Thursday Next 02 - In einem anderen Buch
heute getroffen.«
Meine Mutter hielt einen Augenblick inne und dachte vermutlich an zärtliche Umarmungen mit ihrem verschollenen Mann. Es muss ein ziemlicher Schock gewesen sein, als sie eines Morgens aufwachte und feststellen musste, dass er nie existiert hatte. Dann schrie sie plötzlich: »Pfui, leg dich, DH-82!«
Ihr Ärger richtete sich auf einen kleinen Tasmanischen Beutelwolf, der an den Überresten eines Hähnchens geschnuppert hatte, die auf der Tischkante lagen.
»Böser Junge!« schimpfte sie. Der kleine Beutelwolf machte ein reumütiges Gesicht, setzte sich auf seine Decke und starrte auf seine Pfoten.
»Ich habe ihn aus einem Tierheim. Er war ein Labortier und hat bis zu seiner Befreiung vierzig Zigaretten am Tag rauchen müssen. Kostet mich ein Vermögen an Nikotinpflastern, stimmt's, DH-82? Ich vermisse deinen Vater sehr«, sagte Mutter. »Wie -«
Es ertönte eine gewaltige Explosion, die Lichter flackerten und ein großer Gegenstand flog am Küchenfenster vorbei.
»Was war das?« fragte meine Mutter.
»Ich glaube«, sagte Landen, »das war Tante Polly.«
Wir fanden sie im Gemüsegarten in einem aufblasbaren Gummianzug, der ihren Aufprall wohl hatte abmildern sollen, dies aber nur sehr unzureichend getan hatte, denn sie hielt sich ein Taschentuch an die blutende Nase.
»Du meine Güte!« rief Mutter. »Geht es dir gut?«
»Ist mir nie besser gegangen!« behauptete Tante Polly, warf einen Blick auf den Pflock, der neben ihr steckte, und rief: »Zweiundsiebzig Meter!«
»Ausgezeichnet!« sagte eine Stimme vom anderen Ende des Gartens, und als wir uns umdrehten, entdeckten wir Onkel Mycroft, der neben einem rauchenden VW-Cabrio stand und in seinem Notizbuch herumkritzelte.
»Schleudersitze bei Autounfällen«, erklärte uns Polly. »Man zieht an der Reißleine, und
peng
fliegt man raus. Ist natürlich nur ein Versuchsmodell, vorläufig.«
»Natürlich.«
Wir halfen ihr auf die Füße, und sie trabte davon. Offenbar hatte sie nicht sonderlich unter ihrer jüngsten Erfahrung gelitten.
»Mycroft kann das Erfinden also nicht lassen?« fragte ich, als wir in die Küche zurückkehrten. Dort mussten wir allerdings feststellen, dass DH-82 mittlerweile nicht nur sämtliche Hühnerpasteten, sondern auch den Nachtisch verputzt hatte.
»DH!« sagte Mutter zornig zu dem ebenso schuldbewussten wie aufgeblähten Beutelwolf. »Das war sehr böse von dir! Was sollen wir denn jetzt essen?«
»Wie wäre es mit Beutelwolfkoteletts?« sagte Landen.
Ich stieß ihm den Ellbogen in die Rippen, und Mutter tat so, als hätte sie nichts gehört.
Landen krempelte die Ärmel auf und durchsuchte die Küche. Alle Schränke waren mit Büchsenbirnen gefüllt.
»Haben Sie ... , äh, hast du außer eingemachten Birnen noch etwas anderes?« fragte Landen.
Mom hörte auf, ihren Beutelwolf zu beschimpfen, der sich, offenbar ermattet von seiner reichlichen Mahlzeit, auf seiner Decke zur Ruhe gelegt hatte. »Nein«, sagte sie reumütig. »Der Ladenbesitzer hat gesagt, die würden bald knapp werden. Deshalb hab ich den gesamten Vorrat gekauft.«
Ich ging zu Mycrofts Erfinderwerkstatt hinaus, klopfte, und als keine Antwort erfolgte, trat ich ein. All seine Maschinen waren abgebaut worden und lagen, sorgfältig beschriftet, zum Abtransport auf dem Boden herum. Mycroft selbst hatte seine Versuche mit dem Schleudersitz offenbar abgeschlossen und bearbeitete stattdessen einen kleinen Gegenstand aus Bronze. Er schrak zusammen, als ich ihn ansprach, beruhigte sich aber sofort wieder, als er sah, dass ich es war.
»Hallo, meine Liebe!« sagte er freundlich. »In einer Stunde und neun Minuten gehe ich in Pension. Du hast gut ausgesehen im Fernsehen gestern Abend.«
»Danke. Und was hast du jetzt vor, Onkel?« Er drückte mir ein großes Buch in die Hand. »Ein verbessertes Nachschlagesystem. In einem Nextischen Verzeichnis kann Gottesfurcht neben Reinlichkeit stehen, und neben allem anderen auch.«
Ich schlug das Buch auf, um nach dem Wort
Forelle
zu suchen, und fand es gleich auf der ersten Seite. »Spart ganz schön Zeit, was?«
»Ja, aber -«
Mycroft war schon bei seiner nächsten Erfindung. »Das hier ist ein Lego-Filter für Staubsauger. Hast du gewusst, dass jedes Jahr Legosteine im Wert für mehr als eine Million weggesaugt und mehr als zehntausend Arbeitsstunden damit vergeudet werden, dass die Leute sie wieder aus den Staubbeuteln herauszufischen versuchen?«
»Nein, das war mir nicht bewusst.«
»Dieses Gerät
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