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Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Titel: Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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reichte mir ein Blatt Papier, und ich las:
    Sehr geehrter Mr. Spratt,
    es ist uns mitgeteilt worden, dass Sie möglicherweise versuchen wollen, den Schnaps aufzugeben und sich mit Ihrer Ehefrau zu versöhnen. Wir sind zwar der Meinung, dass auf diese Weise gewisse innere Konflikte und damit mehr Spannung erzeugt werden können, möchten Sie aber ausdrücklich davor warnen, die Angelegenheit zu einem guten Ende zu führen, da Sie andernfalls alle Ansprüche aus Ihrer Mitgliedschaft bei der Gewerkschaft Einsamer Detektive (GED im DGB) einbüßen und den Weiterbestand Ihres Erzählwerks in akute Gefahr bringen würden.
    Wir gehen davon aus, dass Sie Ihr unverantwortliches und unnormales Verhalten unverzüglich einstellen, und verbleiben mit freundlichen Grüßen
    (Unterschrift unleserlich)
    PS. Trotz wiederholter Aufforderungen haben Sie es bisher versäumt, einen klassischen Sportwagen zu fahren oder ein ungewöhnliches Steckenpferd zu entwickeln. Wir fordern Sie dringend auf, diesen Missstand zur Vermeidung einer Ordnungsstrafe unverzüglich abzustellen.
    »Hmm«, murmelte ich. »Wer hat das denn unterschrieben? Ein gewisser Poi-«
    »Ich weiß genau, wer das geschrieben hat«, sagte Jack trübsinnig und nahm den Brief wieder an sich. »Die Gewerkschaft ist wirklich sehr mächtig. Sie haben Einfluss bis hinauf zum Großen Panjandrum. Wenn ich weitermache, beschleunige ich womöglich noch den Untergang von
Caversham Heights
, statt ihn zu verhindern. Father Brown wollte tausendmal dem Priesterstand entsagen, aber die Gewerkschaft -«
    »Jack, was wollen
Sie
denn?«
    »Ich?«
    »Ja, Sie.«
    Er seufzte. »So einfach ist das nicht, Mary. Ich habe eine Verantwortung für die siebenhundertachtundsechzig Figuren in diesem Buch. Stellen Sie sich das doch mal vor - all diese Rohlinge, die verramscht oder zu Text reduziert werden müssten wie Weihnachtsgänse im Januar. Mir schaudert's ja, wenn ich bloß dran denke.«
    »Dazu kann es so oder so kommen, Jack. Wenn Sie etwas unternehmen, haben wir wenigstens eine Chance, uns dagegen zu wehren. Tun Sie, was Sie für richtig halten! Lösen Sie sich von den Klischees.«
    Er seufzte erneut und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Aber wo bleiben dann die
Konflikte!
Wenn ich kein einzelgängerischer Detektiv mehr bin, wo bleiben dann die selbstzerstörerischen Tendenzen und die innere Zerrissenheit, die uns so interessant machen und die Handlung vorantreiben? Wir können doch nicht einfach das Schema durchziehen.
Schauplatzbeschreibung - Mord - Zeugenaussagen - Verhör - zweiter Mord - Mutmaßung - Zeugenaussage - Verhör - weitere Mutmaßungen - falsches Ende - dritter Mord - dramatische Wendung - Auflösung -
so geht das doch nicht. Wo bleibt denn das emotionale Interesse, wenn der Detektiv sich nicht in eine schöne Frau verliebt, die mit dem ersten Mord etwas zu tun hat? Am Ende müsste ich womöglich gar keine Entscheidung zwischen meiner Pflicht als Diener der Gerechtigkeit und meinen privaten Gefühlen mehr treffen.«
    »Na und?« sagte ich. »Es gibt doch noch andere Möglichkeiten, eine Geschichte interessant zu machen.«
    »Na schön«, sagte er. »Nehmen wir mal an, ich lebe glücklich und zufrieden mit Madeleine und den Kindern - wo nehme ich dann eine Nebenhandlung her? Dafür brauche ich einfach Konflikte.«
    Er starrte mich verzweifelt an, aber ich wusste, dass er noch an sich glaubte. Sonst hätten wir dieses ganze Gespräch nicht geführt.
    »Es müssen doch nicht immer Ehekrisen sein«, sagte ich. »Wir könnten uns ein paar Nebenhandlungen aus dem Brunnen besorgen und einbauen. Ich gebe zu, dass die Handlung dann vielleicht nicht immer um Ihre Person kreist, aber - hoppla, ich glaube, wir kriegen Gesellschaft.«
    Ein rosafarbener Triumph Herald hielt neben uns. Eine Frau mit erstaunlichen Kurven stieg aus, marschierte direkt auf Jack zu und knallte ihm eine. »Was fällt dir eigentlich ein?« kreischte sie. »Drei Stunden hab ich in der
Sad & Single Wine Bar
auf dich gewartet - was war denn los?«
    »Ich hab's dir doch gesagt Agatha. Ich war bei meiner Frau.«
    »Na klar«, fauchte sie. »Hör auf mit deinen elenden Lügen! Wen fickst du denn diesmal? Eine von den kleinen Nutten vom Bahnhof?«
    »Ich hab dir die Wahrheit gesagt«, sagte er leise. »Es ist vorbei, Agatha.«
    »Ach, ja?« sagte sie und richtete ihre wütenden Augen auf mich. »Ich nehme an,
Sie
haben ihm das eingeredet, Sie außenländisches Flittchen! Sie kommen hierher mit Ihrem

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