Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten
neuer, gänzlich unerwarteter Mitspieler hatte die Arena betreten. Ein Wesen, dem in diesem Spiel keinerlei Rolle zugedacht gewesen war. Ein Schwächling, ein Feigling entschied den Kampf endgültig zugunsten Nadjas und ihres Sohnes.
Cunomorus hatte sich rücklings angeschlichen und Doolins Leib durchbohrt. Alles war vorbei, und Koinosthea lächelte glücklich.
26 Aufräumarbeiten
Die Ereignisse überschlugen sich, ließen Nadja keine Zeit zum Nachdenken. Sie handelte instinktiv. Doolin hauchte sein Leben aus, und noch während er fiel, griff sie nach Talamh, riss ihn aus den klammen Fingern des Buckligen und zog sich – so weit es ging – in den rückwärtigen Bereich des Kinderzimmers zurück. Der völlig entkräftete David kam herbei und stellte sich wie zum Schutz neben sie. Es wäre ihr lieber gewesen, wenn er ruhig sitzen geblieben wäre. Doch der Prinz der Sidhe Crain stützte sich mit seinem gesamten Gewicht auf sie und behinderte ihre Bewegungsfreiheit.
Alebin stieß einen Wutschrei aus, tat einen Sprung nach vorn und durchbohrte mit seiner Stichwaffe das Herz Cunomorus’, des ehemaligen Herrschers von Lyonesse. Der alte Mann, der sich während der letzten Sekunden seines Lebens seiner einstigen Tugenden besonnen hatte, stürzte zu Boden und hauchte dort sein Leben aus.
In Alebins Augen leuchtete etwas niemals zuvor Gesehenes. Der Irrsinn packte ihn. In diesen Augenblicken, so ahnte Nadja, kippte ein Schalter in seinem Kopf. Aus dem bislang so berechnenden Elfen wurde ein Geschöpf, dem buchstäblich alles zuzutrauen war, das auf nichts und niemanden mehr Rücksicht nahm – am allerwenigsten auf sich selbst. Alebin kam näher, Schritt für Schritt. Nichts und niemand konnte ihn nun aufhalten. Sie musste Talamh beiseitelegen und sich ihm zu einem letzten Gefecht stellen.
Ein selten zuvor gespürtes Glücksgefühl machte sich in ihr breit. Es war weitaus stärker als jenes, mit dem ihr Sohn die Ruhenden Streitkräfte des Thanmór attackiert hatte. Denn es war um einen weiteren Faktor verstärkt: Ihre kleine Familie war zusammen. Sie war
ganz
.
Nicht einmal Alebin konnte sich der Wirkung dieser Liebesbotschaft entziehen. Er wankte, stolperte zurück, konnte ihnen auf einmal nicht mehr nahe kommen.
Die … Strahlung ging von Talamh aus. Sie wurde durch David verstärkt und wuchs sich von einer Knospe zu einer prachtvollen Blüte aus. Liebe griff um sich, bahnte sich ihren Weg durch die Räumlichkeiten des Schlosses, verteilte sich über Lyonesse, ohne an Kraft zu verlieren. David war Tankstelle und Katalysator zugleich, Talamh der Motor – und sie selbst, Nadja, die Stütze dieses familiären Dreigestirns. In diesen Momenten waren die drei Quelle und Inspiration Abertausender Bewohner von Lyonesse. Sie wuschen den Zorn der Ruhenden Streitkräfte in ihrem ungebändigten Strom der Liebe beiseite. Thanmór und seine Begleiter starben, völlig entkräftet und ratlos. Sie wurden von Bandorchus und Fanmórs Elfen überrannt, die mit der unabänderlichen Gewissheit im Herzen agierten, das Richtige zu tun.
Alebin wankte zurück, hin zur Tür des Kinderzimmers. Er sah Koinosthea an, als suchte er verzweifelt Unterstützung bei ihr. Doch die alte Frau lächelte nur. Tränen standen ihr in den Augen, während sie mit verklärter Stimme sagte: »Ich liebe dich; ich habe dich immer geliebt!«
Alebin flüchtete. Von den Liebeswellen getrieben, machte er sich auf den Weg, um sich irgendwo zu verkriechen und seine Wunden zu lecken. Nadja kümmerte es nicht. Sie ahnte, dass sie den Elfen niemals wiedersehen würde. Er war entscheidend geschlagen worden, von einer Kraft in die Knie gezwungen, gegen die er niemals ein Mittel finden würde.
Nun endlich ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Sie lachte glücklich, sie herzte Talamh, sie warf ihn in die Luft und genoss sein fröhliches Gurgeln und Kichern. Sie fühlte, wie seine Gedanken nach ihr griffen und er sie mit all seiner Zuneigung bedachte. Es war der intimste Liebesbeweis, den sie jemals gespürt hatte.
Irgendwann versiegte Talamhs Liebesbotschaft. Der Kleine schlief ein, erschöpft und glücklich. Nadja packte ihn und David. Sie kümmerte sich nicht weiter um die Vorgänge in der Burg. Koinosthea stand da, grinsend; sie schien nicht in der Lage zu sein, sich zu bewegen.
Die Verbündeten Alebins kamen allmählich zu sich und erkannten, dass sie verloren hatten. Wer zur Flucht in der Lage war, suchte das Weite. Doch der Rosen-Palast war lediglich ein
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