Thursday Next 02 - In einem anderen Buch
ihm.
»Darum geht es auch nicht«, sagte er. »Dieses Gerät ist ein Entroposkop. Schüttle es bitte mal!«
Ich schüttelte das Glas und die Reiskörner vermischten sich mit den Linsen. »Ja, und?« sagte ich.
»Jetzt haben wir eine ganz normale Reis-Linsen-Mischung«, sagte Mycroft. »Die Verteilung ist ziemlich durchschnittlich. Wenn du das Glas ab und zu schüttelst, wird das auch so bleiben. Aber wenn der Reis und die Linsen sich plötzlich zu trennen beginnen oder irgendwelche geordneten Muster auftauchen, dann kannst du sicher sein, dass du dich in einer Zone verringerter Entropie befindest und alle möglichen Zufälle auftreten werden.«
Polly kam in die Werkstatt und legte ihrem Mann den Arm um die Schultern. »Na, ihr zwei, habt ihr Spaß?«
»Ich zeige Thursday gerade unsere neuesten Erfindungen, Liebling«, sagte Mycroft vergnügt.
»Hast du ihr auch das Erinnerungs-Lösch-Gerät vorgeführt, Crofty?«
»Nein, hat er nicht«, sagte ich.
»Hab ich doch«, sagte Mycroft mit einem spitzbübischen Lächeln. »Du musst mich jetzt allein lassen, Schätzchen. Ich muss noch arbeiten. In sechsundfünfzig Minuten gehe ich in Pension.«
Mein Vater tauchte nicht auf an diesem Abend, sehr zur Enttäuschung meiner Mutter. Fünf vor zehn kam Mycroft wie versprochen mit Polly aus seiner Werkstatt, um mit uns zu essen.
Bei einem Abendessen der Familie Next geht es immer sehr laut zu, und so war es auch diesmal. Landen saß neben Orville und imitierte ziemlich überzeugend einen Mann, der so tut, als ob er sich nicht langweilt. Joffy sagte Wilbur, dass er dessen neuen Job für überflüssigen Quatsch hielt, und Wilbur revanchierte sich mit dem Hinweis, dass die Globale Standard-Gottheit der schlimmste Aberglauben sei, den man sich vorstellen könnte.
»Ach«, sagte Joffy herablassend. »Warte erst mal, bis du die
Bruderschaft Ungehemmter Großmäuligkeit
kennen lernst.«
Wie immer saßen auch Charlotte und Gloria nebeneinander, damit Gloria irgendwelche Nichtigkeiten erzählen und Charlotte ihr zustimmen konnte. Meine Mutter und Polly redeten über den Hausfrauenbund, und ich saß neben Mycroft.
»Was wirst du denn im Ruhestand tun, Onkel?«
»Ich weiß nicht, mein liebes Kind. Es gibt ein paar Bücher, die ich immer mal schreiben wollte.«
»Über deine Arbeit?«
»Nein, das wäre zu langweilig. Darf ich dir mal eines meiner Konzepte vorstellen?«
»Na, klar!«
Er lächelte, sah sich vorsichtig um, senkte die Stimme und rückte näher an mich heran. »Also, da ist dieser brillante junge Chirurg. Er heißt Dexter Colt und arbeitet an einem chronisch unterfinanzierten Kinderkrankenhaus, um amputierten Waisenkindern zu helfen. Die Oberschwester ist die eigenwillige, aber wunderschöne Tiffany Lampe, die sich gerade von ihrer gescheiterten Affäre mit dem Anästhesisten erholt. Und dann . . .«
»- verlieben die beiden sich?« sagte ich.
Mycroft sah bitter enttäuscht aus. »Woher weißt du das?« fragte er.
Hastig versuchte ich, den Schaden wieder gutzumachen. »Der Teil mit den amputierten Waisenkindern ist gut«, sagte ich. »Wie soll es denn heißen?«
»Ich dachte
Liebe unter Waisenkindern.
Was meinst du?«
Am Ende der Mahlzeit hatte mir Mycroft noch sechs weitere brillante Romanideen erzählt. Joffy und Wilbur waren unterdes in den Garten gegangen, um sich zu prügeln. Während die Fäuste flogen und Nasenbeine knickten, plauderten sie entspannt über die Tugend der Friedfertigkeit und Vergebung.
Um Mitternacht nahm Mycroft seine Frau in den Arm und dankte uns allen für unser Kommen. »Ich habe mein ganzes Leben im Dienst der Aufklärung und Wissenschaft zugebracht«, erklärte er. »Ich habe Rätsel zu lösen und einheitliche Theorien für alles und jedes zu finden versucht. Aber vielleicht hätte ich öfter mit Polly ausgehen sollen? In vierundfünfzig Jahren haben wir niemals Urlaub gemacht, und das wollen wir jetzt nachholen.«
Wir gingen alle in den Garten, und die Familie verabschiedete sich von Polly und Mycroft. Vor der Tür der Werkstatt blieben sie stehen und drehten sich noch einmal zu uns um.
»Vielen Dank für die Party«, sagte Mycroft. »Birnensuppe, anschließend Birnenbuletten mit Soße und schließlich zum Nachtisch die
bombe surprise -
wieder Birne. Sehr lecker. Ungewöhnlich, aber sehr lecker. Wilbur, pass gut auf Mycro-Tech auf, während ich weg bin, und vielen Dank für all die Mahlzeiten, Wednesday. So, das wär's. Jetzt zischen wir ab! Tschüssi!«
»Viel Spaß!
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