Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
Reede jählings stehen und umklammerte Kedalions Handgelenk; nachdem er das eingebrannte Auge gesehen hatte, sagte er: »Du hast diesen Job immer gehaßt; warum hast du mich nicht schon vor Jahren verlassen, als es noch ging?«
    »Du hast es mir nie erlaubt«, entgegnete Kedalion und blickte vielsagend auf Reedes Hand, die seine festhielt.
    Lachend ließ Reede ihn los. »Du hättest einfach abhauen können, ich habe dich nie als mein Eigentum markiert. Wenn du mich wirklich gehaßt hättest, wärst du auch gegangen.« Sein Blick verriet Neugier. »Nach allem, was ich dir angetan haben, hattest du Grund genug, mich zu hassen. Warum bist du geblieben?«
    Kedalion berührte die Brandwunde und zuckte zusammen.
Eigentum.
»Ich weiß es selbst nicht, Boss. Du hast mich oft verflucht und mich sogar verprügelt ... aber du hast dich kein einziges Mal über mich lustig gemacht, weil ich ein Zwerg bin. Vielleicht ist das der Grund.«
     

KHAREMOUGH
Pernattes Landsitz
    G undhalinu stand in dem mit Vorhängen geschmückten Alkoven des Gästezimmers; die Ruhe genießend, schaute er aus dem riesigen Fenster. Ihm fiel ein, daß er in letzter Zeit immer häufiger an Fenstern stehenblieb und nach draußen blickte, und er fragte sich, wonach er eigentlich suchte.
    Er sagte sich, es läge nur am Ausblick, und das Panorama, das sich vor ihm auftat, war wirklich grandios. Die untergehende Sonne malte eine Spur aus geschmolzenem Licht aufs Meer, die ihn reizte wie eine Verlockung ... Plötzlich dachte er an den Feuersee.
    Rasch verdrängte er dieses Bild; mit dem Feuersee war er fertig. Für ihn und für die Menschen auf Nummer Vier verblaßte World's End zu einer unangenehmen Erinnerung. Als er in seiner Verzweiflung das Stardrive-Vakzin in den See warf, trat tatsächlich das ein, worum er gebetet hatte: eine Kettenreaktion, die den See allmählich zähmte und kontrollierbar machte; gleichzeitig verschwanden die alptraumhaften Phänomene in World's End. Die Hegemonie verfügte über genügend Stardrive-Plasma, um bis in alle Ewigkeit mit Uberlichtgeschwindigkeit reisen zu können, vorausgesetzt, sie wandten es vernünftig an – trotz Reede Kullervo und der Bruderschaft.
    Das Wissen um seinen Erfolg hatte ihm geholfen, sich von dem seelischen Schlag zu erholen, den Kullervo ihm versetzt hatte ... Außerdem haderte er mit sich, weil er so töricht gewesen war, einem Fremden blind zu vertrauen. Zu spät hatte er Reede durchschaut und gemerkt, daß er ein psychisch labiler Killer war – und ein Mitglied der Bruderschaft obendrein. Kullervo hatte nicht nur eine reproduktionsfähige Probe des Stardrive-Plasmas gestohlen, sondern noch dazu das originale, funktionierende Antriebsaggregat.
    Doch obwohl Kullervo ihn verraten hatte, hinderte die Bruderschaft die Goldene Mitte und die anderen wirklichen Repräsentanten der Survey-Loge nicht daran, die Hauptmasse des Stardrive-Plasmas zu kontrollieren ... und sie töteten auch nicht den einzigen Mann, der außer Kullervo die Mechanismen des Sternenantriebs verstand.
    Noch immer wunderte sich Gundhalinu, warum Reede ihn nicht umgebracht hatte; gleichzeitig fragte er sich, ob er ohne seine Hilfe überhaupt darauf gekommen wäre, wie man das Stardrive-Plasma zähmte.
    Mit der Zeit hatte er eingesehen, daß er sich von Kullervos Genialität hatte blenden lassen. Indem er sich ausschließlich auf das Ziel konzentrierte, das sie beide mit wildem Eifer anstrebten – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen –, war der Mensch Reede Kullervo in den Hintergrund gerückt. In seiner Begeisterung, dieses Genie bei der Arbeit zu sehen, gemeinsam mit ihm schöpferisch tätig sein zu können, die reine, ecstatische Entdeckerfreude mit ihm zu teilen, war er nachlässig geworden und hatte die Augen vor privaten Unstimmigkeiten verschlossen. Am Ende hatte man ihn trotz Kullervos Verrat – genaugenommen sogar
wegen
dieses Bubenstücks – zu einem Volkshelden gemacht.
    Das Ganze sprach seinen Sinn für Ironie an, und er hielt es auch für Zynismus, daß Kullervo ihn, der in alles eingeweiht war, am Leben gelassen hatte. Seine Kontaktleute aus der Survey-Loge hatten ihn mit sämtlichen Daten versorgt, die es über Kullervos Lebenslauf gab – doch sie ließen sich in keinen logischen Zusammenhang bringen. In den inneren Zirkeln der Loge war er als der Schmied bekannt, draußen galt er als geheimnisumwitterter Paranoiker, und in Polizeikreisen war er eine dunkle Legende. Kein Wunder – wahrscheinlich besaß er den

Weitere Kostenlose Bücher