Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
kletterte, Schitts Befehl mißachtend, erneut auf die Brücke. Ich untersuchte den Karabinerhaken und entdeckte ein dünnes, hochfestes Drahtseil. Als ich vorsichtig daran zog, stellte ich fest, daß es an einem elastischen Bungeeseil befestigt war, das wie eine Schlange im trockenen Gras lag. Gespannt verfolgte ich das Bungee bis zu einem weiteren dünnen Drahtseil, das mit Isolierband etwa drei Meter über meinem Kopf zwischen zwei Telegrafenmasten gespannt war.
    Ich runzelte die Stirn, als ich das tiefe Grollen eines Motors hörte, und fuhr unwillkürlich herum. Obwohl ich nichts sehen konnte, kam das Motorengeräusch eindeutig auf mich zu, und zwar ziemlich schnell. Ich blickte das Schotterbett der alten Bahntrasse entlang, wo ich einen Geländewagen vermutete, aber es war nichts zu sehen. Der nahende Motorenlärm wurde immer lauter, bis plötzlich hinter einer Hecke ein Leichtflugzeug auftauchte, das sich offenbar im Tiefflug genähert hatte, um nicht entdeckt zu werden.
    »Ein Flugzeug!« schrie ich in mein Walkie-talkie. »Die haben ein Flugzeug!«
    Da fielen auch schon die ersten Schüsse. Es war unmöglich auszumachen, wer das Feuer eröffnete oder woher es kam, doch im Nu zerfetzte das trockene, ungezielte Knattern von Handfeuerwaffen und Gewehren die ländliche Stille. Ich ging instinktiv in Deckung; mehrere Kugeln trafen die Brüstung, und roter Ziegelstaub regnete auf mich herab. Ich zog meine Automatik und entsicherte sie, als das Flugzeug über die Brücke flog. Es war ein Aufklärungshochdecker derselben Bauart, die auf der Krim feindliche Artilleriestellungen ausspähten; die Seitentür war ausgehängt, und in der Öffnung, mit einem Fuß auf der Flügelstrebe, saß Acheron. Er hatte ein leichtes Maschinengewehr im Anschlag und ballerte damit munter auf alles, was sich bewegte. Er durchlöcherte das verfallene Stellwerk, und der Goliath-Mann erwiderte das Feuer ebenso heftig; die Kugeln rissen erste Löcher in die Bespannung der Maschine. Hinter ihr schwang ein Haken im Flugwind. Als sie über mich hinwegflog, verfing sich der Haken in dem zwischen den Masten gespannten Drahtseil und riß Geldtasche und Gainsborough mit sich, wobei das Bungee offensichtlich den Ruck mildern sollte.
    Ich sprang auf und feuerte auf die davonfliegende Maschine, doch die drehte steil ab und verschwand hinter dem Bahndamm; Geldtasche und Gainsborough baumelten gefährlich am Seilende. Da wir sie – und damit vielleicht die letzte Chance, Hades zu ergreifen – auf keinen Fall verlieren durften, stürzte ich mich die Böschung hinunter, rannte zum Wagen und setzte, eine Wolke aus Staub und Kieselsteinen aufschleudernd, zurück. Mit einer Hand klammerte sich Bowden fest, mit der anderen griff er nach dem Sicherheitsgurt.
    Aber das Flugzeug war mit uns noch nicht fertig. Um mehr Fahrt zu bekommen, ging die kleine Maschine in einen flachen Sinkflug und beschrieb dann eine fast senkrechte Linkskurve. Die Spitze des Backbordflügels streifte fast die Krone einer hohen Buche, als der Pilot wendete. Ein mit Goliath-Leuten besetzter Studebaker, der die Verfolgung aufgenommen hatte, mußte eine Vollbremsung hinlegen, als der Flieger direkt auf sie zugerast kam; der Pilot drückte das linke Ruder herunter, damit Acheron sein Ziel besser ins Visier nehmen konnte. Nicht lange, und der schwarze Wagen landete, von Kugeln durchsiebt, im Graben. Ich stieg auf die Bremse, als sich ein zweiter Studebaker vor mich setzte. Auch er wurde von Acheron mit Blei gespickt und krachte in eine flache Mauer kurz vor der Brücke. Das Flugzeug flog weiter, über mich hinweg, und der Gainsborough hing jetzt so tief, daß er gegen meine Motorhaube knallte; kaum einer von Schitts Männern erwiderte das Feuer.
    Ich trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch und raste dem Flugzeug hinterher. Die Straße war schnurgerade, und Hades’
    Maschine hatte mit leichtem Gegenwind zu kämpfen; mit ein bißchen Glück konnten wir sie vielleicht sogar einholen. Aber am Ende der Geraden gabelte sich die Straße, und in der Mitte führte ein Gatter aufs Feld. Die Maschine flog geradeaus. Bowden warf mir einen nervösen Blick zu.
    »Und jetzt?« brüllte er.
    Als Antwort auf seine Frage zog ich meine Automatik, zielte damit auf das Gatter und drückte ab. Die ersten beiden Schüsse gingen daneben, doch die nächsten drei trafen ihr Ziel; die Scharniere zersplitterten, das Gatter brach aus den Angeln, und ich holperte aufs Feld, wo eine Herde verwirrter Kühe graste. Das

Weitere Kostenlose Bücher