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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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ihm vorkam wie eine Ewigkeit – obwohl die Zeit in den Armaturen haargenau gemessen wurde –, kam der Lift mit leisem Flüstern an ihrem ersten Checkpoint zum Stehen.
    Beinahe geräuschlos glitt eine Luke auf – dieses Mal jedoch hinter ihnen. Alle drei schwenkten herum und starrte auf die Öffnung. Funke hatte das unangenehme Gefühl, daß sich die Kapsel an jeder beliebigen Steile öffnen könnte, je nach Wunsch und Gegebenheit. Vielleicht war sie von den Erbauern dieses System eigens für Leute wie sie konstruiert worden, die weniger aufgeklärten Nachfahren, die sich erst mit der rudimentärsten Technik vertraut machen mußten.
    »Wir haben den ersten Haltepunkt erreicht«, sprach Ngenet ins Mikrophon und schritt auf die Tür zu. Funke schaute Tammis an, der am Fenster stehengeblieben war und wie hypnotisiert geradeaus starrte. Funke ließ ihn in Ruhe und folgte Ngenet.
    Vor der Kabine erstreckte sich zu beiden Seiten ein schmales Sims, außen begrenzt von einem Geländer, das aus purem Licht zu bestehen schien. Als er die schützende Kapsel verließ, wollte er danach greifen ... doch seine Hand faßte ins Nichts, obwohl sie von der unsichtbaren Lichtschranke aufgehalten wurde. Mit angehaltenem Atem lehnte er sich gegen die Barriere... und stellte fest, daß sie hielt.
    »Bei den Göttern, das ist unglaublich«, murmelte Ngenet, während er die stumm glühende Wand empor-starrte. Dann drehte er sich um und schaute betont gelassen über das Lichtgeländer, wie wenn der Blick in den gähnenden Abgrund ihm nichts ausmachte. »Komm her, Dawntreader«, forderte er Funke auf. »Es kann nichts passieren.« Über Funk beschrieb er den droben lauschenden Zuhörern, was sie sahen.
    Indem sich Funke ausgiebig mit dem Aufzeichnungsgerät beschäftigte, das er an einem Schulterriemen trug, gewann er Zeit, um seinen Schwindelanfall in den Griff zu kriegen. Die Ausrüstung, die sie mitgebracht hatten, machte Videoaufnahmen und Spektralanalysen, wobei sie auch schon die Grenzen ihrer technischen Möglichkeiten erreicht hatten. Was sie später aus den Aufzeichnungen lernen konnten, blieb abzuwarten.
    Dann schaute sich Funke in der Tiefe des Schachts um; hier herrschte ein kaltes Licht, gegen das sich verschiedene Maschinenausstülpungen wie scharfumrissene schwarze Silhouetten abzeichneten. Auf einem dieser Vorsprünge war Herne gelandet, Arienrhods ehemaliger Liebhaber, als er während ihres Duells auf der schmalen Brücke in die Grube hinabgestürzt war; dabei brach er sich das Rückgrat.
    Aber er überlebte, wenn auch als Krüppel; und am Ende, als dann der Große Wechsel stattfand, hatte Herne seinen Platz an Arienrhods Seite aufs neue beansprucht; bereitwillig ließ er sich ein letztes Mal die schwarze Henkersmaske des Starbuck überstülpen und war dann – aus Rache wie aus Liebe – mit Arienrhod in den Tod gegangen. Arienrhod übte Macht über Menschen aus ... desgleichen Mond. Mond war auf den Gedanken gekommen, Herne zu opfern, damit er, Funke, am Leben bleiben konnte ... Mond hatte Herne so weit gebracht, daß er den Tod wählte.
    Funke schaute nach unten, und abermals übermannte ihn ein Schwindel, als die alten und jüngeren Erinnerungen in seinem Kopf zusammenprallten. Er starrte auf die Instrumente und Mechanismen, deren Funktionsweise ihm ein Rätsel waren, und zwang sich, seine Gedanken zu konzentrieren ... Ihm fiel auf, daß das Licht hier drunten gar nicht grün war, wie es von oben den Anschein hatte, sondern in den verschiedensten Farben und Schattierungen schillerte; es erinnerte ihn an Sternkarten lediglich aus der Ferne betrachtet verschmolzen die zahlreichen Spektren zu einem scheinbar einheitlichen Grün.
    Vorsichtig spähte er über das Geländer. Die Spirale aus Lichtern wand sich nach unten, wo sie am Grund des Schachts in einem tiefschwarzen Punkt mündete: das dunkle, von einer Korona aus Kunstlicht bewimperte Auge des Meeres, beobachtete die Eindringlinge. Hier drunten konnte man den Geruch des Wassers viel deutlicher wahrnehmen als droben. Er glaubte sogar den Puls des Ozeans zu hören, aber vielleicht war es auch nur sein eigenes Blut, das in den Schläfen pochte.
    Funke blickte zur Kapsel zurück; Tammis war immer noch nicht ausgestiegen. Halb enttäuscht, halb erleichtert, daß er nur auf sich selbst achtzugeben brauchte, schnürte Funke auf dem schmalen Sims weiter. Vor ihm stand Ngenet und studierte irgend etwas an der Wand.
    »Bei den Göttern, wo soll man anfangen?« stöhnte Ngenet,

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