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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Tastatur. Behälter wurden entsiegelt, Energiefelder gelöscht. Ohne von Kedalion Notiz zu nehmen, torkelte er durch den Raum und spähte wie ein Wahnsinniger in alle möglichen Container. Hysterisch lachend nahm er einen in die Hand, riß die Versiegelung auf und hob ihn an den Mund.
    Kedalion fluchte leise. Er sprang Reede an und riß seinen Arm herunter. Eine dicke, graue Flüssigkeit tropfte auf seine Hand. Schnell wie der Blitz schwenkte Reede herum und rammte ihm das Knie gegen die Schläfe; Kedalion flog durch das halbe Zimmer und krachte in einen Metallschrank. Benommen blieb er liegen, schmeckte Blut und sah Sterne, während sich die Astrogations-Implantate in seinem Hinterkopf zu reintegrieren versuchten. Gelähmt vor Schmerzen, sah er zu, wie Reede sich den Rest der silbergrauen Flüssigkeit in den Rachen kippte.
    Mit zitternden Händen warf Reede die Flasche fort und kam dann auf ihn zu; Kedalion schloß die Augen. Er spürte, wie Reede ihn an der Montur hochzog und schüttelte. »Sieh mich an, du Bastard!« Kedalion öffnete die Augen, und durch einen rötlichen Nebel nahm er wahr, daß Reede ihn haßerfüllt anstarrte. »Wenn du das noch einmal machst, dann bringe ich dich um, du Mutterficker! Dann breche ich dir deinen verdammten Hals.« Er packte Kedalions Kinn und drehte ihm brutal den Kopf zur Seite. »Hast du gehört? Ich bringe dich um!« Jählings ließ er ihn los, und Kedalion knallte wieder gegen die Metalltüren.
    Reede wandte sich ab und taumelte durch das Labor. Plötzlich griff er nach einer Tischplatte, hielt sich daran fest und sackte auf die Knie; er klammerte sich an den Tisch, als hinge sein Leben davon ab, dabei murmelte er etwas in einer Sprache, die wie Sandhi klang.
    Kedalion rührte sich nicht vom Fleck, er fühlte sich benommen, und jede Bewegung schmerzte. Verständnislos beobachtete er Reede.
Wenn du das noch einmal machst ...
Wie viele Male konnte ein Mann Gift trinken und daran sterben? Aber vielleicht war es gar kein Gift gewesen, sondern irgendein Stoff, den er dringend brauchte ... In einem entsetzlichen Moment der Klarheit begriff Kedalion, was sich hier abspielte.
    Reede rappelte sich wieder hoch und schüttelte den Kopf. Tief Luft holend, blickte er um sich, als ob er sich wunderte, wie er in diesen Raum gekommen war. Er schaute seine Hände an, eine Hand gebrandmarkt, die andere leer, und fluchte leise. Unvermittelt ließ er sich auf die Knie nieder und tastete wie suchend über den Boden. Plötzlich schien er etwas gefunden zu haben, er stieß einen Schrei aus, hob das Ding auf und küßte es. Den Kopf gesenkt, von Krämpfen geschüttelt, wiegte er den Oberkörper vor und zurück, wie ein Trauernder.
    Kedalion erstarrte, als er merkte, daß Reede weinte; selbstvergessen beobachtete er, wie er irgendeinen geheimnisvollen Verlust beklagte.
    Endlich stand Reede auf und ging mit unsicheren Schritten zum Verbrennungsschacht. Davor blieb er stehen, öffnete die Hand und blickte auf das, was darin lag, während ihm stumme Tränen über das Gesicht strömten.
    Getrieben von Mitleid und Neugier, stemmte sich Kedalion hoch, bis er sehen konnte, was Reede in der Hand hielt. Was er dann sah ergab keinen Sinn: es war ein dunkler, unidentifizierbarer Stummel, wie von einem Stock abgebrochen, darum ein glänzender Ring.
Ein Ring.
Im Licht blitzte etwas auf, und Kedalion erkennte den unheimlichen Glanz von Soliis.
Ein Ring ... ein Finger von einer dunkelhäutigen menschlichen Hand.
    Vor Ekel würgend, rutschte Kedalion wieder auf den Boden hinunter. Genau den gleichen Ring hatte er seit nunmehr fast einem Jahr jeden Tag gesehen, Reede trug ihn an seinem Daumen ... Er hatte ihn auch jetzt noch ...
Mundilfoere.
    Obwohl er sich dafür haßte, schaute er zu, wie Reede vorsichtig den Ring von dem abgetrennten Daumen entfernte, wobei seine Hände so stark zitterten, daß er sie kaum gebrauchen konnte. Noch einmal küßte er den blutverkrusteten Daumen seiner toten Frau und warf ihn dann in den Hitzestrahl des Verbrennungsschachts, wo er in einem Lichtblitz verglühte.
    Reede griff nach seiner Kette mit dem Solii-Medaillon und zerriß sie; der Anhänger fiel in seine gebrandmarkte Hand. Mit demselben Haß, mit dem er Kedalion angesehen hatte, als der seine Droge verschüttete, starrte er nun darauf.
    Wie in einem Fiebertraum stieg in Kedalion das Bild hoch, wie er in einer staubigen Gasse in Razuma den Anhänger gefunden und Reede zurückgebracht hatte; er erinnerte sich, wie er plötzlich

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