Thursday Next 02 - In einem anderen Buch
früh«, erklärte Landen. »So viel ich gehört habe, ist es am besten, wenn man hingeht und nachsieht.«
»Sehr witzig.«
Ich streifte mir ein paar Sachen über und ging hinunter. Ein hagerer Mann mit tief deprimierten Gesichtszügen stand vor der Tür. Er sah so ähnlich aus wie ein Bluthund, nur dass er nicht bellte und mit dem Schwanz wedelte.
»Ja, bitte?«
Er lüpfte den Hut und schenkte mir ein traumverlorenes Lächeln. »Mein Name ist Hopkins. Ich arbeite für die
Owl.
Sie waren doch vor einiger Zeit in
Jane Eyre.
Ich wollte fragen, ob Sie mir ein Interview geben könnten.«
»Tut mir leid. Da müssen Sie sich an die Pressestelle von SpecOps wenden. Ich bin nicht befugt -«
»Ich weiß genau, dass Sie in dem Buch waren. Sie haben den Schluss geändert, und ich möchte wissen, wie Sie das gemacht haben.«
»Mr Hopkins, dazu müssen Sie wirklich mit Cordelia Flakk bei SpecOps reden.«
Er seufzte. »Na, schön. Nur eine Frage: Gefällt Ihnen das neue Ende besser?«
»Natürlich. Ihnen nicht?«
Mr Hopkins kritzelte etwas in sein Notizbuch und strahlte. »Vielen Dank, Miss Next. Ich stehe sehr in Ihrer Schuld. Schönen Tag noch!« Er lüpfte erneut seinen Hut und verschwand.
»Was war denn los?« fragte Landen, als er mir eine Tasse Kaffee reichte.
»Ein Reporter.«
»Und was hast du ihm gesagt?«
»Nichts. Dass er sich an Flakk wenden soll.«
Der steile, grasbewachsene Abhang bei Uffington war sehr belebt an diesem Morgen. Die Zahl der frei lebenden Mammuts in England, Wales und Schottland betrug 249 Individuen in neun verschiedenen Herden, die im Herbst nach Süden wanderten und im Frühling wieder zurückkehrten. Die Wanderung folgte jedes Jahr denselben Wegen, die schon ihre Ahnen vor zwanzigtausend Jahren benutzt hatten. Besiedelte Gegenden wurden allerdings möglichst vermieden. Die einzige Ausnahme bildete Devizes, wo zweimal jährlich die Hauptstraße abgesperrt wurde, damit die haarigen Dickhäuter fröhlich trompetend hindurchziehen konnten. Schlafen konnte in Devizes zu dieser Zeit niemand, und es gab auch keine Versicherung gegen etwaige Schäden, aber in der Regel brachte der Tourismus so viel zusätzlichen Umsatz in die Stadt, dass sich kaum jemand beschwerte.
Aber an diesem Vormittag waren in Uffington nicht nur Mammut-Zwicker, Tierfreunde, Druiden und Demonstranten unterwegs, die ein »Recht auf Jagd« (für Neandertaler) verlangten. Eine dunkelblaue Limousine wartete oben an der Straße auf uns, und wenn jemand auf einen wartet, wo man vor kurzem noch gar nicht sein wollte, dann macht einen das stutzig. Neben dem Wagen standen drei Männer in dunklen Anzügen mit blauen Goliath-Nadeln am Aufschlag. Der einzige, den ich erkannte, war Schitt-Hawse. Alle drei versteckten eilig ihre Eiskremtütchen hinter dem Rücken, als wir uns näherten.
»Mr Schitt-Hawse«, sagte ich, »was für eine Überraschung!
Kennen Sie meinen Mann schon?«
Schitt-Hawse streckte die Hand aus, aber Landen ergriff sie nicht. Der Goliath-Mann verzog das Gesicht und grinste verwirrt. »Ich hab Sie im Fernsehen gesehen, Ms Next. Ein faszinierendes Gespräch über Dodos war das.«
»Vielleicht kann ich meinen Themenkreis das nächste Mal etwas erweitern«, sagte ich leichthin, »und den Leuten etwas über den Würgegriff erzählen, in dem die Goliath Corporation unseren Staat hält.«
Schitt-Hawse schüttelte betrübt den Kopf. »Das wäre sehr unklug, Ms Next. Sie scheinen einfach nicht begreifen zu wollen, dass Goliath alles ist, was Sie je brauchen werden. In unseren sechstausend Firmen sind acht Millionen Menschen beschäftigt. Von der Wiege bis zur Bahre, vom Mutterschoß bis zum hölzernen Mantel kriegen Sie alles bei uns.«
»Und wie viel Profit muss jeder von uns erbringen, während Sie uns vom ersten bis zum letzten Atemzug melken?«
»Der Preis des menschlichen Glücks ist nicht mit Geld zu bezahlen, Next. Politische und wirtschaftliche Unsicherheit gehören zu den schlimmsten bekannten Stress-Verursachern. Es dürfte Sie freuen, dass der Goliath-Fröhlichkeits-Index gerade heute morgen mit 9,13 Punkten ein Vierjahres-Hoch erreicht hat.«
»Neun von hundert?« fragte Landen sarkastisch.
»Neun von zehn, Mr Parke-Laine«, sagte Schitt-Hawse gereizt. »Die Nation ist unter unserer Anleitung ganz über alle Maßen gewachsen.«
»Wachstum um seiner selbst willen - das ist die Philosophie eines Krebsgeschwürs, Mr Schitt-Hawse.«
Seine Gesichtszüge entgleisten, und er wusste offensichtlich
Weitere Kostenlose Bücher