Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten
geworden und wollte wissen, was sie da tat und warum sie so – scheinbar – unschlüssig im Halbschatten stehen geblieben war.
Was sollte sie tun? Was waren ihre Aufgaben? So lange hatte sie sich auf diesen Augenblick vorbereitet, doch nun fehlte ihr ein Plan. Ihr Kopf war leer, die Instinkte einer Mutter nahmen überhand. Sie musste sich den Weg zu Talamh erkämpfen und ihn vor den drohenden Gefahren beschützen!
Nein. Nadja unterdrückte die Tränen des Zorns, der Angst, der Frustration. Zuvor hatte sie noch einen anderen Botengang zu erledigen: hinauf zum Abtritterker im Turm der Frauen, um Podarge zu sich zu rufen. Der Getreue musste dringend informiert werden. Erst danach durfte sie sich um ihr Kind kümmern.
25 Schlachtenglück
Thanmór war mehr als ein Vehikel, das Alebin für seine Zwecke nutzen wollte. Der Herrscher von Lyonesse musste sich eingestehen, dass er seinen unheimlichen Verbündeten nicht mehr lange würde bändigen können. Der Drang, ihm einfach den Splitter aus der Brust zu ziehen und sich seiner Gnade auszuliefern, wurde immer stärker. Alebin war diesem unbarmherzigen Kämpfer grenzenlos unterlegen und fühlte seine Willenskraft dahinschmelzen. Er musste Thanmór und seine Streitkräfte
sofort
einsetzen. Für lange Vorgeplänkel blieb keine Zeit mehr.
»Es ist so weit«, sagte Alebin. »Deine Leute sollen sich bereithalten. Wir marschieren in Bälde los.«
»Wohin? Wen werden wir töten?« Der Skorpionschweif zischte durch die Luft. Seine Spitze bohrte sich in jenen Thron, den einstmals die Bestie für sich in Anspruch genommen hatte, und zerteilte ihn in zwei Hälften.
»Wir gehen ins Reich der Menschen, nach Cornwall. Von dort aus suchen wir ein Tor auf, das uns nach Tara führt. Bandorchu wird unser erstes Ziel sein. Es würde mich allerdings nicht überraschen, wenn wir schon auf halber Strecke Fanmórs Leuten über den Weg laufen.«
»Werden wir Menschen töten? Sollen wir Cornwall dem Erdboden gleichmachen? Dürfen wir Beute machen?« Thanmór geiferte, zeigte perverse Lust am Morden. Speichel tropfte zu Boden.
»Ihr haltet euch gefälligst an die Abmachungen! Die Menschen, denen wir begegnen, werden verschont. Euch haben nur die Einwohner Taras zu interessieren!« Es fiel Alebin schwer, diese wichtigen Worte zu formulieren und im notwendigen Befehlston auszusprechen. Im Schatten seines Gesprächspartners fühlte er sich so klein und unbedeutend.
»Wir werden uns diese Menschen später holen. Sie schmecken gut, sie riechen nach Unschuld …«
Alebin ließ den Satz so stehen. Er wollte seine Energie nicht mit weiteren Streitereien verschwenden. »Bereite deine Leute vor«, wiederholte er. »Wir sammeln uns hier. So rasch wie möglich.«
»Ja. Ja!« Thanmór stützte sich auf seinen Skorpionschwanz, stieß sich ab und tat einen Sprung über ein gutes Dutzend Meter, hin zum Tor des Thronsaals. Mit zwei weiteren Sätzen verließ er ihn.
Alebin ließ seinen Blick schweifen. Rings um ihn waren jahrhundertealte Möbelstücke zu Bruch gegangen. Stühle, Kandelaber, mehrere Tische, ein Kartentisch aus Stein. Nur er war verschont geblieben, wie eine einsame Insel inmitten eines Ozeans der Zerstörung.
Der Froschmann, den Alebin als Ersten befreit hatte, gesellte sich zu ihm. Er blies seinen Kehlsack auf. Zwar wirkte er weitaus weniger bedrohlich als Thanmór, vermittelte aber dennoch das Gefühl, dass man seine Gegenwart tunlichst meiden sollte.
Er zählte zur Gattung der Schlingwurxe. Deren meterlange Zunge traf ein Opfer mit der Präzision eines Chamäleons, umschlang es am Kopf und sog ihm alle Flüssigkeit aus dem Leib. Alebin hatte zusehen müssen, wie der Froschmann und einige seiner Landsleute über eine Herde junger Zucht-Kentauren hergefallen waren, um ihren grenzenlosen Durst zu stillen.
Die Klingenspeier, Häckselraufer und Haudrauflinge erschienen vergleichsweise harmlos. Sie töteten um des Tötens willen, ließen ihre Gegner jedoch nur selten leiden. Die Kriegstreiberlinge waren in der Lage, ihre Körper an die jeweilige Umgebung anzupassen, sich in der Quasiunsichtbarkeit an ihr Gegenüber heranzuschleichen und es mithilfe seltsamer Melodien in den Selbstmord zu treiben.
Die Sieben Schrecklichen Kinder der Allbegabten starrten ins Endlose und würden erst aus dieser Trance erwachen, wenn sie den Angstschweiß ihrer Feinde rochen. Dann würden sie Teile ihrer Nervenmassen als körpereigene Munition verschießen, die sich wiederum durch das Fleisch der Gegner
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