direkt davor liegen blieb.
Ein wütender Aufschrei löste sich aus ihrer Kehle und Celaena rannte zu dem Loch. Sie schrie die Kugel an, packte dann das Queue und biss schreiend hinein. Schließlich bugsierte sie die Kugel mit der Hand ins Loch.
~
»Für die größte Assassinin der Welt ist ein solches Verhalten einfach lächerlich«, sagte Dorian und löste sich vom Türrahmen.
Sie heulte auf und wirbelte herum. Sie trug eine Tunika und Hosen und ihr Haar war offen. Er lehnte sich an den Tisch und lächelte, als ihr Gesicht dunkelrot anlief. »Wenn Ihr gekommen seid, um mich zu beleidigen, nehmt dieses Ding hier und …« Sie hob das Queue hoch und beendete ihren Satz mit einer obszönen Handbewegung.
Er krempelte die Ärmel hoch, bevor er sich ein Queue aus der Wandhalterung nahm. »Habt Ihr vor, wieder in das Queue zu beißen? Dann würde ich gern den Hofmaler dazubitten, damit er diesen Anblick für mich verewigt.«
»Wagt es nicht, Euch über mich lustig zu machen!«
»Seid nicht so humorlos.« Er zielte auf die Kugel und ließ sie geschickt mit einer grünen kollidieren, die daraufhin in ein Loch rollte. »Es ist wirklich unterhaltsam, wenn Ihr so fuchsteufelswild seid.«
Zu seiner Überraschung und Freude lachte sie. »Für Euch ist eskomisch«, sagte sie, »mich macht es wütend.« Sie beugte sich vor und versuchte noch einen Stoß. Und traf wieder daneben.
»Ich kann es Euch zeigen.« Er ging auf ihre Seite hinüber, stellte sein Queue ab und griff sich ihres. Als er sie wegschob und ihren Platz einnahm, schlug sein Herz ein wenig schneller. »Seht Ihr, wie ich das vordere Ende des Queues mit Daumen und Zeigefinger stabilisiere? Ihr müsst einfach nur …«
Sie schubste ihn mit einem Hüftschwung zur Seite und nahm ihm das Queue wieder ab. »Ich weiß, wie man es halten muss, Witzbold.« Sie versuchte,
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