Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
nötige Glaubwürdigkeit verleihen, nur für den Fall, daß uns Hades beobachtete. Die Übergabe sollte bei einer alten Eisenbahnbrücke stattfinden. Die einzigen Zufahrtswege waren zwei Straßen sowie die stillgelegte Bahnstrecke, die sich jedoch nur mit einem Geländewagen befahren ließ. Goliath-Leute sollten beide Straßen und die Trasse kontrollieren. Sie hatten den Befehl, Hades zwar herein-, aber nicht wieder hinauszulassen.
    Eigentlich ganz einfach – zumindestens theoretisch.
    Die Fahrt zu der stillgelegten Bahnstrecke verlief ohne Zwischenfälle, obwohl der gefälschte Gainsborough in dem kleinen Porsche mehr Platz wegnahm, als ich gedacht hätte. Schitts Leute waren gut getarnt; auf dem Weg zu der einsam in der Landschaft liegenden Brücke begegneten Bowden und ich keiner Menschenseele.
    Obwohl die Brücke schon seit langem außer Betrieb war, befand sie sich in ziemlich gutem Zustand. Ich parkte den Wagen etwa zwanzig Meter entfernt und ging das letzte Stück des Weges zu Fuß. Es war ein schöner Tag, und kaum ein Laut war zu hören. Ich kletterte die Böschung hinauf, sah jedoch nichts von Belang, nur das breite Schotterbett, leicht aufgewühlt, wo man die Schwellen herausgerissen hatte. Zwischen den Steinen wucherte Unkraut, und neben dem Gleis stand ein altes Stellwerk, wo ich die obere Hälfte eines Periskops zu erkennen glaubte, durch das mich jemand zu beobachten schien. Ich nahm an, es handele sich um einen von Schitts Leuten, und warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Es war soweit.
    Das gedämpfte Piepen eines Funkgeräts ließ mich aufhorchen. Ich legte den Kopf schief und versuchte es zu orten.
    »Ich höre ein Funkgerät piepen«, sprach ich in mein Walkie-talkie.
    »Keins von unseren«, kam Schitts Antwort aus der Einsatzzentrale in einem verlassenen Farmhaus eine Viertelmeile entfernt.
    Das Funkgerät steckte in einer Plastiktüte und hing halb versteckt in den Zweigen einer kleinen Birke am Rande des Bahndamms. Es war Hades, und die Verbindung war schlecht – es klang, als säße er in einem Auto.
    »Thursday?«
    »Hier.«
    »Allein?«
    »Ja.«
    »Wie geht’s dir? Es tut mir leid, aber mir blieb leider nichts anderes übrig. Du weißt ja, wie verzweifelt wir Psychopathen manchmal sind.«
    »Wie geht es meinem Onkel?«
    »Bestens, meine Liebe. Er fühlt sich pudelwohl; ein wahrer Geistesriese, aber
leiderleider
etwas zerstreut. Mit seinem Verstand und meiner Energie könnte ich die Welt regieren, statt mich mit banalen Kleinigkeiten wie Erpressung abgeben zu müssen.«
    »Es zwingt Sie niemand«, sagte ich. Hades ignorierte meinen Einwurf und fuhr fort:
    »Spiel nicht die Heldin, Thursday. Wie du dir sicherlich denken kannst, befindet sich das
Chuzzlewit-
Manuskript in meinem Besitz, und ich schrecke nicht davor zurück, es zu zerstören.«
    »Wo sind Sie?«
    »Na, na, Thursday, was meinst du, mit wem du es zu tun hast? Über die Freilassung deines Onkels unterhalten wir uns, sobald ich mein Geld habe. Auf der Brüstung in der Mitte der Brücke findest du einen Karabinerhaken an einem Stück Draht. Stell das Geld und den Gainsborough auf die Brüstung und mach beides daran fest. Wenn du soweit bist, komme ich die Sachen holen. Bis zum nächsten Mal, Miss Thursday Next!«
    Ich gab der Einsatzzentrale durch, was er gesagt hatte. Sie befahlen mir, die Anweisungen genau zu befolgen.
    Also stellte ich die Tasche mit dem Geld und den Gainsborough auf die Brüstung und machte beides an dem Karabinerhaken fest. Dann ging ich zum Wagen zurück, setzte mich auf die Motorhaube und ließ Hades’ Beute nicht aus den Augen. Sowohl die Tasche als auch das Gemälde waren von unten ausgezeichnet zu sehen. Erst vergingen zehn Minuten, dann eine halbe Stunde. Ich fragte Victor; er riet mir, mich nicht von der Stelle zu rühren.
    Die Sonne wurde heißer, und die Fliegen summten fröhlich um die Hecken. Ich roch den schwachen Duft von frischgemähtem Heu und hörte in der Ferne das leise Brummen des Verkehrs. Es sah so aus, als wolle Acheron uns auf die Probe stellen, was bei so heiklen Aktionen wie Lösegeldübergaben durchaus nicht ungewöhnlich war. Bei der Entführung des Staatsdichters Nr. 1 vor fünf Jahren hatte das Lösegeld erst beim neunten Versuch übergeben werden können. Schließlich war der SD1 unversehrt wieder aufgetaucht; wie sich herausstellte, hatte er die ganze Sache selbst inszeniert, um den schleppenden Absatz seiner Autobiographie anzukurbeln.
    Ich begann mich zu langweilen und

Weitere Kostenlose Bücher