Throne of Glass – Die Erwählte
Brullo, dem die Züge entgleist waren. »Merk dir das, Waffenmeister«, sagte sie und stolzierte an ihm vorbei. »Gib mir richtige Männer zum Kämpfen. Dann mache ich mir vielleicht die Mühe, es zu versuchen.«
Am grinsenden Nox vorbei ging sie zu Cain und starrte in sein Gesicht hinauf – ein Gesicht, das attraktiv hätte sein können, wäre er nicht so ein Arsch gewesen. »Hier bin ich.« Sie lächelte mit süßer Gehässigkeit und straffte die Schultern. »Nur ein kleiner Schoßhund.«
Cains schwarze Augen funkelten. »Ich höre nur Gekläffe.«
Ihre Hand zuckte in Richtung Schwert, aber sie ließ es stecken. »Mal sehen, ob du immer noch nur Gekläffe hörst, wenn ich diesen Wettkampf gewinne.« Bevor er noch etwas sagen konnte, ging sie zum Tisch mit den Wasserkaraffen.
Danach wagte nur Nox, mit ihr zu reden. Zu ihrer Überraschung wurde sie nicht einmal von Chaol zurechtgewiesen.
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Als Celaena nach der Prüfung wieder sicher in ihren Gemächern war, beobachtete sie das Schneegestöber auf den Hügeln hinter Rifthold. Die Schneeflocken wehten auf sie zu, Vorboten des bevorstehenden Sturms. Die späte Nachmittagssonne, unter einer Decke aus Blei gefangen, färbte die Wolken gelbgrau. Der Himmel war ungewöhnlich hell. Er wirkte surreal, als wäre der Horizont hinter den Hügeln verschwunden. Sie war in einer Welt aus Glas gestrandet.
Celaena trat vom Fenster weg und blieb vor dem Gobelin mit Königin Elenas Abbild stehen. Sie hatte sich oft nach Abenteuern gesehnt, nach alten Zaubern und bösen Königen. Aber sie hätte nicht gedacht, dass es ein Kampf um ihre Freiheit sein würde. Und sie hatte sich immer vorgestellt, dass ihr jemand half – ein treuer Freund oder ein einarmiger Soldat oder wer auch immer. Sie hätte nicht gedacht, dass sie so … allein sein würde.
Sie wünschte, Sam wäre bei ihr. Er hatte immer gewusst, was zu tun war, hatte sie unterstützt, ob sie wollte oder nicht. Sie hätte alles darum gegeben – alles auf der Welt –, ihn noch bei sich zu haben.
Celaenas Augen brannten und sie legte die Hand auf das Amulett. Das Metall fühlte sich unter ihren Fingern warm und irgendwie tröstlich an. Sie trat einen Schritt vom Gobelin zurück, um ihn als Ganzes zu erfassen.
In der Mitte stand prachtvoll und männlich ein Hirsch und blickte seitlich zu Elena. Er war das Symbol des Königshauses von Terrasen, des Königreichs, das Brannon, Elenas Vater, begründet hatte. Er sollte daran erinnern, dass Elena auch als Königin von Adarlan noch nach Terrasen gehörte. Ganz gleich, wo Elena hinging, so weit es auch entfernt war, ein Teil von ihr würde immer zu Terrasen gehören, genau wie Celaena selbst.
Sie lauschte dem Heulen des Windes. Mit einem Seufzer schüttelte sie den Kopf und wandte sich ab.
Du musst das Böse im Schloss finden … Aber das einzig wirklich Böse in dieser Welt ist der Mann, der sie regiert.
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In einem anderen Teil des Schlosses klatschte Kaltain Rompier zögerlich, als die Darbietung der Akrobaten endlich vorbei war. Sie hatte nicht viel dafür übrig, einfachen Leuten stundenlang dabei zuzusehen, wie sie in farbenfrohen Gewändern durch die Luft sprangen, aber Königin Georgina freute sich daran und hatte sie heute eingeladen, neben dem Thron zu sitzen. Es war eine Ehre und war von Perrington eingefädelt worden.
Perrington wollte sie; das wusste sie. Und wenn sie es darauf anlegte, konnte sie ihn leicht dazu bringen, sie zu seiner Herzogin zu machen. Aber Herzogin war nicht genug – nicht solange Dorian noch zu haben war. Die ganze letzte Woche hatte es in ihrem Kopf wie verrückt gehämmert und heute pochten darin pausenlos die Worte: Nicht genug. Nicht genug. Nicht genug. Der Schmerz schlich sich sogar in ihren Schlaf und verwandelte ihre Träume in so lebhafte Albträume, dass sie beim Aufwachen nicht mehr wusste, wo sie war.
»Wie entzückend, Eure Majestät«, sagte Kaltain, während die Akrobaten ihre Sachen einsammelten.
»Ja, atemberaubend, nicht wahr?« Die grünen Augen der Königin leuchteten vergnügt und sie lächelte Kaltain an. Genau in dem Moment zuckte ein so heftiger Schmerz durch Kaltains Kopf, dass sie die Hände zu Fäusten ballte und in den Falten ihres orangeroten Kleids verbarg.
»Ich wünschte, Prinz Dorian hätte sie sehen können«, entschlüpfte es Kaltain. »Seine Hoheit hat mir erst gestern erzählt, wie gern er herkommt.« Diese Lüge war harmlos genug und ließ den Kopfschmerz schwächer werden.
»Das hat Dorian
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